Foto: Volker Lannert / Uni Bonn
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Chemie mit physikalischen Methoden

Jeannine Gleim forscht für ihre Arbeit an überkritischen chemischen Stoffen. Das hört sich gefährlicher an als es ist - spektakulär ist es trotzdem: Ein Hochleistungslaser ist Jeannines wichtigstes Hilfsmittel.

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Überschnell, übergenau und übermodern könnte man Jeannine Gleims Forschung am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie in wenigen Worten zusammenfassen. Denn sie möchte chemische Interaktionen mit modernster Lasertechnik sichtbar machen noch während sie ablaufen. Dafür bewegt sie sich im Grenzbereich zwischen Physik und Chemie. Die Physik bietet die Messmethoden im HighTech-Laserlabor, die Chemie die Untersuchungsgegenstände mit überkritischen Stoffen, die auch als Fluide bezeichnet werden. Fluide werden sie genannt, weil sie wie Flüssigkeiten fließen können. Überkritisch werden diese Fluide genannt, weil sie aber keine wirklichen Flüssigkeiten sind. Ihr Aggregatzustand kann nämlich nicht eindeutig dem flüssigem oder dem gasförmigen Zustand zugeordnet werden. Und genau das macht den Reiz aus.

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Moleküle sind keine starren Gebilde. Sie befinden sich stets in Schwingung. Oszillation nennt sich das. Und das betrifft nicht nur das Molekül als Ganzes, sondern auch dessen chemische Bindungen. Mit welcher Frequenz die einzelnen Bindungen schwingen, das können Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verhältnismäßig einfach überprüfen. Für ihre Masterarbeit hat sich Jeannine dieses Wissen zu Nutze gemacht. Mit Hilfe der Infrarotspektroskopie stimulierte Jeannine einzelne Bindungen eines Moleküls. Dabei hatte das verwendete Infrarotlicht genau die gleiche Frequenz wie die der Bindung. Stimulierte sie eine Bindung, so beeinflusste sie damit auch die anderen innerhalb desselben Moleküls, aber auch zwischen verschiedenen Molekülen. Was Jeannine herausgefunden hat: In der überkritischen Phase ist die gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Bindungen verschiedener Moleküle schwächer, weil die Interaktionen zwischen den Molekülen schwächer werden.

Für ihre Doktorarbeit am Institut für Physikalische und Theoretische Chemie geht Jeannine nun einen Schritt weiter: Mit Hilfe der mehrdimensionalen Infrarotspektroskopie. Der Vorteil: Jeannine kann so gleich mehrere Bindungen gleichzeitig zum Oszillieren bringen und sogar den Energiefluss innerhalb des Moleküls beobachten. Ihr Hochleistungslaser schießt dafür superkurze Lichtblitze ab, die nur wenige Femtosekunden andauern. Eine Femtosekunde ist der billiardstel Teil einer Sekunde – so wahnsinnig schnell, dass selbst die schnellsten chemischen Reaktionen oder spontane Bewegungen des Moleküls wie bei einem photographischen Schnappschuss geradezu eingefroren sind.

Mit ihrer Arbeit leistet Jeannine echte Pionierarbeit: Noch zählt die Forschung mit der mehrdimensionalen Infrarotspektroskopie, auch MDIR abgekürzt, zur Grundlagenforschung. Doch das Potential ist riesig. Umwelttechnik, Pharmaindustrie, Materialforschung und auch Medizin könnten in Zukunft davon profitieren. Denn ähnliche hochauflösende bildgebende Verfahren wie die Kernspintomographie gibt es zwar bereits, doch MDIR hat einen entscheidenden Vorteil: Nur sie zeigt superschnelle Interaktion auf molekularer Ebene in Echtzeit. 

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