05. Mai 2020

Fledermäuse, Systemrelevanz und unser Verhältnis zur „Natur“ Lebenszeichen: Fledermäuse, Systemrelevanz und unser Verhältnis zur „Natur“

Die Corona-Pandemie mit ethnologischen Augen betrachtet

Außergewöhnliche Ereignisse lassen sich aus vielen Perspektiven betrachten. Die Ethnologie bildet da keine Ausnahme. Wie die Krise schon vorher nicht tragbare Zustände offenbart und was wir von den indigenen Völkern des Amazonasgebiets lernen können, beschreibt Naomi Rattunde, die an der Universität Bonn im Fachbereich Altamerikanistik/Ethnologie promoviert, in diesem Beitrag zur Reihe "Lebenszeichen".

Im ecuadorianischen Amazonasgebiet
Im ecuadorianischen Amazonasgebiet © Foto: Manuela Omari Ima Omene
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Text: Naomi Rattunde

 

„Wir werden uns in den Wald zurückziehen […] und niemanden sonst hereinlassen, denn all das ist nisun“, verabschiedete sich Ibã Sales Huni Kuin bei der brasilianischen Anthropologin Els Lagrou am Telefon, als entgegen der Verharmlosungsstrategie des gefährlich ignoranten Präsidenten Jair Bolsonaro in Brasilien Quarantänemaßnahmen angekündigt wurden. Für die Huni Kuin, von ihren Nachbarn „Kaxinawa“ – Fledermausmenschen – genannt, sind für die meisten Krankheiten Interaktionen mit und der Verzehr von Tieren verantwortlich. Diese senden ihre nisun, Schwindel und Kopfschmerzen, die in einigen Fällen zu Krankheit und Tod führen können. Um diese Gefahr zu minimieren und das Gleichgewicht des Miteinanders verschiedener Seinsformen nicht zu stören, werden nur die zum Verzehr benötigten Tiere erlegt, wobei jede Jagd Aushandlungen mit den Jagdtieren bedeutet. Fledermäuse stehen jedoch nicht auf dem Speiseplan der Huni Kuin, da sie yuxin besitzen, eine Lebenskraft, die sie zur Formwandlung befähigt, so Lagrou in ihrem Beitrag „Nisun“ im Blog da Bibliotexa Virtual do Pensamento Social (blogbvps.wordpress.com, 13.04.2020).

Zu Beginn des Telefonats wusste Ibã Sales Huni Kuin noch nichts von der wissenschaftlichen Annahme, dass das Coronavirus SARS-CoV-2 von Fledermäusen auf den Menschen übertragen wurde. Das Wissen der Huni Kuin und anderer indigener Gruppen um die engen Verflechtungen von Menschen und Nicht-Menschen sowie die Auswirkungen ihrer Interaktionen in einer als relational begriffenen Welt, in der „Natur“ und „Kultur“ keine voneinander getrennten Bereiche sind, sollte aber zu denken geben.

Fledertiere, deren Lebensräume weltweit durch den Menschen bedroht sind, sind Hemerophile oder „Kulturfolger“, die ihm in die anthropogenen Land- und Stadtschaften folgen, wodurch sich das Netzwerk des Zusammenlebens von Mensch und Tier verändert und verdichtet. Die Konsequenz ist eine Zunahme von durch (hier speziell) virale Zoonosen hervorgerufene neuartige Krankheiten insgesamt (HIV, H1N1, Zika). Dabei sind von von Fledertieren auf den Menschen übertragene Viren verursachte Epi- und Pandemien wie SARS (2002/03), MERS-CoV (seit 2013) und Ebola (seit 2014) in jüngerer Zeit besonders in Erscheinung getreten.

