21. Mai 2020

OSCE: Standardisierte Prüfungen für mehr Qualität und Diversität OSCE: Prüfungen für mehr Qualität und Diversität

objective structured clinical examination, OSCE: Uni Bonn wird Pilotstandort.

Das klassische Prüfungsgespräch wird in der Medizinischen Fakultät immer öfter von praktischen Übungen und Präsentationen abgelöst. OSCE bedeutet objective structured clinical examination. Entsprechend sind Prüfungsabläufe durch OSCE standardisiert. An der Uni Bonn sind sie nun auch digitalisiert. Im Video zeigt uni-bonn.tv eine reale OSCE-Prüfung im Medizinstudium aus dem letzten Wintersemester. Im Interview schildert Dr. Bernhard Steinweg, Geschäftsführer des Studiendekanats der Medizinischen Fakultät, welche Bedeutung OSCE inzwischen für Prüfungen hat.

OSCE: Ärztliche Praxis leben in der Prüfung.
OSCE: Ärztliche Praxis leben in der Prüfung. © Foto: Gunar Peters / Uni Bonn
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Wie unterscheidet sich die OSCE-Prüfung vom klassischen Prüfungsgespräch?

Es werden gezielt klinisch-praktische Fertigkeiten geprüft, welche für die spätere Tätigkeit des Arztes oder der Ärztin relevant sind, beispielsweise die Arzt-Patienten-Kommunikation, auch Untersuchungstechniken, die Beurteilung von Befunden in Form von EKG oder Röntgen-Bildern und nicht zuletzt auch Wiederbelebungsmaßnahmen. In der OSCE-Prüfung bewerten Prüfer*innen anhand von Checklisten die Fertigkeiten der Studierenden möglichst objektiv.? In Medizinprüfungen werden die realen Abläufe simuliert, hier das Patientengespräch. ?

An der Medizinischen Fakultät wurde die OSCE-Prüfung jetzt noch weiterentwickelt. Was heißt das?

Wir setzen nun Tablets zur Datenerfassung ein: Prüfungsergebnisse werden in Echtzeit an einen Server übermittelt. Die Auswertung der Prüfung erfolgt digital und unmittelbar. Die Prüfer*innen haben jetzt mehr Zeit, sich auf die Leistung der Studierenden und ein abschließendes Feedback zu konzentrieren, da sie nicht mehr wie bisher mit der Administration der Prüfung auf Papier beschäftigt sind. Digitalisierung heißt auch, dass Prüfungsteilnehmer*innen individuelle QR-Codes zugeordnet sind. Schließlich sind alle Prüfungsaufgaben in einem Item-Management-System hinterlegt und müssen nicht mehr auf Papier für alle Beteiligten und für alle Durchläufe ausgedruckt werden.

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uni-bonn.tv hat Studierende in ihre OSCE-Prüfungen begleitet.


Zukünftig finden ausnahmslos alle OSCE-Prüfungen tabletbasiert statt, um eine qualitätsgesicherte klinisch-praktische Prüfung zu gewährleisten. Auch für Klausuren werden wir das demnächst pilotieren als Alternative zu papierbasierten oder elektronischen Klausuren.  

Wie stellen sich Prüfer und Prüferinnen auf OSCE-Prüfungen ein?

Alle Prüfer*innen werden in der Zukunft regelmäßig ein standardisiertes Prüfertraining durchlaufen. Dazu bieten wir z. T. jetzt schon verschiedene gestaffelte Prüfertrainings im Rahmen des von mir geleiteten Medizindidaktikprogramms DoT.Med an: 1,5 Tages-Trainings für die Lehr-/ Prüfungsbeauftragten der verschiedenen Fächer oder für diejenigen, die an der Fakultät das Medizindidaktik-Zertifikat NRW absolvieren wollen. Das Training umfasst auf diese Weise die häufigsten Prüfungsformate, praktische Übungen zur Umsetzung, Herausforderungen der Teststatistik sowie rechtliche Rahmenbedingungen der OSCE-Prüfungen.

