24. November 2022

Start-Up Story: Mit KI und Köpfchen - kiresult Start-Up Story: Mit KI und Köpfchen - kiresult

Künstliche Intelligenz schafft Transparenz für den Einkauf

Die Bonner Studierenden Dustin Lang und Nils Stausberg haben 2020 gemeinsam mit ihrem Freund Fabian Kittel das Start-Up kiresult gegründet. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz bieten sie eine Lösung für bessere Datenanalyse und Kostenoptimierung - speziell für den Einkauf von großen und mittelständischen Unternehmen. Heute sitzen Dustin Lang, der parallel seinen Abschluss in Rechtswissenschaften macht, und Nils Stausberg, der zeitgleich in Physik promoviert, als Geschäftsführer des Unternehmens im Co-Working-Büro des Transfer Centers enaCom. Mit ihrer Plattform wollen sie zum führenden Anbieter werden, wenn es um Digitalisierung im Einkauf geht. Das NRW-Gründerstipendium und die Teilnahme am Telekom TechBoost Accelerator haben sie für ihr Vorhaben schon erhalten. Mit enaCom sprechen sie über ihre Anfänge, über die Rolle und Akzeptanz von KI in Unternehmen und ihre Bindung zur Universität Bonn.

Die Gründer des Start-Up kiresult
Die Gründer des Start-Up kiresult - Dustin Lang, Nils Stausberg, Fabian Kittel (v.l.n.r.) © kiresult
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enaCom: Schnell steigende Preise sind aktuell für den Einkauf eine besondere Herausforderung. Mithilfe spezialisierter KI-Algorithmen löst Ihr das weit verbreitete Problem der schlechten Datenqualität in Einkaufsabteilungen. Wie seid Ihr auf diese Idee gekommen?

kiresult: Die Idee kam uns während der gemeinsamen Arbeit in Projekten mit einer Unternehmensberatung, die auf den Einkauf spezialisiert ist. Dort hatten wir das Ziel, mithilfe von Datenanalysen sowohl die Basis zur Kostenoptimierung zu schaffen, als auch einen besseren Überblick über Risiken in Lieferketten zu geben. Dabei haben wir schnell gemerkt, dass zwar viel über datenbasierte Entscheidungen und Künstliche Intelligenz gesprochen wird, man in der Praxis dann aber vor dem Problem steht, dass (Stamm-)Daten nicht ausreichend gepflegt sind und somit keine Grundlage zur Nutzung dieser Potenziale besteht. Als Faustformel lässt sich sagen, dass 80% des Aufwandes für Analysen in die Bereinigung der Daten investiert wird, nur 20% für die Analyse selbst. 

Also haben wir Algorithmen entwickelt, die Rechnungen eines Unternehmens kategorisieren und damit eine gute Grundlage für Analysen schaffen. Das gibt unseren Kunden die Möglichkeit, Kosten zu sparen und die Versorgungssicherheit zu verbessern – Themen, die aktueller denn je sind.

enaCom: Der Einkauf steht aktuell aufgrund sich schnell verändernder, steigender Preise und immer noch bestehenden Lieferkettenengpässen unter besonderem Druck. Hat dies Auswirkungen auf Eure Tätigkeit?

kiresult: Wir erleben aufgrund der aktuellen Lage sowohl negative als auch positive Rückmeldungen. Einkaufsabteilungen sind tatsächlich aktuell so stark unter Druck wie selten. Auf der anderen Seite liegen hier natürlich aber auch Chancen, den Mehrwert der Einkaufs-Funktion deutlich zu machen. In Gesprächen mit Einkaufsleiter*innen hören wir zum Teil, dass weniger Zeit für strategische Initiativen bleibt und Budgets für externe Projekte schmaler werden. Gleichzeitig merken wir aber auch, dass gerade in der aktuellen Phase die Mehrwerte von unserem Produkt wahrgenommen und geschätzt werden. Viele Unternehmen überlegen also, trotz sinkender Budgets in unsere Lösungen zu investieren, weil sich dies mittelfristig auszahlt. So profitieren wir auch von der aktuellen Lage, die ja je nach Branche der Unternehmen unterschiedlich starke Auswirkungen hat.

enaCom: Inwiefern begegnet Ihr Akzeptanzproblemen in Bezug auf KI?

kiresult: Das ist ein wichtiges Problem, das wir sehr ernst nehmen. Viele Gesprächspartner und Interessenten haben zunächst Vorbehalte dagegen, ihre Entscheidungen und alltägliche Arbeit auf Erkenntnisse zu stützen die sie nicht selbst ausgearbeitet haben, sondern eine KI. Hier ist auch häufig von der berühmten „Blackbox“ die Rede, was bedeutet, dass die Gründe für eine Entscheidungsfindung nicht transparent sind.

