26. Februar 2018

Erste Diagnoseerfolge für Patienten mit unklarem Befund Erste Diagnoseerfolge für Patienten mit unklarem Befund

Neues Kompetenznetzwerk für Seltene Erkrankungen öffnet sich deutschlandweit für Betroffene

Ziel ist es, die Versorgung von Menschen mit unklaren Diagnosen und seltenen Erkrankungen bundesweit zu verbessern. Dazu setzt ein Verbund von Universitätskliniken, der Patientenorganisation Achse und gesetzlichen Krankenkassen jetzt Maßnahmenvorschläge aus dem Nationalen Aktionsplan für Menschen mit seltenen Erkrankungen („NAMSE“) um. Im Rahmen des Projekts „TRANSLATE-NAMSE“, das mit etwa 13,4 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert wird, können Betroffene sich in den nächsten drei Jahren an die Zentren für Seltene Erkrankungen der beteiligten Universitätskliniken – darunter auch das Universitätsklinikum Bonn – wenden.

Projekts „TRANSLATE-NAMSE“
Projekts „TRANSLATE-NAMSE“ - Neues Kompetenznetzwerk für Seltene Erkrankungen öffnet sich deutschlandweit für Betroffene; Symbolfoto © Colourbox
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Eine seltene Erkrankung betrifft per Definition weniger als fünf von 10.000 Menschen – meist ist die Anzahl der Patienten noch deutlich geringer. Während die einzelne Erkrankung nur wenige Menschen betrifft, leben in der Summe etwa vier Millionen Betroffene in Deutschland. „Es besteht immer eine realistische Möglichkeit, dass bei Patienten ohne Diagnose eine seltene Erkrankung vorliegt, die nicht erkannt wurde, weil nur wenige Experten mit den jeweiligen Symptomen vertraut genug sind“, sagt Prof. Dr. Thomas Klockgether, der das ZSEB am Bonner Universitätsklinikum leitet. „Die meisten dieser Patienten haben bereits einen langen diagnostischen Weg hinter sich, der einen hohen Zeit- und Kostenaufwand verursacht hat.“

Aber solche komplexen medizinischen Fälle richtig zu diagnostizieren und zu behandeln ist eine schwierige Aufgabe, die nur interdisziplinär durch verschiedene Experten zu meistern ist. Hier setzt das Projekt „TRANSLATE-NAMSE“ an. „Es bietet Patienten und Ärzten in Deutschland die Möglichkeit, die Expertise von Fachleuten auf kurzen Wegen einzuholen. Es schafft ein bundesweit tätiges Netzwerk von Spezialisten, die ihr Fachwissen in die sorgfältige und umfassende Analyse von Patienten mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung oder unklarer Diagnose investieren, so dass während der dreijährigen Laufzeit des Projektes eine stabile Struktur geschaffen werden kann, die auch nach Projektende den Ratsuchenden zur Verfügung stehen soll“, erklärt Dr. Christiane Stieber, Koordinatorin am ZSEB. Etwa 80 Prozent der seltenen Erkrankungen haben genetische Ursachen, werden also durch Veränderungen im Erbgut ausgelöst. „Aus der Kenntnis der genetischen Ursachen ergeben sich Möglichkeiten, diese Krankheiten zuverlässiger zu diagnostizieren, neue Behandlungsstrategien zu entwickeln und Krankheitsrisiken für Verwandte abzuschätzen“, erläutert der Humangenetiker Prof. Dr. Markus Nöthen, der ebenfalls an dem bundesweiten Projekt beteiligt ist.

Betroffenen einen oft jahrelangen Leidensweg ersparen

Neben „Patienten ohne Diagnose“ liegt der Fokus im Projekt „TRANSLATE-NAMSE“ vor allem auf Patienten, bei denen ein konkreter Verdacht auf eine seltene Erkrankung vorliegt wie eine angeborene Stoffwechselerkrankung oder Hormonstörung, eine angeborenen Erkrankung der Blutbildung, ein angeborene Immundefekt oder eine neurologisch bedingte Bewegungsstörung. Zur Abklärung sowie bei Versorgungsproblemen können sich Betroffene an eins der neun am Projekt beteiligten Zentren für Seltene Erkrankungen über den Kinder- oder Hausarzt wenden. Dazu gibt es in Bonn bereits eine interdisziplinäre Anlaufstelle „InterPoD“ für Patienten mit bisher nicht diagnostizierten Erkrankungen. „Unsere vierjährigen Erfahrungen sind intensiv in die Planung des jetzigen Projekts eingeflossen“, sagt ZSEB-Koordinatorin Stieber. Im Rahmen von TRANSLATE-NAMSE“ kümmert sich in Bonn jetzt eine Lotsin um die Patienten. Sie ist auch die erste Kontaktperson. Zusätzlich zur ärztlichen Koordination durch Dr. Martin Mücke, Arzt der „InterPoD“, gibt es nun einen Humangenetiker, der alle Anfragen mitbeurteilen wird. Standortübergreifende Fallkonferenzen und innovative diagnostische Methoden liefern dann für den Betroffenen ein Ergebnis. „Ziel muss es sein, nach der dreijährigen Laufzeit des Projektes die standarisierten interdisziplinären Prozesse, die bisher nicht in der Betreuung abgebildet sind, in die Regelversorgung zu überführen und zu finanzieren“, sagt der Konsortialleiter des Projektes Prof. Dr. Heiko Krude von der Charité Berlin.

Mehr Informationen zu dem ZSEB gibt es unter:
https://zseb.uni-bonn.de/

Beteiligte Zentren für Seltene Erkrankungen in TRANSLATE–NAMSE

Berliner Centrum für Seltene Erkrankungen
Zentrum für Seltene Erkrankungen Bonn
UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen Dresden
Essener Zentrum für Seltene Erkrankungen
Martin Zeitz Centrum für Seltene Erkrankungen Hamburg
Zentrum für Seltene Erkrankungen Universitätsmedizin Heidelberg
Lübecker Zentrum für Seltene Erkrankungen
Münchener Zentrum für Seltene Erkrankungen
Zentrum für Seltene Erkrankungen Tübingen

Projektpartner in TRANSLATE-NAMSE

AOK Nordost
BARMER GEK
Berlin School of Public Health (BSPH)
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung Dresden (ZEGV)

Kontakt für die Medien:
Zentrum für Seltene Erkrankungen Bonn
Universitätsklinikum Bonn
Koordination: Dr. Christiane Stieber
Telefon: 0228/287-51070
Mobil: 0151 4404 84 42
E-Mail: cstieber@uni-bonn.de

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