Jun.-Prof. Dr. Julia Binter

Argelander-Professorin für Kritische Museums- und Heritage Studien
Universität Bonn

Forschungsprofessur im Transdisziplinären Forschungsbereich „Vergangene Welten - Zeitgenössische Fragen. Kulturen in Zeit und Raum“ der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Wissensbildung mit und über Museen und Heritage neu gestalten

Ich bin Kultur- und Sozialanthropologin mit einem Hintergrund in Theater-, Film- und Medienwissenschaften und spezialisiert auf materielle Kultur, kritische Museums- und Heritage Studien. Ich habe in zahlreichen transdisziplinären Kontexten gearbeitet, darunter Kunst-, historische und ethnologische Museen, und mit einer Vielzahl von Akteur*innen aus den Bereichen Wissenschaft, Kunst, Aktivismus und Kulturerbe. Ein Schwerpunkt meiner akademischen und kuratorischen Arbeit ist es, die kolonialen Verflechtungen von Museen und ihren Sammlungen zu analysieren und innovative Wege zu entwickeln, um die verschiedenen Formen der Wissensbildung mit und über Museumssammlungen in Dialog zu bringen. Darüber hinaus verstehe ich Museen als eine wirkmächtige Form unter vielen Praktiken des Kulturerbes. Ich untersuche daher auch im weiteren Sinne, wie Menschen sich mit Dingen, verstanden als Bilder, Artefakte, Körper und Umwelt, auseinandersetzen, um sich auf die Vergangenheit zu beziehen, die Gegenwart zu gestalten und mögliche Zukunftsvisionen zu entwickeln.

In meiner bisherigen Forschung habe ich untersucht, wie das Verständnis von und Bezugnahme auf Vergangenheit in Museen, im Film, im Theater, in der bildenden Kunst, bei Beerdigungen und in der Mode in Nigeria, Namibia, Großbritannien und Deutschland verhandelt wird und wie diese Verhandlungen von dynamischen, historisch gewachsenen politisch-ökonomischen Beziehungen geprägt sind.

Mein Ziel ist es, postkoloniale Theorie in die Praxis umzusetzen. Daher reflektiert meine Forschung nicht nur kulturelle, politische und wirtschaftliche Verflechtungen in Vergangenheit und Gegenwart, sondern versucht auch, sie in kooperativen Film- und Ausstellungsprojekten neu zu gestalten.

Derzeit leite ich zusammen mit Partner*innen in Deutschland und Namibia das kollaborative Forschungs-, Kuratierungs- und Restitutionsprojekt „Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures“ zu Sammlungen aus Namibia im Ethnologischen Museum in Berlin. Dieses von der Gerda Henkel Stiftung geförderte Projekt entwickelt neue, gerechtere und nachhaltige Wege der Rückgabe von Kulturgütern aus kolonialen Kontexten und verknüpft sie mit Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, kommunalen Wissensbewahrer*innen und -schaffenden sowie der breiten Öffentlichkeit in Namibia.

In diesem Zusammenhang unterstütze ich auch das Projekt „Artistic Research and Communal Knowledge. Building Trust for a Better Future“. Dieses von der Heinrich-Böll-Stiftung geförderte Projekt bringt zeitgenössische Künstler*innen und kommunale Wissensbewahrer*innen und -schaffende zusammen, um den Dialog zwischen Stadt und Land sowie zwischen den Generationen in Namibia zu stärken und die Bildung von Wissen mit und über „cultural belongings“ aus kolonialen Kontexten zu fördern.

Ich entwickle derzeit zwei Forschungslinien:

Das Heritage of Mission fragt nach den kolonialen Verflechtungen und dem zukünftigen Potential von Missionssammlungen. Insbesondere untersuche ich die Auswirkungen der Missionierung auf den Körper, die von Veränderungen religiöser Praktiken bis hin zu Kleidungsstilen, Geschlechternormen und Heilpraktiken reichen.

Das Heritage of Water nimmt die aktuelle globale Wasserkrise, die von extremen Überschwemmungen bis hin zu Dürren reicht, als Ausgangspunkt, um die Beziehungen zwischen Menschen und Wasser in globaler, vergleichender Perspektive zu untersuchen.

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Jun.-Prof. Dr. Julia Binter

Argelander-Professorin für Kritische Museums- und Heritage Studien, Universität Bonn, TRA Vergangene Welten

Lebenslauf

Ich habe Kultur- und Sozialanthropologie sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaften an der Universität Wien und an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris studiert. Als Stipendiatin des Arts and Humanities Research Council und der Fondation Wiener-Anspach habe ich 2020 mein Doktorat an der University of Oxford abgeschlossen. Von 2010 bis 2013 war ich kuratorische Assistentin in der Afrika-Abteilung des Weltmuseums Wien. 2016/2017 war ich Curatorial Fellow der Kulturstiftung des Bundes an der Kunsthalle Bremen, wo ich die Ausstellung „Der blinde Fleck. Bremen und die Kunst in der Kolonialzeit“ kuratiert habe. Von 2018 bis 2023 arbeitete ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin für postkoloniale Provenienzforschung am Ethnologischen Museum/ Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin. Seit 2009 lehre ich an der Universität Wien. Im Mai 2023 habe ich die Argelander-Professur für Kritische Museums- und Heritage Studien an der Universität Bonn angetreten und bin Co-Direktorin des Global Heritage Lab.

Netzwerke

Ich bin Mitbegründerin des transdisziplinären Forschungsnetzwerks „Colonial Ports and Global History“ am Oxford Research Centre in the Humanities. Außerdem bin ich Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Sozial- und Kulturanthropologie (DGSKA) und der European Association of Social Anthropologists (EASA) und beteilige mich an der AG Koloniale Provenienzen des Arbeitskreises Provenienzforschung und dem EASA Network Anthropology of History.