Zeitlichkeit und Dringlichkeit

Das global viral gegangene SARS-CoV-2 hat eine Krise bisher ungekannten Ausmaßes verursacht, die an verschiedenen Orten zeitversetzt „angekommen“ ist. In den Meldungen der Tagesschau war zunächst nur in Bezug auf China die Rede von einer „Krise“, die bald schon Italien erreichte. Anfang März wurde „Coronavirus-Krise“ bzw. „Corona-Krise“ zum geflügelten Wort, das auch die Situation in Deutschland, wenig später die weltweite Situation beschrieb. Dem Krisentheoretiker Reinhart Koselleck zufolge sind Krisen „Wahrnehmungsphänomene“, also Momente, in denen die Zukunft plötzlich als ungewiss empfunden wird und unter Zeitdruck, ohne die Möglichkeit, sich ein umfassendes Urteil zu bilden, Entscheidungen getroffen werden müssen. Gleichzeitig werden „Krisen“ gemeinhin als einschneidende Momente des schnellen Übergangs von einer lang andauernden, stabilen Phase der Normalität in eine andere gedacht. Demgegenüber steht eine Vorstellung der „Moderne“ als „Kontinuierung des Wandels“, als Normalität, die ständig von Kritik irritiert wird und sich daher permanent neu konstituiert (vgl. Thomas Mergels Einleitung zu Krisen verstehen, 2012, Campus Verlag).

In der Wahrnehmung von Krisen ist das Moment der Dringlichkeit zentral. Die „Klimakrise“ ist als solche zwar präsent, hat jedoch bisher nicht zu derart durchgreifenden Maßnahmen geführt, wie wir sie aktuell beobachten und spüren. 2015 war die „Flüchtlingskrise“ zu ihrem vorläufigen Höhepunkt in Europa ausgerufen worden; seitdem begleitet sie uns, jedoch unterliegt ihre Dringlichkeit politischen Konjunkturen, obwohl die Situation auch in Europa weiterhin alarmierend ist und die Zahl geflüchteter Menschen weltweit zunimmt. Der Eindruck der „Dringlichkeit“ von Krisen bewirkt zum einen Handlungsbedarf, andererseits, dass sie als bedrohlich und außergewöhnlich empfunden werden. Das brachten zwei der weltweit mächtigsten Frauen, Angela Merkel und Christine Lagarde, zu Beginn der Pandemie zum Ausdruck und die auf dieser Grundlage verhängten „außergewöhnlichen“ Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus – ihre divergierende Ausgestaltung und Intensität sowie die mangelnde Koordination sind zurückzuführen auf unzureichendes Wissen und Ungewissheit über das Virus selbst und unterschiedliche Interpretationen der Zahlen, die zwar Objektivität suggerieren, sie aber keinesfalls bieten – formieren eine neue Normalität des öffentlichen und privaten Lebens, die bereits in vollem Gange ist.

Ethnologie und Krise

Als Momente der „Verdichtung kultureller Dynamik“ werden Krisen für die Ethnologie zu Ausgangspunkten für weiterreichende „Überlegungen zum Verhältnis von Persistenz und Wandel“ und zur Reflexion über „theoretische Modelle sozialer Ordnung und deren Transformation“ (Stefan Beck & Michi Knecht in Krisen verstehen, S. 64). Das Fach interessiert sich für Krisen als „Generator[en] von Ordnungspraktiken“, wobei es nicht um die Krise als Problem an sich geht, sondern darum, „wie aus Krisenereignissen in global-lokalen Konstellationen auch dauerhafte Struktur entsteht“ (S. 68). Umgekehrt hat das Fach Interesse für die Krise als heuristisches Prinzip, also dafür, „wie Krisen die Erkennbarkeit kultureller Muster und sozialer Ordnungen gerade im Moment ihrer Infragestellung in besonderer Weise ermöglichen“ (S. 68). Oder, mit Eric Wolf (in „Facing Power“, zitiert nach Beck/Knecht): „We owe to social anthropology the insight that the arrangements of society become most visible when they are challenged by crisis.“ Die „Corona-Krise“ lässt eine ganze Reihe solcher „Arrangements“ auf eindringliche, weil verdichtete Weise sichtbar werden. Nur einige Beispiele: die Unterfinanzierung des weitreichend privatisierten medizinischen und vor allem Pflegesystems, die allgegenwärtige, aber zu oft tabuisierte häusliche Gewalt und fehlende Kapazitäten in Frauenhäusern, die hygienische Infrastruktur vieler Schulen, ganz abgesehen von der Unterfinanzierung des Bildungssystems insgesamt, unsere Abhängigkeit von transnationalen Lieferketten und „billigen“ Arbeitskräften aus osteuropäischen Ländern in der Landwirtschaft, asymmetrische Machtverhältnisse innerhalb der EU, die Entscheidung darüber, wessen Menschenleben mit welchen Mitteln gerettet werden – Zehntausende deutscher Urlaubsreisende im Ausland stehen wenigen Dutzend von Zehntausenden geflüchteten Menschen an den Außengrenzen Europas gegenüber.