Dann gibt es so genannte Kompakt-Trainings mit einem Umfang von drei bis vier Stunden, zugeschnitten auf das jeweilige Prüfungsformat und mit einem Fokus auf der praktischen Durchführung. Schließlich soll es Kurztrainings von etwa 30-60 Minuten Umfang geben und wir werden Kurzeinweisungen unmittelbar vor der Prüfung anbieten, beispielsweise zum Ablauf der Prüfung mit Tablet oder dem Prüfen mit Simulationspersonen.

Neu wird sein, dass die Inhalte standardisiert und vereinheitlicht werden in Kooperation mit dem nationalen Medizindidaktik-Netzwerk und dem Institut für Medizinisch-pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP). D. h. es werden national und lokal Multiplikator*innen ausgebildet, die dann an ihren Standorten die Prüfer*innen qualifizieren mit dem Ziel, objektive, reliable und valide Prüfungen durchzuführen. Außerdem werden wir in Abstimmung mit den Lehrverantwortlichen an der Medizinischen Fakultät hier in Bonn ein longitudinales Prüfungskonzept über das gesamte Medizinstudium hinweg implementieren, nicht zuletzt mit verschiedenen, auf die Lernziele abgestimmten Prüfungsformaten. So werden Prüfungen objektiver, valider und reliabler.

Nicht allein Studienleistungen, auch Teile der medizinischen Staatsexamina sollen künftig standardisierte OSCE-Prüfungen sein. Wo steht hier die Medizinische Fakultät der Uni Bonn?

In diesem Entwicklungsprozess ist die Medizinische Fakultät der Uni Bonn aufgrund ihrer bereits bestehenden OSCE-Erfahrungen und der personellen sowie räumlichen Infrastruktur als Pilotstandort vorgesehen. Der Entwurf zur neuen Ärztlichen Approbationsordnung, die 2025 in Kraft treten soll, sieht vor, dass zwei von zukünftig vier Staatsexamensprüfungen ganz (M2) oder anteilig (M4) als OSCE durchgeführt werden, an allen Medizinischen Fakultäten bundesweit.

Wir werden Pilotstandort für die M4-Staatsexamensprüfung sein, also für das letzte Examen nach dem Praktischen Jahr; dies sollte im Herbst 2020 beginnen. Infolge der Pandemie müssen wir das wahrscheinlich verschieben. Wir setzen das in Kooperation mit dem IMPP um, mit dem ich seit einigen Jahren gut zusammenarbeite. Entsprechend werden wir den OSCE am 2. Prüfungstag koordinieren mit einer Mischung sowohl aus den Pflichtfächern Innere Medizin und Chirurgie als auch aus den Wahlfächern, bei insgesamt 10 Stationen. Wir wollen, dass Standardisierung und Digitalisierung mittels OSCE dem Ziel dienen, insgesamt mehr Qualität und Diversität in das Prüfungswesen zu bringen. Darüber hinaus sollen die Prüfungen das abprüfen, was zuvor an Lernzielen entwickelt und in den Lehrveranstaltungen vermittelt wurde im Sinne des so genannten Constructive Alignments.

Noch eine Frage zum Prüfungsablauf im Video: Welche Funktion hat die Trillerpfeife?

Die hier im Video gezeigte OSCE-Prüfung besteht aus einem Parcours mit insgesamt 13 Prüfungsstationen, inklusive 2 Pausenstationen. Die Prüfungszeit beträgt für jede-n 84 Minuten. Pro Station steht eine Prüfungszeit von fünf Minuten zur Verfügung; danach gibt es jeweils eine Minute Wechselzeit. Beginn und Ende der Prüfungszeit wird jeweils mit einem lauten Signalton angezeigt - und wir haben uns hier in Bonn für eine Trillerpfeife entschieden. An anderen Universitäten wird ein Gong eingesetzt oder ein anderes akustisches Signal.  

Ansprechpartner im Studiendekanat der Medizinischen Fakultät:

Dr. med Bernhard Steinweg, MME, Geschäftsführer 

Kathrin Puvogel und Bianca Ackermann, Kompetenzteam Prüfungen

Daniela Korden M. Sc., Prüfungsamt

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