30. Oktober 2018

Der lange Marsch zur Emanzipation Der lange Marsch zur Emanzipation: Geschichte der Frauen an und im Umfeld der Universität Bonn

Buch beleuchtet Geschichte der Frauen an und im Umfeld der Universität Bonn

Einen historischen Querschnitt zur Geschichte der Frauen an und im Umfeld der Universität Bonn von 1818 bis 2018 liefert der neu erschienene Band 9 der Bonner Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte, der jetzt unter dem Titel „Doch plötzlich jetzt emanzipiert will Wissenschaft sie treiben.“ im Verlag V&R unipress/Bonn University Press erschienen ist. Herausgegeben wird der Band von der früheren Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bonn, Ursula Mättig, sowie von der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Ines Neffgen und Prof. Dr. Andrea Stieldorf vom Institut für Geschichtswissenschaft.

Frauen an der Universität Bonn
Frauen an der Universität Bonn - Ursula Mättig (li.) und Prof. Dr. Andrea Stieldorf haben ihr Buch bei der Präsentation der Festschrift zum 200-jährigen Bestehen der Universität Bonn vorgestellt. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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In den ersten 100 Jahren der Bonner Universität spielen Frauen auf den ersten Blick keine Rolle. Ihnen war zu dieser Zeit weder ein Studium noch die Ausübung von Lehre oder Forschung erlaubt. Fündig wurden die Wissenschaftlerinnen in dieser Periode dennoch: Frauen übernehmen auch schon im 19. Jahrhundert kulturelle und soziale Aufgaben. Das gilt insbesondere für die Gattinnen der Professoren – ein bislang weitgehend unbearbeitetes Forschungsfeld.

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts öffnet sich die Universität Bonn auch für Studentinnen, die ab 1908 in Prueßen zum Studium zugelassen wurden, und für weibliches Personal. Auch später gibt es noch manches Hindernis zu überwinden: Die neue Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre bewirkt auch in Bonn einen Wandel, der in der Institutionalisierung von Frauenforschung, Frauenpolitik und -förderung mündet und der bis heute andauert. Diese Zeit ist wissenschaftlich bereits gut untersucht: So liegen Forschungsarbeiten zu 100 Jahre Frauenstudium und über die Alltagserfahrungen von Studentinnen zu Beginn des 20 Jahrhunderts vor sowie Arbeiten über Wissenschaftlerinnen, die entweder Pionierinnen eines Faches waren oder herausragendes geleistet hatten.

Wenig wissenschaftliche Beachtung fanden bisher jedoch die politischen und emanzipatorischen Aktivitäten von Frauen ab den 1960-er Jahren in der Universität und der Stadt Bonn und ihr jahrzehntelanger Einsatz für Frauenforschung, -studium und -förderung. Die ehemalige Gleichstellungsbeauftragte Ursula Mättig sagt: „Gegen viele Widerstände und auch Gespött wurde vieles erreicht. Verschriftlicht fand sich hier und da in den Archiven etwas: Erstmals wurde dies nun aufgearbeitet.“ Die Idee, darüber hinaus auch einmal das 19. Jahrhundert genauer zu beleuchten, hatte Ursula Mättig noch in ihrer Amtszeit. Dass Sie gut ein Jahr vor Beginn des 200-jährigen Jubiläumsjahrs aus dem Dienst schied, erwies sich als Glücksfall, denn so hatte sie Zeit, das Projekt mit Nachdruck – und mit der Unterstützung von Ines Neffgen und Prof. Dr. Andrea Stieldorf – zu verfolgen.

Möglich wurde das Projekt auch durch einen Perspektivwechsel, sagt Prof. Stieldorf: „Wir haben die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte weiter aufgefasst, indem wir auch die Lebenswelt von Wissenschaftlern untersucht, also ihre Familien, und damit auch Mütter, Frauen und Töchter in den Blick genommen haben.“

Am Beginn des Buchprojekts stand auch ein Presseaufruf, der zwar viel Material über Bonner Professorenfamilien brachte, aber nur wenig Spezifisches aber über die Gattinnen. Viel schriftliches Material fanden die Wissenschaftlerinnen im Bonner Universitätsarchiv sowie im Stadtarchiv: Aus Fakultätsgeschichten, Biografien, Briefen, Protokollen von Senats- und Fakultätssitzungen, Akten und Veröffentlichungen des AStA und Vorlesungsverzeichnissen fügte sich langsam ein mosaikartiges Bild zusammen. Weiteres Material konnte aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin sowie dem Landesarchiv NRW in Duisburg gewonnen werden.

Dabei zeigte sich nicht nur die Bedeutung der Professorenfrauen und -töchter für das gesellschaftliche Leben der Universität, sondern auch ihr Interesse an Bildung und Teilhabe an der Wissenschaft. Stieldorf fügt an: „All diese verschiedenen Facetten fügen sich ein in das sehr breit angelegte Konzept der ‚Wissensgeschichte‘.“ Gerahmt wurden die auf Bonn bezogenen Beiträge darum durch eine allgemeine Übersicht zu den Bildungsmöglichkeiten und Chancen von Frauen in Mittelalter und Früher Neuzeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts und einen Beitrag zu Gleichstellungspolitik und Diversity Management, der heutige Fragestellungen aufgreift und einen Ausblick in die Zukunft gibt. „Unser eigentliches Ziel ist es, weitere Arbeiten zu Frauen an und im Umfeld der Universität Bonn anzuregen“, betont Prof. Stieldorf.

Publikation:
„Doch plötzlich jetzt emanzipiert will Wissenschaft sie treiben.“
Frauen an der Universität Bonn (1818-2018)
ISBN 978-3-8471-0894-8, 270 Seiten, 30 Euro


Kontakt für die Medien:
Ursula Mättig
E-Mail: ursula.maettig@gmail.com

Prof. Dr. Andre Stieldorf
Tel.: 0228/73-5031
E-Mail: andrea.stieldorf@uni-bonn.de

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