Wir begegnen dem dadurch, dass wir in unserer Software ein Modul integriert haben, das genau zeigt, worauf die Algorithmen eine Entscheidung gestützt haben. Bei Bedarf kann der Anwender hier auch stets eingreifen und die KI mit eigenen Regeln korrigieren und nachtrainieren. Das erzeugt Akzeptanz und gibt zudem die Möglichkeit, das Produkt stark auf das eigene Unternehmen zu personalisieren.

Im Endeffekt ist es für uns und auch den Kunden aber entscheidend, dass das Ergebnis eine gute und valide Datenanalyse ist. Wenn Kunden dies auf den eigenen Daten sehen, ist der Weg dahin und die Technologie häufig kein großes Akzeptanzproblem mehr.

enaCom: Ihr habt 2020 gegründet und habt erste große Kunden. In den letzten drei Jahren hat sich der Vertrieb umfassend verändert: Viele Messen sind ausgefallen, persönliche Kontakte waren beschränkt und Kundengewinnung für junge Start-ups ist insbesondere im B2B-Geschäft herausfordernd. Ihr seid im B2B-Business mit Großunternehmen und Mittelständlern unterwegs, wie kommt Ihr dort als „jüngere“ Unternehmer ins Geschäft bzw. wie gewinnt Ihr Eure Kunden?

kiresult: Gerade zu Beginn haben wir stark auf unser eigenes Netzwerk gesetzt und hier Kontakten aus der Zielgruppe immer wieder unseren aktuellen Entwicklungsstand vorgestellt. Dadurch konnten wir bereits in einem frühen Stadium Feedback und erste Pilotkunden gewinnen, die uns in der Entwicklung stark geholfen haben. Zudem arbeiten wir mit Partnern, wie beispielsweise Unternehmensberatungen oder Private-Equity-Fonds, zusammen, die bereits einen größeren Kundenstamm und Anwendungsfälle haben.

Darüber hinaus setzen wir stark auf LinkedIn als soziales Medium der Arbeitswelt. Hier sind wir sehr präsent und versuchen mit Inhalten, die unsere Zielgruppe bewegen, unsere Bekanntheit zu vergrößern und Kontakte zu knüpfen. Gerade durch den Wegfall von Messen ist dies für uns ein wichtiger Kanal, um mit Kunden in den Kontakt zu kommen. Sofern nun wieder Messen stattfinden, werden wir dort aber auch in Präsenz vertreten sein.

enaCom: Ihr habt nicht direkt im Bereich Eures Studiums gegründet. Dustin, Du hast Rechtswissenschaften studiert, Nils, Du promovierst in Physik. Inwiefern hat Euch dies auf die Gründung vorbereitet?

kiresult: Das Studium hat uns – selbst wenn es nicht im direkten Zusammenhang steht – stark als Grundlage für die Gründung geholfen.

Im fachlichen Sinne helfen uns die Inhalte zum Teil direkt weiter: bei Dustin etwa, wenn es um rechtliche Themen rund die Gründung selbst oder administrativer Art ging. Nils hingegen hilft sein technisches Verständnis aus dem Studium stark bei seiner Rolle als Entwickler unserer Algorithmen und der Technologie selbst.

Daneben können wir aber auch auf den gelernten Soft-Skills aus dem Studium aufbauen und das nötige Maß an Selbstorganisation und Disziplin darf ebenfalls nicht unterschätzt werden.

enaCom: Nils, hat das Thema Deiner Promotion mit der Gründung zu tun? Und wieweit wirkt sich die Gründung auf deine Promotion aus (im Guten wie im Schlechten)?

