01. August 2007

Moose reduzieren die Feinstaubbelastung Moose reduzieren die Feinstaubbelastung

In Bonn sollen nun Moosmatten zur Fahrbahnrand-Begrünung eingesetzt werden

Forscher der Universität Bonn wollen gefährlichen Feinstäuben mit Moosen zu Leibe rücken. Wie ein biologisches Mikrofaser-Staubtuch schlucken die Pflanzen große Mengen der gefährlichen Luftpartikel. Viele Abgas-Bestandteile dienen ihnen sogar als Nahrung; andere werden durch Bakterien abgebaut, die auf den Moosblättchen leben. In Bonn sollen die natürlichen Luftfilter nun erstmals auch zur Straßenbegrünung eingesetzt werden. Feinstaub gilt als giftig: Nach Schätzungen der EU-Kommission kosten die Mikropartikel in der Luft jährlich 300.000 Europäern das Leben.

Bild Moose reduzieren die Feinstaubbelastung
Bild Moose reduzieren die Feinstaubbelastung © Universität Bonn
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Es ist eine Kombination aus Eigenschaften, die Moose zum Feinstaub-Killer machen. Zum einen ist da ihre riesige Oberfläche: "Ein Moospolster von einem Quadratmeter Größe hat fünf Millionen kleinste Blättchen", rechnet der Bonner Moosforscher Professor Dr. Jan-Peter Frahm vor.



Punkt zwei: Jedes dieser Blättchen zieht manche Mikropartikel aus der Luft magisch an. Dazu zählen unter anderem Ammoniumionen, die durchschnittlich 40 Prozent des Feinstaubes ausmachen. "Das Ganze funktioniert elektrostatisch", erklärt Frahm; "die Moosoberfläche ist negativ geladen, ein Ammoniumion dagegen positiv." Nach einem ähnlichen Prinzip funktionieren übrigens die beliebten Mikrofaser-Staubtücher.



Punkt drei: Moose halten die gefährliche Partikelfracht nicht nur fest - sie nehmen den Staub sogar über ihre Blätter auf und verdauen ihn. Denn Ammonium ist ein wichtiger Nährstoff, den die unscheinbaren Pflanzen zum Wachstum benötigen. Andere Bestandteile des Staubs werden von Bakterien genutzt, die auf den Moosblättchen leben. "Feinstaub wird zu Biomasse", kommentiert Frahm trocken.



Labortests ein voller Erfolg



Im Labor haben er und sein Kollege Dr. Marko Sabovljevic bereits zeigen können, wie gut das Ganze funktioniert. Dazu kippten sie Blei- und Bariumstaub auf verschiedene Moospolster. Nach einigen Stunden Wartezeit wurden die Pflanzen gewaschen. Aus der Staubmenge im Waschwasser konnten die Forscher so das Bindevermögen der Pflanzen berechnen. "Bis zu 20 Gramm Feinstaub nahmen Moospolster von einem Quadratmeter Größe bei dieser Prozedur auf", erklärt Sabovljevic. Zum Vergleich: An einer viel befahrenen Straße rieseln jährlich nur 14 Gramm Feinstaub pro Quadratmeter zu Boden.



Entscheidend für die Luftreinigung ist allerdings, dass die Feuchte stimmt: Trockenes Moos entfaltet kaum Wirkung, zu nass sollte es aber ebenfalls nicht sein. Die Ergebnisse erscheinen im Herbst in Heft 4/2007 der Zeitschrift "Immissionsschutz", die vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegeben wird.



Große Karriere am Rand bundesdeutscher Autobahnen?




In Bonn können die Pflanzen wohl bald auch außerhalb des Labors beweisen, was in ihnen steckt: Ein Anschlussstück zur Bundesautobahn 562 soll demnächst mit Moosen begrünt werden. "Inzwischen ist es möglich, dazu fertige Moosmatten zu verwenden", erklärt Jan-Peter Frahm. "Das reduziert den Aufwand." Ursprünglich sind die Matten zur Dachbegrünung entwickelt worden - unter anderem aus dem Kalkül, man könne mit diesen natürlichen Luftbefeuchtern das lokale Klima in den Innenstädten verbessern.



Vielleicht steht den unscheinbaren Pflanzen nun eine große Karriere am Rand bundesdeutscher Autobahnen bevor. Falls ja, liegt das sicher auch an einem letzten Argument, das in Zeiten schlecht gefüllter öffentlicher Kassen besonders viel zählen dürfte: "Moose brauchen nicht viel Pflege", sagt Frahm. "Durch ihre Wartungsarmut werden sie für Autobahnmeistereien zusätzlich attraktiv."







Kontakt:

Professor Dr. Jan-Peter Frahm

Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen, Universität Bonn

Telefon: 0228/73-2121

E-Mail: frahm@uni-bonn.de

www.bryologie.uni-bonn.de






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So könnte es bald auf vielen Autobahnen in Deutschland aussehen. Montage: (c) Prof. Frahm




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