Erasmus+ Studium Europa
Noah war in Glasgow
Noah studiert Physik im Bachelor an der Universität Bonn und berichtet von seiner Zeit als Erasmus-Studierender an der University of Glasgow in Schottland.
Für neun Monate wurde Glasgow zu meinem zweiten Zuhause: Ich wohnte in einer kleinen WG nahe dem Studentenviertel West End und fuhr jeden Morgen durch den dunstigen Nebel zur Uni. Mit einer Mischung von historisch-anmutenden Instituten sowie den modernsten Wissenschaftszentren, die ich je gesehen habe, ist das Einzige, was der Uni wirklich fehlt, eine günstige Mensa! Meine Physikmodule bereiteten mir zum großen Teil Freude und durch die im Vergleich niedrigen Leistungsanforderungen im Studium, fand ich die Zeit um den Schach-Club, einen Chor und ein Freiwilligenprojekt für mich zu entdecken. Sicherlich war es anstrengend an einem zunächst fremden Ort, weit weg von Zuhause, einen neuen sozialen Kreis zu errichten, doch der Mut auf andere Studenten zuzugehen wurde immer mit einem spannenden Gespräch und so mancher neuen Freundschaft belohnt!
Über die Semester hinweg versuchte möglichst viel von der schottischen Kultur und Natur einzufangen, indem ich Wanderungen, Konzertbesuche oder Urlaube mit Freunden aus Schottland und Deutschland unternahm. Doch noch wertvoller als den Tourismus schätze ich heute die Erinnerung daran, wie ich den Alltag in einer fremden Kultur erleben durfte und über das Jahr ein Stück weit Teil dieser wurde.
Mein Auslandsjahr in Schottland war eine einzigartige Erfahrung und ich glaube, dass jeder Student mit Abenteuerlust und ein wenig Mut seine ganze eigene Geschichte damit schreiben kann. Ganz anders, aber mindestens so aufregend wie mein Auslandsjahr!
Wenn du nun Lust bekommen hast, ins Ausland zu gehen, kannst du meinen vollständigen Erfahrungsbericht lesen:
Vom September 2024 bis Ende Mai 2025 verbrachte ich 2 Auslandssemester an der University of Glasgow in Schottland und studierte dort mein 3. Studienjahr des B.Sc. Physik.
Vorbereitung
Im Herbst 2024 beschloss ich mich bei meinem Erasmus-Koordinator auf den Studienplatz an der Partneruniversität in Glasgow zu bewerben. Im April 2025 bekam ich schließlich eine positive Rückmeldung und der Bewerbungsprozess begann. Wenige Wochen später erhielt eine Mail von der Uni Glasgow, welche mich bat innerhalb weniger Tage meine Bewerbungsdaten abzuschicken und meine Kurse für das Auslandsjahr zu wählen. Hastig setzte ich mich also mit meinen Koordinatoren an der Uni Bonn zusammen, wir verglichen Kurse beider Unis und einigten uns auf die Anrechnung einiger Kurse, die ich in Glasgow absolvieren wollte. Es ist anzumerken, dass Physik-Austauschstudenten in der Physik an der Uni Glasgow höchstens ein Mastermodul belegen dürfen. Hinzukommt, dass die Glasgower Module in der Regel weniger ECTS und Themen in geringerer Tiefe behandeln, weswegen ich nur einen kleinen Teil der für das Jahr vorgesehenen Module durch Äquivalente in Glasgow ablegen konnte. Die anfängliche Kurswahl war jedoch von geringer Bedeutung, da sich meine Kurse und das entsprechende Learning-Agreement noch 2 weitere Male ändern würden. Generell lief die Vorbereitung des Aufenthalts durch den Austausch mit dem Visiting-Students Team, welches für Austauschprogramme verantwortlich ist, doch da diese häufig erst nach Wochen antworten, ist es äußerst ratsam weitere Anlaufstellen wahrzunehmen. So half mir bei meiner Ankunft insbesondere der zuständige Fachkoordinator der Physik und schrieb mich in meine Module ein. Als nächstes begann ich die Beantragung des Studentenvisum, welches man für Aufenthalte länger als 6 Monate benötigt. Da man für die Beantragung des Visum unglaublich viele Informationen benötigt, empfehle ich damit früh anzufangen.
Unterkunft
Ich bewarb mich auf die Studentenunterkünfte der Uni, welche preislich bei 600 bis 1.200 Pounds pro Monat liegen, doch da ich kein Angebot erhielt, wandte ich mich schließlich an den privaten Wohnungsmarkt. Am aller hilfreichsten war die Website spareroom, auf der ich einen Monat lang täglich auf WGs bewarb. Als das jedoch nicht reichte, bezahlte ich für einen Premiumzugang und fand 4 Wochen vor meiner Abreise eine 4er WG für 500 Pounds pro Monat, die mit dem Bus etwa 35min von der Uni entfernt lag. Ich war mit meiner WG und meinen Mitbewohnern insgesamt sehr zufrieden und kaufte mir ein gebrauchtes Fahrrad für den Weg zur Uni. Von dem, was mir Freunde aus Uni-Wohnheimen erzählten, war die Auswahl an Mitbewohnern dort wohl ein ziemliches Roulette, doch dafür landet man direkt in einem großen Sozialkreis von Studenten und hat häufig Events, ein Gym und Tischtennis oder Billard zur Verfügung.