Nils: Ich promoviere in der Physik und betreibe Grundlagenforschung. In der Forschungsgruppe untersuchen wir die Wechselwirkung zwischen sehr kleinen Teilchen, um mehr über eine elementare Kraft im Universum zu erfahren. Thematisch könnte das nicht weiter vom Einkauf entfernt sein, aber es gibt Gemeinsamkeiten in der Methodik. Durch meine Promotion bin ich es gewohnt, mit großen Datenmengen umzugehen, diese in Software aufzubereiten und zu analysieren.

Die Gründung bildet ein gewisses Gegengewicht zu der sonst sehr wissenschaftlichen Tätigkeit. Die Gründung erlaubt es mir, über den Tellerrand zu schauen und Erfahrungen in anderen Bereichen zu sammeln, was sich auch positiv auf die Arbeitsweise in meiner Promotion auswirkt. Aber natürlich erfordert das alles ein gutes Zeitmanagement und die eine oder andere Überstunde.

enaCom: Viele Gründer*innen zögern über ihre Idee zu sprechen, weil sie denken, die Idee könnte geklaut werden. Wie war das bei Euch?

kiresult: Das war gerade in der Anfangszeit kein Thema, über das wir viel nachgedacht haben. Hier haben wir uns stark darauf fokussiert erste Lösungen und Prototypen zu entwickeln.

Als wir damit an die ersten Pilotkunden und an den Markt gegangen sind, haben wir dann darauf geachtet, nicht allzu viel über die Methodik hinter der Lösung preis zu geben, jedoch hatten wir auch hier nicht die direkte Sorge, dass die Idee kurzfristig nachgeahmt wird.

enaCom: Ihr wart beide in der studentischen Initiative MarcAurelConsult an der Universität Bonn als studentischer Berater und im Vorstand aktiv. Inwiefern haben dieses Engagement und diese Erfahrung Euch geprägt? Habt Ihr Euch dort kennengelernt?

kiresult: Die Zeit in der studentischen Unternehmensberatung in Bonn war für uns sehr wichtig, weil wir hier neben dem Studium mit echten und relevanten Problemen von Unternehmen in Berührung gekommen sind. Wir durften auch erste Erfahrungen sammeln, wie Prozesse in Unternehmen ablaufen und Lösungsansätze funktionieren können. Das hat sicherlich das Interesse geweckt, mit einem Start-Up in einem ähnlichen Bereich zu arbeiten.

Ja, wir haben uns in dieser Zeit bei MarcAurelConsult kennengelernt. Dort haben wir zusammen an internen und externen Projekten gearbeitet. Dies hat uns gezeigt, dass die Zusammenarbeit gut funktioniert und wir haben das Vertrauen zueinander aufgebaut.

enaCom: Wenn Ihr an die Universität Bonn zurückdenkt – was oder wer hatte insbesondere Einfluss auf Eure Gründung?

kiresult: Kurz nach der Gründung haben wir Kontakt zu der Universität Bonn aufgenommen. Durch das Transfer Center enaCom haben wir schnell und unbürokratisch Unterstützung bekommen und konnten unser erstes Büro an der Brühler Straße in Bonn beziehen. Das hat uns einen weiteren großen Motivationsschub gegeben! Auch jetzt werden wir noch vom gesamten Team des Transfer Centers unterstützt, wofür wir sehr dankbar sind.

enaCom: Ihr habt das NRW-Gründerstipendium erhalten und wart im Tech Boost Startup-Programm der Telekom. Was habt Ihr dort mitgenommen? Wem würdet Ihr dies empfehlen?

kiresult: Das NRW-Gründerstipendium war gerade für die ganz frühe Phase der Gründung eine sehr gute Stütze, um sich geringere Sorgen um den monatlichen Lebensunterhalt zu machen. Dieses Programm schafft aus unserer Sicht für jeden Gründer schnellen und unkomplizierten Mehrwert und ist deshalb jedem dringend zu empfehlen!

