Der Grundstein kam bei den Aushubarbeiten zum Anlegen der Gräben für die Grundleitungsverlegung im neuen Zugangsbereich der Rotunde zum Vorschein. Schon zuvor war den Fachingenieuren ein ungewöhnlicher Entlastungsbogen oberhalb des Mauerwerks aufgefallen – ein Hinweis auf eine verborgene Besonderheit.
Spannender Blick ins Innere
Beim Öffnen des Grundsteins kam eine Bleiplatte mit der Jahreszahl 1822 zum Vorschein. Das Gebäude selbst wurde in den Jahren 1824 bis 1825 fertiggestellt. Die Inschrift lässt darauf schließen, dass die Grundsteinlegung ein bedeutendes Ereignis war, zu der namhafte Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft zusammenkamen; auch die „Bauleute“ sind benannt:
AM
I. AUGUST MDCCCXXII [1822]
im
XXV [25.] JAHRE DER REGIERUNG
FRIEDRICH WILHELM III.
KOENIGS von PREUSSEN.
ALS DA WAREN:
STAATSKANZLER CARL FUERST HARDENBERG,
MINISTER DES KULTUS ALTENSTEIN,
DER GEH: REG: RATH: u. CURATOR REHFUES,
RECTOR GRATZ,
PROFESSOR DER ANATOMIE MAYER,
OBERBUERGERMEISTER WINDECK,
wurde
ZUR ERBAUUNG EINES ANATOMIE GEBAEUDES
DIESER GRUNDSTEIN GELEGT.
BAULEUTE WAREN:
BAUINSPECTOR WAESEMANN,
BAUCONDUC:STIER LD LEYDEL,
BAUELEV BRAMBACH,
MAURMT: QUANTIUS
Das Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) hat den Fund dokumentiert und wertet ihn nun gemeinsam mit dem LVR-Landesmuseum Bonn wissenschaftlich aus.
Damit die vorgesehenen Leitungen nun normgerecht verlegt werden können, wurde gemeinsam mit dem LVR vereinbart, den Grundstein nach der Dokumentation etwas tiefer wieder einzubauen. Das Fundstück wurde wieder zurückgelegt und behält damit seinen vorgesehenen Platz im Grundstein.
„Dieser Fund ist wie eine Zeitkapsel. Er erlaubt uns einen seltenen Blick zurück und auf die Menschen, die dieses Gebäude einst errichtet haben“, so Michael Neuß, technischer Leiter der zuständigen BLB NRW-Niederlassung Köln. „Mit dem Fund Erinnerungen aus der Errichtungszeit wieder ans Licht, während wir das Gebäude sanieren und nach modernen Standards für kommende Generationen von Forschenden erhalten.“
Über 200 Jahre Wissenschaftsgeschichte
Das heutige Akademische Kunstmuseum blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Nach seiner Errichtung diente es zunächst mehr als fünf Jahrzehnte lang als Anatomisches Institut, bevor es 1885 zum Institut für Klassische Archäologie umgewidmet wurde. Die dort untergebrachte und wegen der Sanierungsarbeiten aktuell ausgelagerte antike Sammlung umfasst heute über 30.000 Exponate und ist eine der ältesten Deutschlands.
„Der Grundstein von 1822 ist mehr als ein archäologischer Fund – er ist ein Symbol für die lange und lebendige Geschichte unserer Universität“, erklärt Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch. „Vor über 200 Jahren wurde hier einer der ersten Neubauten unserer Alma Mater überhaupt errichtet, der Generationen von Forschenden prägen sollte. Dieser Grundstein erinnert uns daran, auf welch starken Fundamenten und herausragender Tradition wir heute als weltweit renommierte Exzellenzuniversität stehen.“
„Selbst für erfahrene Archäologinnen und Archäologen ist die Entdeckung eines Grundsteins ein außergewöhnliches Ereignis“, sagt Joanna Chanko M.A., die zuständige Wissenschaftliche Referentin vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland. „Die enorme Größe von 90 cm Länge und 60 cm Höhe sowie die Materialität aus einem bearbeiteten, silikatischen, mutmaßlich magmatischen Gestein weckten sofort das Interesse aller Beteiligten. Dass sich bei der Öffnung in den Restaurierungswerkstätten des LVR-Landesmuseums Bonn ausschließlich die Bleitafel im Innern befand, war eine Überraschung. Wir alle hatten – wie üblich – noch Zeitungen vom Tag der Grundsteinlegung und Münzen erwartet. Diese ersetzt hier die Bleitafel mit ihrer ausführlichen, schön gestalteten Inschrift.“
Die zweihundertjährige Geschichte des Akademische Kunstmuseums ist eng mit Persönlichkeiten wie Friedrich Gottlieb Welcker, Otto Jahn und Reinhard Kekulé von Stradonitz verbunden, die im 19. Jahrhundert die Grundlagen für seine wissenschaftliche Bedeutung legten. Später prägten Gelehrte wie Georg Loeschcke, Franz Winter, Richard Delbrueck, Ernst Langlotz und Nikolaus Himmelmann das Haus und machten es zu einem international anerkannten Zentrum der Archäologie und Kunstgeschichte.
Bilder in druckfähiger Qualität stehen Ihnen zum Download hier zur Verfügung:
https://membox.nrw.de/index.php/s/N7KxjWrZAL0Jp3s
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