Soziale Ordnung und Systemrelevanz

Wenn die soziale Ordnung Risse bekommt, etablierte Routinen und bestehende Normen des Miteinanders nicht mehr tragbar sind, „müssen neue Verbindungen geknüpft […] werden, die den Umgang mit krisenhaften Situationen (und darüber hinaus) strukturieren“ (Beck/Knecht, S. 69). Die Chance einer jeden und gerade auch dieser Krise ist es, dass sie auch schon vorher nicht tragbare Zustände und Risse offenbart und damit Handlungsbedarf dringlich werden kann. Die der globalen sozialen Ordnung inhärente Realität von social distance steht der Unmöglichkeit des social distancing diametral gegenüber. Die „neuen Ordnungs-Praktiken“ – oft „Ergebnis von Reibung in ungewohnten Konstellationen“ (S. 69), aktuell jedoch auch das ungewohnter Eintracht zwischen Koalition und Opposition – basieren immer auf bestehendem Wissen (etwa das aus anderen Coronavirus-Epidemien), Mustern (etwa die Benachteiligung ärmerer und schwächerer Bevölkerungsgruppen) und Strukturen (etwa ESM statt Coronabonds). Dabei rufen Krisen „in besonderem Maße zur Explikation des Gegebenen und des Neuen auf“ (S. 69). In diesem Lichte kann Angela Merkels Fernsehansprache am 18. März betrachtet werden, in der sie – „auf diesem ungewöhnlichen Weg“, so ihre Worte – „unser Handeln möglichst gut begründen und kommunizieren [will], damit es nachvollziehbar wird.“ In jenem „Zwang zur Erklärung“ von alten und emergenten Ordnungen und der notwendigen Legitimation beider liegt „das erkenntnistheoretische Versprechen“ von Krisen begründet, die die „Verhältnisse von Ordnung und Unordnung, von Begrenzungen und Handlungsmöglichkeiten, von Unsichtbarkeit und Sichtbarkeit“ irritieren (S. 69).

Einige Aspekte dieser Verhältnisse lassen sich am Paradigma der vieldiskutierten „Systemrelevanz“ erkennen. Während als systemrelevant klassifizierte Aktivitäten von auferlegten Begrenzungen ausgenommen sind, sind Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf als nicht-systemrelevant erachtete Aktivitäten nicht mehr gegeben; gleichsam stehen zuvor „unsichtbare“ systemrelevante Akteure nun im Scheinwerferlicht, verschwinden nicht-systemrelevante Akteure ganz von der Bildfläche. Abgesehen davon, dass mit der Verleihung des Status „systemrelevant“ eine Wertung unterschiedlicher Bereiche des gesellschaftlichen Gefüges einhergeht, deren Angemessenheit und langfristige Konsequenzen zu evaluieren sein werden, ist hier vor allem das Wort „System“ relevant. Denn letztlich geht es dabei um die Frage, welches System aufrechterhalten werden soll – beziehungsweise darum, was sich an ihm ändern sollte.

Mensch und „Natur“

Die Corona-Krise macht deutlich, wie fragil das bis vor einigen Wochen größtenteils noch als intakt wahrgenommene, auf immer größeres Wachstum abzielende System globaler Mobilität und Vernetzung ist, das – so der kamerunische Historiker Achille Mbembe kürzlich in ganz anderem Zusammenhang in der Zeit („Die Welt reparieren“, 23.04.2020) – „das Ergebnis von Zirkulationen, Verpflanzungen und Übertragungen aller Art ist, von unerwarteten Zäsuren und Kontinuitäten“. Entsprechend der Prophezeiungen von Epidemiolog*innen, deren seit Jahren ausgesprochene Warnungen vor genau so einer Pandemie ungekannten Ausmaßes nicht gehört werden wollten, macht nun ein für das menschliche Auge unsichtbares Virus das Ausmaß der Zerstörung von Ökosystemen durch die stets fortschreitende Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Ausbreitung der Spezies Mensch sichtbar. Sie führt uns vor Augen, dass wir Menschen Teil dieser Ökosysteme, Teil der „Natur“ sind und sie eben deswegen maßgeblich verändern, ja auch neue Ökosysteme schaffen, in denen neue Konstellationen von darin lebenden Wesen (einschließlich Viren und Bakterien) entstehen. Nur wenn das anerkannt wird, könnten Entstehung und Ausbreitung von SARS-CoV-2 vielleicht als „Naturkatastrophe“ bezeichnet werden. Diese Anerkennung ist zugleich Voraussetzung dafür, Konsequenzen für bedachtere und wenige invasive Umgangsweisen mit der (Um)welt ziehen zu können, um derartigen Brüchen im System vorzubeugen.

