27. Februar 2012

Clip dichtet lecke Herzklappe ab Clip dichtet lecke Herzklappe ab

Schonende Alternative zur Herzoperation für Hochrisiko-Patienten / Live-Übertragung bei Symposium

Sogar beim Sprechen bekam Johann H. kaum noch Luft. Er litt zunehmend unter Atemnot. Aufgrund seiner undichten Mitralklappe floss Blut zurück in die Lunge. Doch eine Operation unter Einsatz der Herzlungenmaschine war für den 83-Jährigen zu risikoreich. Daher rekonstruierten Kardiologen am Universitätsklinikum Bonn seine Herzklappe mit einem neuartigen Clip-System. Diese neue schonende Alternative mittels Katheter bietet die Uni-Kardiologie als einzige Klinik im Köln-Bonner Raum an. Im Rahmen eines Herzsymposiums am 2. und 3. März präsentiert die Klinik jetzt modernste Eingriffe am schlagenden Herzen per Live-Übertragung aus dem Katheterlabor.

Prof. Nickenig (re) mit seinem Patienten Johann H.
Prof. Nickenig (re) mit seinem Patienten Johann H. © Rolf Müller / Medienzentrum UKB
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Diagnose Mitralklappeninsuffizienz: Johann H. litt bereits seit vier Jahren unter steigender Atemnot. Treppensteigen und Gehen fiel ihm immer schwerer: „Nach 50 Metern schnappte ich schon nach Luft.“ Denn seine Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer war undicht, da die beiden Klappensegel sich nicht mehr richtig schlossen. Bei diesem häufigen Herzfehler funktioniert die Mitralklappe daher nicht mehr als Einlass-Ventil. „So fließt bei einem Herzschlag mit Sauerstoff angereichertes Blut aus der linken Herzkammer wieder zurück in den linken Vorhof. Es kann sich sogar bis in die Lunge zurück stauen“, erklärt Prof. Dr. Georg Nickenig, Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Bonn. So war das Herz von Johann H. dauerhaft überlastet.

Für ältere, bereits stark geschwächte Betroffene wie Johann H., der zudem vor 17 Jahren eine komplexe Herzoperation hatte, war das Risiko für einen großen herzchirurgischen Eingriff viel zu hoch. Aber auch Medikamente linderten seine auftretenden Beschwerden wie Kurzatmigkeit und Müdigkeit nicht mehr ausreichend. Daher schlug das Team um Prof. Nickenig ihrem 83-jährigen Patienten vor, die undichte Mitralklappe mit einem neuartigen Clip-System zu rekonstruieren. „Diese Chance habe ich sofort ergriffen“, sagt Johann H.

Clip schnappt wie eine Falle zu

Dazu führen die Bonner Uni-Kardiologen das Clip-System über die Leistenvene bis zum rechten Herzen. Über die Vorhofscheidewand geht es von dort weiter in den linken Vorhof. An der Mitralklappe angekommen bringen sie den aufgeklappten Clip vorsichtig in die optimale Position. Die zwei dünnen Clip-Arme fangen wie ein Lasso die ausgeleierten Klappensegel ein, und die zwei großen Clip-Arme greifen zu. „Der einschnappende Clip rafft so beide Segel zusammen und die Herzklappe kann wieder deutlich besser schließen“, sagt Dr. Christoph Hammerstingl, Oberarzt an der Medizinische Klinik II des Universitätsklinikums Bonn.

Der kniffligste Punkt sei, die Segel einzufangen. Ultraschall-Bilder der über die Speiseröhre eingebrachten Echosonde helfen dem Bonner Team dabei und zeigen ihm auch, ob der Clip perfekt sitzt. So kann die Undichtigkeit wesentlich verringert oder sogar fast ganz ausgeschaltet werden. Bei Johann H. mussten die Kardiologen für ein optimales Ergebnis sogar zwei Clips setzen. „Mehr geht prinzipiell nicht, denn sonst käme es zu einer Verengung, einer so genannten Mitralklappen-Stenose“, sagt Prof. Nickenig.

Wieder Sprechen ohne Atemnot

Weltweit sind bisher einige Hundert Patienten mit diesem Clip-System versorgt worden. Die Ergebnisse sind gut und die Patienten erholen sich nach dem Eingriff sehr schnell. Die Bonner Kardiologen bestätigen das mit ihren eigenen Erfahrungen. „Es dauert eine gewisse Zeit bis sich alles optimal eingependelt hat“, sagt Dr. Robert Schueler, Assistenzarzt an der Medizinische Klinik II des Universitätsklinikums Bonn. Europaweit werden über das TCVT-Programm alle Fakten und Erfahrungen über Eingriffe mit diesem neuartigen Clip-System gesammelt und ausgewertet. Derzeit nehmen in Deutschland etwa 25 Zentren daran teil, darunter die Medizinische Klinik II am Universitätsklinikum Bonn. Dessen Direktor Prof. Nickenig ist der deutsche Koordinator bezüglich technischer als auch wissenschaftlicher Aspekte.

Das Bonner Team um Prof. Nickenig selbst behandelte bereits 60 Patienten mit diesem Verfahren - mit großem Erfolg. So konnte Johann H. bereits am nächsten Tag schon wieder viel besser atmen. Der zweifache Großvater hofft jetzt darauf, ein Stück Selbständigkeit zurück zu gewinnen. Allein ein Einkauf zu Fuß im etwa zehn Minuten entfernten Lebensmittelladen, könnte seine Frau und Tochter entlasten: „Ich bin froh, dass mir die Ärzte geholfen haben. Auch das Pflegepersonal – egal welche Station – war sehr vorbildlich.“

Hinweis für die Medien:
Medienvertreter sind eingeladen, sich anhand der Live-Übertragung während des Symposiums am Samstag, 3. März, um 12:30 Uhr im Großen Hörsaal des Biomedizinischen Zentrums (Gebäudenummer 344 / gegenüber dem Notfallzentrum), Sigmund-Freud-Straße 25, selbst ein Bild von dem  Eingriff zu machen. Prof. Nickenig steht um 14 Uhr gerne für Fragen zur Verfügung. Um Anmeldung unter der Telefonnummer 0228/ 73-4727, Fax: 0228/ 73-7451 oder E-Mail inka.vaeth@uni-bonn.de wird gebeten.

Das vollständige Programm gibt es unter http://www.cardiosymposium-bonn.de/

Kontakt
Professor Dr. Georg Nickenig
Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Bonn
Telefon: 0228/287-15217;
E-Mail: georg.nickenig@ukb.uni-bonn.de

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