Wie hat man sich eine solche Agroforstwirtschaft vorzustellen: unten Salat und oben ein Apfelbaum?
Gerne Salat und Apfelbäume, aber meist eher Baumreihen. In der Agroforstwirtschaft gibt es eine Vielzahl von Ansätzen. Es werden etwa Pappeln oder Obstbäumen mit landwirtschaftlichen Flächen kombiniert. Es können aber auch Kühe, Schafe oder Schweine unter den Bäumen weiden. Zur energetischen Nutzung können auch schnellwachsende Gehölze in Form von Streifen angepflanzt werden.
Welche Vorteile bringt die Agroforstwirtschaft?
Sie reichen vom Erosionsschutz über eine Verbesserung der Biodiversität und des Wasserhaushaltes bis hin zur Anpassung an den Klimawandel und zum Klimaschutz.
Gibt es bereits Beispiele für Agroforstwirtschaft in Deutschland?
Ja, eine ganze Menge, und es werden immer mehr. Hier eine Karte dazu: https://defaf.map.agroforestry-map.eu/de#5.31/51.333/10.437
Auf welche Weise wird bei der Agroforstwirtschaft CO2 aus der Luft gebunden?
CO2 sammelt sich in der oberirdischen Biomasse, in den Wurzeln und auch im Boden, der unter Bäumen viel weniger gestört wird als auf dem Acker. Landschaften mit viel Agroforst enthalten eindeutig sehr viel mehr Kohlenstoff als dieselben Landschaften mit reinem Ackerbau.
Wieviel CO2 lässt sich mit so einer Agroforstwirtschaft pro Hektar binden?
Pro Hektar und Jahr würde ich das Potenzial auf bis zu 15 Tonnen schätzen. Das kommt aber sehr darauf an, um welches System es sich handelt und wie gut alles wächst. Zum Vergleich: Der CO2-Fußabdruck einer Person in Deutschland liegt bei ungefähr 10 Tonnen pro Jahr.
Um was geht es beim Projekt „Agroforestry’s Biophysical potentials for CDR and Decision making across scales“ (ABCDR) genau?
Es geht darum, das Potenzial der Agroforstwirtschaft zur Bindung von CO2 aus der Atmosphäre zu untersuchen. Am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung wird dies mit Hilfe bestehender Modelle (LPJmL und MAgPIE) großflächig abgeschätzt.
Wer leitet das Gesamtprojekt?
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Unser Teilprojekt leiten wir. Wir arbeiten aber eng mit den Kollegen am PIK zusammen und treffen uns regelmäßig. ABCDR ist wiederum ein Einzelvorhaben im CDRterra-Programm.
Was ist Ihr Part in diesem Projekt?
In unserem Teilprojekt geht es um die Skala auf Bauernhof-Ebene. Unser Team, hauptsächlich angetrieben durch Dr. Marcos Jimenez-Martinez, modellierte dabei mit unserem Entscheidungsanalyse-Ansatz die Auswirkungen der Agroforstwirtschaft auf einen landwirtschaftlichen Betrieb. Besonderes Augenmerk lag dabei auf Umsetzungsbarrieren. Wir haben durch Stakeholder-Workshops und Betriebsbesuche konzeptionelle Modelle der Agroforstergebnisse entwickelt, die wir dann in mathematische Modelle für Simulationen überführt haben.
Wie können die Resultate dazu beitragen, CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen?
Die Ergebnisse können politische Entscheidungsträger dabei unterstützen, das große Potenzial von Agroforstwirtschaft realistisch einzuschätzen. Daraus können sie dann geeignete Fördermaßnahmen ableiten.
Wie nah sind Sie an einer Anwendung?
Die Ergebnisse verwenden wir bereits im Dialog mit Politik-Schaffenden, Landwirtschaftskammern etc. Diese sind die vorgesehenen „next users“ unserer politikorientierten Studien.
Was sind die nächsten Schritte?
Es wird vermutlich ein Folgeprojekt geben, in dem wir unsere Methodik auf weitere Landnutzungsformen anwenden wollen. Darüber hinaus tragen wir unsere Ergebnisse über unsere Netzwerke in Richtung Entscheidungsträger weiter.
Informationen zu CDRterra: https://cdrterra.de/ergebnisse-phase-1/
Informationen zur Forschung von Prof. Dr. Eike Lüdeling: https://www.gartenbauwissenschaften.uni-bonn.de/en