Diese Krise mit ihren außergewöhnlichen Dimensionen, in der alte, aber nicht als dringlich empfundene und neue, im Zuge des Virus entstandene Krisen sich überlagern und einander zuspitzen, ist möglicherweise ein besonders kritischer Wendepunkt, ein Moment der Entscheidung, gemäß der Bedeutung von krísis im Altgriechischen. Während Politikerinnen und Politiker darum ringen, die möglichst „richtigen“ Entscheidungen zu treffen, um die Kurve flach zu halten, und alle damit beschäftigt sind, diese Maßgaben nachzuvollziehen, einzuhalten und die Konsequenzen zu (er)tragen, stehen eher früher als später ganz grundlegendere Entscheidungen darüber an, wie die Menschheit sich selbst überleben will (kann) und wer dazugehören wird (soll). Die dafür dringend notwendige, breite gesellschaftliche Debatte auch auf globaler Ebene – und zwar bevor die Corona-Krise vorbei ist, weil sonst die Dringlichkeit nicht mehr wahrgenommen werden wird – ist nicht nur hierzulande vorsichtig angelaufen. Dass das vor allem mit Blick auf die Klimakrise geschieht, die die Welt wohl noch weit mehr aus den Fugen geraten lassen wird, ist kein Zufall, denn beide Krisen sind je spezifische Ausprägungen der „allgemeinen Krise des Lebendigen im ‚Anthropozän‘“ (Mbembe) und resultieren im Kern daraus, wie die Menschen ihre Beziehungen zu Tieren, Pflanzen und anderen Lebensformen, kurz, ihre Rolle in und Verhältnis zur „Natur“ gestalten – ein komplexes und profund ethnologisches Feld.

Die Ethnologie allein wird keine Antworten auf diese Fragen liefern, aber sie verfügt über die Werkzeuge der Beobachtung und Beschreibung, die dazu beitragen, die Dynamiken der aktuellen Krise zu verstehen. Sie blickt über den Tellerrand hinaus, ohne sich von dem, was auf dem eigenen Teller liegt, abzuwenden und kann Schlüsse ziehen, die Systemrelevanz haben (sollten). Els Lagrou schreibt etwa: „Das große Netz, das Menschen und Nicht-Menschen verbindet, ist zugleich Ursache und Lösung des Problems. Wir erleben, auf globaler Ebene, ein gemeinsames Problem, dessen Lösung auch gemeinsam wird sein müssen. Sie wird sich aus dem interdisziplinären und internationalen Informationsaustausch ergeben, vor allem aber daraus, was wir von anderen Denktraditionen lernen können, die nicht auf der dualistischen Trennung von Natur und Kultur gründen“. Jene dualistische Ontologie, die auf der Opposition zwischen „Subjekt“ und „Objekt“ beruht, „hat die modernistische und kapitalistische Unternehmung und ihre Erfindung einer Maschinerie zur Eroberung der Welt ermöglicht, die selbst die widerstandsfähigsten menschlichen und nichtmenschlichen Minderheiten, die versuchen, an ihren Rändern zu überleben, in ihr Getriebe schlingt“. Die relationalen Ontologien dieser menschlichen (indigenen) Minderheiten „enthalten für den Planeten heute lebenswichtiges Wissen“, nämlich das Wissen darum, dass Menschen, so wie alle Lebewesen, aus unterschiedlichen Wesen, Subjektivitäten und Beziehungen bestehen und „in ein dichtes Gewebe des Mit-Werdens verstrickt sind“.

