14. Mai 2020

Zwischen Schnittmustern und Social Media Lebenszeichen: Zwischen Schnittmustern und Social Media

Leben ist das, was passiert, wenn Du eigentlich andere Pläne hast... Das musste auch die Doktorandin der Soziologie, Kathrin Rosi Würtz erfahren, als das Coronavirus auch ihre Promotionspläne durcheinanderwirbelte. Über Soziale Medien hat sich nicht nur gelernt, Mund-Nase-Bedeckungen zu nähen, sondern hält auch den Kontakt zu ihrer wissenschaftlichen Community. Mehr darüber erzählt sie in diesem "Lebenszeichen".

Doktorandin Kathrin Rosi Würtz
Doktorandin Kathrin Rosi Würtz © Foto: privat
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Text: Kathrin Rosi Würtz

 

Es ist 2 Uhr 30 in der Nacht und ich warte auf den Start des Webinars „Conducting Qualitative Fieldwork during Covid-19“. Meine Augen bekomme ich vor Müdigkeit kaum auf, aber die von einer US-amerikanischen Soziologin live präsentierten Inhalte sind für meine Forschungsarbeit enorm wichtig. Ich schreibe seit Oktober 2019 meine Dissertation über Krankenhäuser und wie sich diese via Social Media u.a. als gesunder Arbeitgeber präsentieren.

Im März 2020 wollte ich mit meiner Datensammlung in Form von Face-to-Face-Interviews starten. Die aktuellen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus wirken sich demnach auch auf meinen Promotionsprozess aus. Ein neuer Plan muss her, denn face-to-face kann ich die Interviews momentan nicht durchführen. Die Folgen der Pandemie werden auch für mich spürbar und beeinflussen meine Forschungsarbeit massiv. Aber Abhilfe ist zum Glück in Sicht.

„Du musst das soziologisch sehen“, sagte mir vor ein paar Jahren eine Dozentin aus meinem Fachbereich. Ihre Aussage basierte auf meinem Unmut, weil ein paar organisatorische Dinge in einem Forschungsprojekt über Flashmobs nicht so funktionierten, wie ich es ursprünglich geplant hatte. Der Spruch dieser Soziologin sollte mir in Zukunft des Öfteren hilfreiche Dienste leisten, besonders in Zeiten, in denen die gegebene Situation undurchsichtig erschien. Wie schön, wenn theoretisches Wissen auch einen praktischen Nutzen hat!

Und nun ist es mal wieder soweit und der weise Rat von damals muss wieder herhalten: Das Coronavirus kam scheinbar durch eine Hintertür, die ich – wie so viele - wohl übersehen hatte. Bis vor ein paar Wochen dachte ich, dass meine Forschungspläne eigentlich aufgehen sollten. Für mich heißt es nun, kritisch zu hinterfragen, inwiefern „Goldstandards“ wie das Face-to-Face-Interview bei einem Thema wie dem meinigen überhaupt Sinn machen und welche sinnvollen Alternativen es gibt. Soziologisches Handeln bedeutet für mich, alltägliches Denken aufzubrechen. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, auch methodisch neue Wege zu denken und zu gehen.

Über die mir zur Verfügung stehenden Social-Media-Kanäle stehe ich mit Forschern und Forscherinnen rund um den Globus in Kontakt und suche nach Erfahrungsberichten mit online durchgeführten Interviews. Wie kann ich wissenschaftlich unterfüttern, dass die Online-Variante methodisch eine Berechtigung zur Beantwortung meiner Forschungsfragen hat? Und tatsächlich, ich stehe nicht mehr allein auf weiter Flur, sondern treffe auf einen regen fachlichen Austausch über qualitative Sozialforschung in Zeiten von Covid-19.

Sowohl online als auch offline gut für solche nicht alltäglichen Katastrophen gewappnet zu sein, ist wohl ein schwieriges Unterfangen. Aber hier zeigt sich mal wieder, wie wichtig eine gute Vernetzung über die sozialen Medien sein kann. Über Youtube habe ich mir heute das Nähen von Mund-Nasen-Verdeckungen beigebracht und mich über Facebook mit anderen fleißigen Helfern organisiert, um einen ambulanten Pflegedienst in Bonn zu unterstützen. Auf dem anderen Browserfenster läuft mein Twitter-Feed durch und „füttert“ mich mit Infos und aktuellen Entwicklungen in Sachen „Rethink Qualitative Social Research“. Mit einem offenen Forschergeist und multimedialer Verbundenheit mit Kolleginnen und Kollegen weltweit lässt sich diese Krise hoffentlich gut meistern.

Unser Doktoranden-Kolloquium in der Soziologie findet mittlerweile über "Zoom" statt. Auch in diesem Wirkungsfeld heißt es für mich, neue Kompetenzen aufzubauen und gewohnte Arbeitsabläufe anders zu organisieren. Denn über eine Bildschirmpräsentation via Zoom ist die Aufmerksamkeitsspanne meiner „Audience“ kürzer. Ich als „Presenterin“ habe mich dafür entschieden, die Interaktion zwischen mir und meinen Zuhörerinnen und Zuhörern noch stärker in den Vordergrund zu stellen. Und tatsächlich ist dieses virtuelle Präsentationstraining auch für spätere reale Sessions unseres Doktoranden-Kolloquiums eine gute Übung. In diesem Sinn kann ich in Zeiten von Corona nur empfehlen: Stay connected and socialize online!

 

Die Autorin

Kathrin Rosi Würtz, M.A. absolvierte ihr Magisterstudium an der Universität Bonn in den Fächern Soziologie, Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Kommunikationsforschung und Phonetik. Seit dem Wintersemester 2019/2020 promoviert sie als externe Doktorandin am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn. Im Fokus ihrer Doktorarbeit stehen soziale Medien und ihre Verwendung in der Unternehmenskommunikation von Krankenhäusern. Weitere Informationen: www.healthyhospital.de

Kontakt: post@rosiwuertz.com

Doktorandin Kathrin Rosi Würtz Foto: privat

 

Lebenszeichen – Wir bleiben im Gespräch! 

Das Dezernat für Hochschulkommunikation veröffentlicht unter dem Titel: „Lebenszeichen – Wir bleiben im Gespräch!“ Beiträge aus der Universität Bonn, die unter dem Eindruck der Bekämpfung des Coronavirus und der daraus resultierenden Bedingungen entstanden sind. Als Bildungseinrichtung will die Universität Bonn damit auch in schwierigen Zeiten im Diskurs bleiben und die universitäre Gemeinschaft fördern. In loser Folge erscheinen dazu auf der Website der Universität Bonn Beiträge von Universitätsangehörigen, die das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, Dialoge in Gang setzen, Tipps und Denkanstöße austauschen wollen. Wer dazu beitragen möchte, wendet sich bitte an das Dezernat für Hochschulkommunikation, kommunikation@uni-bonn.de.

 

 

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