Projekte/Drittmittel

Laufzeit: 2023-2024

Leitung: Julia Binter, Ndeenda Shivute (National Art Gallery of Namibia), Golda Ha-Eiros (National Museum of Namibia)

Mittelgeber: Heinrich Böll Foundation

Laufzeit: 2018-2024

Leitung: Julia Binter, Kristin Weber-Sinn (Staatliche Museen zu Berlin), Ndapewoshali Ashipala (Museums Association of Namibia)

Mittelgeber: Gerda Henkel Foundation

Laufzeit: 2016-2017

Leitung: Julia Binter

Mittelgeber: Curatorial Fellowship 'Internationales Museum', Kulturstiftung des Bundes

Laufzeit: 2016-2017

Leitung: Julia Binter

Mittelgeber: Caird Short-Term Research Fellowship, Royal Museums Greenwich

Laufzeit: 2013-2016

Leitung: Julia Binter

Mittelgeber: AHRC Collaborative Doctoral Award


Publikationen (Auswahl)

Binter, J.T.S.

In: Collections as Relations. Belonging, Cultural Heritage, and Infrastructures of Knowing

Dilger, H., Göbel, B. von Poser, A. Schütze, S. (eds.)

Routledge (forthcoming).

Binter, J.T.S., Howald, C., Labischinksi, J., Weber-Sinn, K.

In: Tagungsband des Arbeitskreises Provenienzforschung (forthcoming).

Binter, J.T.S., Howald, C., Labischinksi, J., Sporleder, B., Weber-Sinn, K. (eds.)

Staatliche Museen zu Berlin (2022).

Binter, J.T.S., Howald, C., Labischinksi, J., Sporleder, B., Weber-Sinn, K. (eds.)

Staatliche Museen zu Berlin (2022).

Binter, J.T.S., Ha-Eiros, G.

In: Playbook Klimakultur. Strategien für einen nachhaltigen Kulturwandel

Lurz, B., Schlag, W., Wolkinger, T., et al. (eds.)

Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten – Sektion für internationale Kulturangelegenheiten, 39-42 (2021).

Binter, J.T.S.

In: Material Relations. On Materiality and Connectivity in Anthropology and Beyond

Schorch, P., Saxer, M. (eds.)

UCL Press, 53-71 (2020).

Binter, J.T.S., Fine, J., Förster, L.

Provenienz und Forschung, 2, 46-51 (2020).

Binter, J.T.S., Fine, J.

Baessler-Archiv 66, 179-188 (2020).

Binter, J.T.S.

Third Text, 33:4-5, 575-593 (2019).

Binter, J.T.S. (Hg.)

Reimer Verlag (2017).

Aufsätze von Julia Binter im Ausstellungskatalog:

Blinde Flecke. Bremen, Welthandel und Mäzenatentum in der Kolonialzeit, Seite 10-27.

Traum und Wirklichkeit. Die Sammlung japanischer Holzschnitte der Kunsthalle Bremen, Seite 41-43.

Begegnungen mit dem Fremden in der Kunst, Seite 72-85.

Imagination und Festschreibung. Künstler_innen der Moderne und das Studium des Fremden, Seite 86-97.

Der Blick zurück. Amrita Sher-Gil, Selbstporträt als Tahitianerin, 1934, Seite 98-101.

Kunst des kolonialen Kontakts, Seite 117-119.

Globale Ansprüche und Fernweh. Die Plakate des Norddeutschen Lloyd und anderer hanseatischer Reedereien, Seite 134-145.

Zeitgenössische Perspektiven auf des koloniale Erbe Bremens. Ngozi Schommers, (Un)Framed Narratives, 2017. Hew Locke, Cui Bono, 2017, Seite 162-175.

Binter, J.T.S.

The Senses and Society 9/2, 342-360 (2014)

Reprinted: In The Auditory Culture Reader

Bull, M., Back, L. (eds.)

Bloomsbury (2015).

Binter, J.T.S.

In: Ethnohistorie. Rekonstruktion und Kulturkritik. Eine Einführung

Zips, W., Wernhart, K. (eds.)

Promedia Verlag, 2014.

Binter, J.T.S.

In: Ferry Radax. Vision, Utopie, Experiment

Mörth, O. Hirt, I. and Vogt, G. (eds.)

Sonderzahl, 246-255 (2014).

Binter, J.T.S.

In: Transcultural Montage

Willerslev, R., Suhr, C. (eds.)

Berghahn Books, 183-197 (2013).

In: Global Studies. Mapping Contemporary Art and Culture

Belting, H. Birken, J. Buddensieg, A., Weibel, P. (eds.)

Hatje Cantz, 158-173 (2011).

Binter, J.T.S.

LIT-Verlag (2009).


Ausstellungen und Filmfestivals (Auswahl)

Jahr: 2021

Kuratoren*innen: Binter, J.T.S., Ha-Eiros, G.

Ort: Humboldt Forum

Jahr: 2017

Kuratoren*innen: Binter, J.T.S.

Ort: Kunsthalle Bremen

Jahr: 2010-2013

Kuratoren*innen: Augustat, C., Binter, J.T.S, Blumauer, R., Kuhnt-Saptodewo, J., Plankensteiner, B.

Ort: Weltmuseum Wien

Jahr: 2010

Kuratoren*innen: Binter, J.T.S., Dietrich, M.C.

Ort: KosmosTheater


Mitarbeiter*innen

Nana Tsiklauri

ntsiklau@uni-bonn.de

Geschäftszimmer
Montag - Dienstag
12:00 - 17:00 Uhr

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Forschen auf Spitzenniveau. Seit 200 Jahren steht die Universität Bonn für Wissenschaft auf Top-Niveau.

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