Der Telekom TechBoost Accelerator ist ebenfalls eine große Unterstützung für die Anfangsphasen von Start-Ups, die ein Cloud-basiertes Geschäftsmodell haben. Neben dem Support bei Marketing und Vertrieb ist der Hauptbestandteil des Programms, dass Start-Ups für ein Jahr bei den Cloud-Kosten für Telekom-Produkte unterstützt werden – also einem der größten frühen Kostenblöcke. Für uns hat das zudem den guten Nebeneffekt, dass wir ausschließlich auf deutschen Servern arbeiten und damit im Datenschutz- und Datensicherheitsbereich gut aufgestellt sind.

enaCom: Habt Ihr schon immer eine unternehmerische Einstellung verspürt oder hat sich das mit der Zeit und aus der Geschäftsidee entwickelt?

kiresult: Wir waren schon früh während des Studiums an praktischen Erfahrungen und auch unternehmerischen Tätigkeiten interessiert. Dass es dann sofort während des Studiums auf eine eigene Gründung hinausläuft, war uns natürlich noch nicht immer bewusst und auch kein fester Plan. Das hat sich dann mit der Aufmerksamkeit auf das Problem am Markt und einer Idee zur Lösung entwickelt.

enaCom: Wie habt Ihr Euch insbesondere anfangs finanziert? Wie hat sich Euer Geschäftsmodel (weiter-)entwickelt?

kiresult: Wir finanzieren uns als Unternehmen bis zum jetzigen Zeitpunkt aus eigenen Umsätzen. Das war als rein digitales Geschäftsmodell möglich, weil wir keine großen Investitionen - etwa in Maschinen oder Produktionsmittel - tätigen mussten und früh mit einem ersten Produkt an den Markt gegangen sind. Stark geholfen hat uns auch, dass wir die nötigen Kenntnisse zur Programmierung, Produktentwicklung und auch dem Kundenkontakt in unserem Gründerteam selbst haben.

Zu Beginn haben wir unsere Lösungen noch zum größten Teil projektbasiert als Dienstleistung angeboten. Das sah so aus, dass uns Kunden ihre Daten geschickt haben und wir mit Analysen zurückgekommen sind. Inzwischen bieten wir die Technologie auf einer Cloud-Plattform als Software-as-a-Service-Lösung an, inklusive der Möglichkeit zum eigenen Datenupload und direkten Analysemöglichkeiten. Das hat unser Geschäftsmodell stark verändert, hin zu einem Lizenzmodell und besseren Skalierungsmöglichkeiten.

enaCom: Wo steht Ihr aktuell in Eurer Gründung? Was sind die nächsten großen Schritte und Visionen?

kiresult: Nach einer intensiven Zeit der Weiterentwicklung des Produktes haben wir jetzt eine gute und konkurrenzfähige Software-Plattform entwickelt. Anfang 2022 sind wir mit dieser Lösung an den Markt gegangen und konnten im Laufe des Jahres die ersten drei größeren Kunden gewinnen. Dies stimmt uns sehr zuversichtlich!

Die nächsten Schritte sehen wir klar im Ausbau unserer Bekanntheit am Markt und dementsprechend auch der Kundenbasis. Dabei sollen unser Team und die Plattform weiter wachsen. Letztere soll stärkere Funktionalitäten bekommen und zur führenden Lösung werden, um im Einkauf strategische Entscheidungen zu treffen und die Digitalisierung voranzutreiben. 

enaCom: Was würdet Ihr Gründungsbegeisterten an der Uni Bonn sonst noch raten, die selbst vor der Entscheidung stehen zu gründen?

kiresult: Auf jeden Fall machen! Durch eine Gründung kann man Erfahrungen in Bereichen sammeln, die einem im Studium verwehrt bleiben. Wenn aus der Gründung im schlimmsten Fall nichts wird, geht man nicht mit leeren Händen nach Hause.

Es macht aber Sinn, den Zeitpunkt der wirklichen Gründung – also in den meisten Fällen einer UG oder GmbH - gut zu wählen, um ggf. Aufwand und Kosten zu sparen. Zuvor sollte man sich grundlegende, zentrale Fragen stellen: Gibt es schon ein MVP (Minimum Viable Product) mit dem man starten kann? Muss Kapital aufgenommen werden? Steht ein Pilotkunde vor der Tür? Wenn dies alles abgeklärt ist, dann kann es losgehen!

Hier geht es zur Website von kiresult

Beim Transfer Center enaCom der Uni Bonn seid Ihr sowohl mit einer konkreten Gründungsidee als auch als völlige Neueinsteiger*innen in das Thema Gründen und Unternehmertum genau richtig. Wir unterstützen sowohl Studierende als auch Wissenschaftler*innen, Mitarbeiter*innen und Alumni der Uni.

www.uni-bonn.de/enacom

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