09. März 2018

Ägypten ist Brennpunkt für moderne arabische Kunst Ägypten ist Brennpunkt für moderne arabische Kunst

Der Gründer des Arab Museum of Modern Art in Katar promovierte an der Universität Bonn

Moderne Kunst kam im 20. Jahrhundert hauptsächlich aus Europa nach Ägypten und verbreitete sich von dort in weitere arabische Länder. Vor allem herrschende Schichten importierten die europäischen Kunstwerke und legten Sammlungen an. Scheich Hassan Bin Mohammed Al Thani, Gründer des Arab Museum of Modern Art in Katar, vollzog in seiner Dissertation in Kunstgeschichte an der Universität Bonn den Weg nach, wie sich im vergangenen Jahrhundert erst allmählich eine eigene moderne Richtung ägyptischer Künstler herausprägte. Die mit „valde laudabilis/sehr gut“ bewertete Dissertation wird demnächst veröffentlicht.

Nach der Disputation:
Nach der Disputation: - Scheich Hassan Bin Mohammed Al Thani (zweiter von links) mit Betreuer Prof. Dr. Heinrich-Josef Klein (links), Prof. Dr. Birgit Ulrike Münch und Prof. Dr. Roland Kanz (rechts). © Foto: HBM Office
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Hinsichtlich der Verbreitung moderner Kunstwerke in der arabischen Welt war Ägypten ein Brennpunkt: Die Verbindungen Ägyptens zu Europa setzten im späten 18. Jahrhundert ein, erste akademische Lehrer unterrichteten in dem Land am Nil schon 1908. Eine künstlerische Bewegung institutionalisierte sich dort vor anderen Ländern in der arabischen Welt. „Ägypten war während des 20. Jahrhunderts das arabische Land, in dem die meisten Künstler westlicher Art arbeiteten“, sagt Scheich Hassan Bin Mohammed Al Thani. „Das Spektrum der künstlerischen Produktion zeigte sich hier gegenüber anderen Ländern überaus vielfältig.“ Deshalb lag es für Al Thani nahe, in seiner Dissertation in Kunstgeschichte an der Universität Bonn die Entwicklung der modernen arabischen Kunst am Beispiel Ägyptens zu untersuchen.

Das 20. Jahrhundert lässt sich demzufolge generell in drei Abschnitte einteilen: Bis zu den 1950er Jahren prägte die von Europa beeinflusste Generation der Pioniere die moderne Kunst in Ägypten. Die nachfolgende Künstlergeneration betonte dagegen stärker das nationale Moment. Die dritte Generation wiederum wandte sich in einer Gegenbewegung gegen die Vorgänger, bezog aber die Traditionen der Pioniere mit ein. Darüber hinaus beeinflussten sich die Künstler des Mittelmeerraumes gegenseitig, was zu einer besonderen Vielgestaltigkeit führte.

Während Künstler in Europa experimentierten, zeigte Ägypten eine bemerkenswerte Stabilität. In den 50er Jahren erfolgte ein Wechsel in der ägyptischen Gesellschaft mit vielen politischen und sozialen Änderungen. Die Juni-Revolution von nationalistischen ägyptischen Offizieren sorgte dafür, dass sich die reiche Klasse der Adligen, die Kunstwerke sammelte, Künstler förderte und sich Europa verbunden fühlte, zurückzog. Darüber hinaus verließ in den 1960er Jahren eine große Zahl ausländischer Künstler das Land. „Das schwächte den direkten Kontakt zwischen ausländischen und ägyptischen Kunstschaffenden“, berichtet Al Thani.

Abstrakte Malerei als Gegenbewegung

Darauf folgte die sozialistische Orientierung Ägyptens mit Verbindungen zur Sowjetunion. Als Gegenbewegung trat die abstrakte Malerei in den Vordergrund, beginnend mit Mounir Canaan und Ramses Yunan 1962. Dieser Strömung folgten mehrere Künstler. Sie verließen die surrealistische Darstellung und gelangten zu ausschnitthaften Abstraktionen. „Dieser abstrakte `Hurufismus´ führte aber auch zu einer Rückbesinnung auf die Kalligrafie und bezog damit eine andere Tradition mit ein“, sagt Al Thani. Der ägyptische Kulturminister Tharwat Okasha gründete mehrere Museen und legte Wert darauf, dass die Künstler in staatlichen Museen ausstellten, um eine nationale Identität zu fördern. Die 70er Jahre sind geprägt vom Tod Nassers und der darauf folgenden Westorientierung Ägyptens. Mit Farouk Hosni wurde ein Künstler Kulturminister. Er ließ das Museum of Modern Egyptian Art renovieren und 1991 wiedereröffnen. Er wendete sich 1989 gegen das Abhängen von Aktzeichnungen von Inji Aflatoun im Salon Al Nil.

„Für Ägypten als erstem sich der Moderne öffnendem Land im Nahen Osten hat Hassan Bin Mohammed Al Thani in seiner Arbeit eine Fülle von Quellen aufgespürt und ausgewertet, die dem Europäer zumeist verborgen sind und dies mit den komplexen Verästelungen der mannigfachen Vereinigungen von Künstlern und Institutionen und die prägenden Persönlichkeiten dargestellt“, sagt Prof. Dr. Heinrich-Josef Klein, der die Dissertation betreute.

Scheich Hassan Al Thani: Sammler und Museumsgründer

Scheich Hassan Bin Mohammed Al Thani, 1960 in Doha (Katar) geboren, ist ein Künstler, Sammler und Wissenschaftler. 1987 absolvierte er an der Qatar University einen Bachelor in Geschichte, 1997 folgte ein Masterabschluss in Geschichte an der Zakaziq University in Kairo und 2005 der Doktor in Geschichte zum Thema „Die historische Entwicklung des modernen Katar 1811-1871“ an der Ain Shams University in Kairo. Al Thani begann 1986, Kunstwerke aus der arabischen Welt zu sammeln. 1994 eröffnete er sein privates Museum. Mitte der 90er Jahre gründete Al Thani das „Arab Museum of Modern Art“, das nun unter anderen die von ihm gesammelten Kunstwerke ausstellt.

Kontakt für die Medien:

Scheich Hassan Bin Mohammed Al Thani
Katar Stiftung
Tel. +974-44541465
E-Mail: shadi@qf.org.qa

Nach der Disputation:
Nach der Disputation: - Scheich Hassan Bin Mohammed Al Thani (zweiter von links) mit Betreuer Prof. Dr. Heinrich-Josef Klein (links), Prof. Dr. Birgit Ulrike Münch und Prof. Dr. Roland Kanz (rechts). © Foto: HBM Office
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