Studium
Das Physikstudium an der Uni Glasgow unterscheidet sich in einigen Punkten von dem der Uni Bonn. Zum einen werden hier gerademal halb so viele Vorlesungen gehalten, es gibt keine Tutorien und je nach Kurs gibt es eine kleine Anzahl von freiwilligen Übungszetteln zur Vorlesung. Stattdessen gab es sogenannte „Supervision“-Gruppen mit eigenen (ebenfalls freiwilligen) Übungszetteln unter Anleitung von einem Uni-Mitarbeiter, bei denen ein paar Lösungen durchgesprochen wurden. Unter den 10 Modulen, die ich belegt habe, hatte ich sowohl herausragende als auch wenig verständliche Dozenten, aber insgesamt werden die meisten Themen nur in vergleichsweise geringer Tiefe behandelt und Herleitungen werden übersprungen, da die Zeit für diese einfach nicht da ist. Einige Kurse aus dem Bonner Bachelor sind Mastermodule an der Uni Glasgow. Das Studium an der Uni Glasgow ist zu großen Teilen auf Selbstlernen ausgelegt, wodurch der Großteil der Woche frei einteilbar ist, sei es für Uni oder Freizeit ;) . Rückblickend war mein Auslandsstudium weniger intensiv, jedoch habe ich das Gefühl, dass ich mithilfe von Strukturierung und Selbstdisziplin immer noch viel lernen konnte.
Alltag und Freizeit
Das Freizeitangebot sämtlicher Unis in UK funktioniert nach dem „Society“-Prinzip: Studenten, die ein Hobby teilen, eröffnen eine Society unter dem Schirm der Uni und treffen sich wöchentlich, um diesem Hobby nachzugehen. Jeder ist willkommen der Society beizutreten und auf diese Weise findest du selbst für deine verrücktesten Interessen eine Community. In den ersten Wochen des Semesters trat ich der Schach-Society und der Chor-Society bei, welche ich seitdem wöchentlich mit viel Freude besucht habe. Über die Studentenvereinigung SRC fand ich eine Freiwilligentätigkeit, die mir zusagte und ich bewarb mich auf das Amt des Studentenbotschafters an der Uni Glasgow, in welchem ich über das Jahr meine Erfahrungen in Posts und Blog-Einträgen teilen durfte. Sowohl in der Willkommenswoche, als auch später in meinen Kursen lernte ich spannende Menschen aus aller Welt kennen, mit denen ich gemeinsam Ausflüge in die Umgebung plante oder mich monatlich zum Kaffee oder Mittagessen traf. So erkundete ich nach und nach Glasgow, Edinburgh, Inverness, Stirling, Isle of Syke, Isle of Arran in Schottland, und später auch Manchester, London, Oxford, Cardiff und Bristol. Die atemberaubende Landschaft, das große Kulturangebot samt kostenloser Galerien und Museen sowie die lebhafte Pub-Kultur gehören für mich zu den größten Alleinstellungsmerkmalen Schottlands als Reiseziel. Bemerkenswert fand ich auch, wie unglaublich international die Studierendenschaft der Uni Glasgow war, was meinem Auslandsstudium viele wertvolle Erfahrungen eingebracht hat. Darüber hinaus sind die die Bewohner Glasgows extrem herzliche und hilfsbereite Menschen, wie ich es noch nirgendwo anders erlebt habe – eine angenehme Abwechslung von der reservierten Haltung des Durchschnittsdeutschen :D .
Fazit
Ich habe meinen 9-monatigen Auslandsaufenthalt an der Uni Glasgow sehr genossen: Das Auslandsjahr gab mir die Zeit mich zusätzlich zu meinem Physikstudium weiteren Interessen hinzugeben und gleichzeitig Fortschritt in meinem Studienverlauf zu erreichen. Die Vorbereitung des Auslandsjahres samt Bewerbung, Kurswahl, Visum und Wohnungssuche war äußerst aufwendig, doch für die Dauer von 2 Auslandssemestern war er es absolut wert. Ich denke, dass das letzte Jahr meinen Horizont deutlich erweitert hat und ich habe viele Freunde aus aller Welt kennengelernt, die ich hoffentlich eines Tages wieder treffen werde. Der finanzielle Zuschuss von 600 Euro pro Monat reichte aus, um meine Extraausgaben in Schottland weitgehend zu kompensieren. Der wahrscheinlich größte Nachteil durch das Auslandsjahr ist, dass sich meine Studienzeit dadurch um ein bis zwei Semester verlängert. Ich glaube, dass man für ein Auslandsstudium eine Menge Mut, Kraft und Initiative benötigt, um sich in der fremden Welt zu orientieren und sich ein neues soziales Netz zu knüpfen. Bringt man diese Stärken mit, so wird das Auslandsjahr zu einer der schönsten Erfahrungen der Studienzeit!
Programm: Erasmus+ Studium Europa
Gastuniversität: University of Glasgow, Glasgow, Schottland
Studiengang: Bachelor Physik
Zeit des Aufenthalts: Wintersemester 2024/25 bis Sommersemester 2025