Globale Polyphonie

Wir sind nicht dazu in der Lage, uns in Amazonaswälder zurückzuziehen, in der Hoffnung, dieses Mal den Gefahren der nisun aus fernen Wäldern zu entfliehen. Auch indigene Gruppen ziehen sich nicht in eine vermeintlich unkontaminierte Natur zurück, mit der sie in Einklang leben. Im Gegenteil: Die in der dualistischen Ontologie verhaftete idealisierende Vorstellung einer unberührten, „wilden“ und somit zum Objekt gemachten Natur, die vor menschlichem Einfluss geschützt werden muss, ist vor allem deshalb irreführend, weil Menschen immer schon Einfluss auf ihre Umwelt genommen haben. Der Beginn des „Anthropozäns“ ist weit vor dem 20., 19. oder 16. Jahrhundert anzusetzen, wie insbesondere archäologische und ethnologische Forschungen im Amazonasgebiet zunehmend facettenreicher zeigen. Die dortigen Wälder sind über tausende von Jahren entstandene anthropogene Landschaften, die in ihrer heutigen Form nur durch die kontinuierliche Manipulation der darin lebenden Menschen existieren, die diese Landschaften studieren, durch sie erinnern und in ihnen Geschichte lesen. Statt mit Einklang haben wir es, mit der Anthropologin Anna Tsing gesprochen, mit „polyphonen Gefügen“ von Melodien und Rhythmen verschiedener Subjektivitäten in menschlicher und nicht-menschlicher Gestalt zu tun, die – mal harmonisch, mal dissonant – zusammenspielen, sich begegnen und damit gegenseitig kontaminieren und verändern (Der Pilz am Ende der Welt, 2019, Matthes & Seitz, S. 39-48). Die relationalen Ontologien indigener Gruppen basieren darauf, dass sie nicht nur ihre eigene Stimme, sondern die Gesamtpartitur des jeweiligen polyphonen Gefüges kennen, ohne für sich die Position einer Dirigentin zu beanspruchen. Die ihr spezifisches polyphones Gefüge transzendierenden Stimmen der nisun der Fledermäuse aus chinesischen Wäldern sind zum dominierenden Motiv der derzeit recht dissonanten, eher durchimprovisierten als -komponierten Durchführung der komplexen globalen Fuge avanciert. Während sich neue Konsonanzen einspielen, können wir beim nächsten Spaziergang durch hiesige Wälder vermeiden zu denken, wir gingen „in die Natur“, als ob sie etwas uns Fremdes, von uns Abgeschnittenes wäre, und überlegen, wo unsere Handlungsspielräume liegen, welche Fäden wir spinnen können, um dem zerreißenden sozial-natürlichen Gewebe eine außergewöhnlich neue, reißfestere Struktur zu verleihen und damit der von Mbembe artikulierten „Utopie einer Weltreparatur und der universellen Versöhnung“ näher zu kommen und „die sich daraus ergebende Idee des ‚Gemeinsamen‘“ ohne Grenzen zwischen Kultur und Natur, Subjekt und Objekt, dem Wir und dem Anderen zu verwirklichen.

 

Die Autorin

Naomi Rattunde promoviert in Altamerikanistik/Ethnologie mit einer Arbeit über die Bedeutungen von Perlenketten in mitunter krisenhaften Aushandlungsprozessen zwischen dem Eigenen und dem Anderen am Beispiel zweier indigener Gruppen in Ecuador. Die Arbeit ist Teil des BMBF-finanzierten Verbundprojektes „SiSi“ (Sinnüberschuss und Sinnreduktion von, durch und mit Objekten. Materialität von Kulturtechniken zur Bewältigung des Außergewöhnlichen).

 

Lebenszeichen – Wir bleiben im Gespräch! 

Das Dezernat für Hochschulkommunikation veröffentlicht unter dem Titel: „Lebenszeichen – Wir bleiben im Gespräch!“ Beiträge aus der Universität Bonn, die unter dem Eindruck der Bekämpfung des Coronavirus und der daraus resultierenden Bedingungen entstanden sind. Als Bildungseinrichtung will die Universität Bonn damit auch in schwierigen Zeiten im Diskurs bleiben und die universitäre Gemeinschaft fördern. In loser Folge erscheinen dazu auf der Website der Universität Bonn Beiträge von Universitätsangehörigen, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, Dialoge in Gang setzen, Tipps und Denkanstöße austauschen wollen. Wer dazu beitragen möchte, wendet sich bitte an das Dezernat für Hochschulkommunikation, kommunikation@uni-bonn.de.

 

Wird geladen