25. März 2015

Dank Lungenventilen kann er wieder frei atmen Dank Lungenventilen kann er wieder frei atmen

Bonner Ärzte reduzieren erfolgreich Lungenüberblähung mit neuartiger Methode

Nur schwer atmend schaffte Wolf-Dieter M. die letzten Stufen. In letzter Zeit litt er aufgrund eines Lungenemphysems immer mehr unter Atemnot. Pneumologen am Universitätsklinikum Bonn bieten jetzt in der Region eine schonende Alternative zur risikoreichen chirurgischen Entfernung überblähter Lungenbereiche. Dabei verringern implantierte Ventile die Atemnot. Bei 60 Patienten konnten die Bonner Ärzte so deren Ausdauer erhöhen und ihnen ein Stück Lebensqualität wiederbringen.

Endlich Treppensteigen ohne Atemnot:
Endlich Treppensteigen ohne Atemnot: - Wolf-Dieter M. (li) mit seinem Arzt Prof. Dirk Skowasch; © Rolf Müller / UK Bonn
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„Papa, wenn Du es halt nicht kannst“, sagte seine vier Jahre alte Tochter verständig, als Wolf-Dieter M. wieder einmal bereits nach fünf Minuten nicht mehr mit ihr „Flieger“ spielen konnte. Treppensteigen war für ihn der reinste Horror. „Ich musste immer wieder nach ein paar Stufen Pausen einlegen.“ Da der 70-Jährige überhaupt nicht mehr belastbar war, verkaufte er sogar sein Eigenheim. Denn er konnte noch nicht einmal mehr den Rasen mähen. „Ein Gedanke hat mich am Leben gehalten: Du musst für Tochter und Frau da sein.“ So war er auch sofort mit dem Vorschlag der Bonner Pneumologen einverstanden, es mit einer neuartigen Methode zu versuchen. „Es ist eventuell die letzte Hoffnung, die man einem Betroffenen geben kann“, sagt Prof. Dr. Dirk Skowasch, Leiter der Pneumologie an der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Bonn.

Wie bei einem Luftballon die Luft rauslassen

Das Lungenemphysem ist ein schweres Endstadium der Chronischen obstruktiven Bronchitis, kurz COPD. Bei dieser Volkskrankheit, die derzeit weltweit die vierthäufigste Todesursache ist, werden – meist durch langjähriges Rauchen – die Lungenbläschen fortschreitend zerstört. So kann die verbrauchte Luft nicht mehr ausgeatmet werden. Die Lunge bläht sich in den betroffenen Bereichen wie ein Luftballon auf und drückt so auf gesünderes Lungengewebe und Zwerchfell.

An diesem Punkt setzt das junge Verfahren an: Während einer Lungenspiegelung platzieren die Bonner Ärzte Ventile in die Atemwege des am stärksten betroffenen Lungenlappens. Diese öffnen sich beim Ausatmen und Luft kann entweichen. Anderseits kann keine Luft wieder einströmen, da die Ventile sich beim Einatmen schließen. So wird die Überblähung reduziert und die gesunde Lunge kann sich wieder ausbreiten. „Drei von vier Patienten profitieren davon. Innerhalb kürzester Zeit spüren sie bereits ein Abklingen ihrer Atemnot. Die Ventile sind aber kein Wundermittel und können ein Emphysem nicht heilen“, sagt Prof. Skowasch.

Die Anatomie der Lunge muss stimmen

Laut dem Bonner Pneumologen ist die Auswahl der Patienten ein entscheidender Faktor, ob dieser unkomplizierte Eingriff Erfolg hat oder nicht. Denn gibt es unter anderem eine Verbindung zwischen den Lungenlappen, die gewöhnlich aufgrund ihrer Anatomie getrennt sind, kann sich die gewünschte Entlüftung nicht einstellen. „Das lässt sich mit einem offenen Fenster vergleichen. Dann kann trotz der Ventile Luft einströmen“, sagt Prof. Skowasch. Zudem fallen nur Betroffene in die engere Wahl, die mit dem Rauchen aufgehört haben. Sollte sich trotz vorheriger Abklärung nicht der gewünschte Effekt einstellen, können die Ventile auch wieder entfernt werden. Ansonsten verbleiben sie dauerhaft in der Lunge.

„Es geht mir jetzt blendend!“

„Wenn alles passt, gibt es eine 75-prozentige Chance, dass ein Betroffener von den Ventilen profitiert“, betont Prof. Skowasch. Und sein Patient Wolf-Dieter M. gehört dazu: „Es ist toll, was ich alles wieder machen kann. Bei diesem Ergebnis bin ich heilfroh, dass ich der Therapie zugestimmt habe.“ So konnte er seine neue Mietswohnung jetzt selbst renovieren. Vorher wäre nicht daran zu denken gewesen, dass er Wände tapeziert und streicht. Auch genießt er es, wieder ganz für seine Familie da sein und mit seiner kleinen Tochter auch länger spielen zu können. Das einzige was er im Alltag zusätzlich braucht, ist ein mobiler Luftkonzentrator. Und gerne kommt Wolf-Dieter M. zur Kontrolle ins Uniklinikum Bonn. „Es ist einfach phantastisch. Jedes Mal ist meine Atmung besser geworden.“

Kontakt für die Medien:

Prof. Dr. Dirk Skowasch
Leiter der Sektion Pneumologie
Medizinische Klinik II des Universitätsklinikums Bonn
Telefon: 0228/287-16670 oder 15507 (Pforte)
E-Mail: Dirk.Skowasch@ukb.uni-bonn.de

Beim Lungenfunktionstest:
Beim Lungenfunktionstest: - Wolf-Dieter M., Gudrun Tappert und Prof. Dirk Skowasch (v. li.); © Rolf Müller / UK Bonn
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