Der Bauplan aller Lebewesen ist in ihrem Erbgut gespeichert. Dieses lagert bei höheren Organismen sicher verpackt im Zellkern. Dort stellt eine Art Kopierer rund um die Uhr Abschriften der Informationen her, die gerade benötigt werden. Diese Kopien bestehen aus Boten-RNA. Sie wandern zur Hülle des Zellkernes und von dort durch die Kernporen in das Zytoplasma der Zellen.
Was auf dem Weg vom Kopierer zu den Poren genau passiert, ist bislang unklar. Die Forscher um Professor Dr. Ulrich Kubitscheck vom Bonner Institut für Physikalische und Theoretische Chemie haben nun ein wenig Licht ins Dunkel gebracht: Sie haben Boten-RNA so behandelt, dass sie bei Bestrahlung mit Laserlicht farbig aufleuchtete. So konnten sie den Weg von einzelnen Molekülen der Erbgut-Abschriften durch ein Lichtmikroskop mit einer Art Hochgeschwindigkeitskamera verfolgen.
„Dabei haben wir entdeckt, dass die Boten-RNA nicht immer gleich schnell vorankommt“, erklärt Kubitscheck. „Zwischenzeitlich wird sie immer wieder auf weniger als ein hundertstel ihrer normalen Geschwindigkeit abgebremst.“ Es muss also eine Art „Bremsklotz“ geben, der die Boten-RNA aufhält. Erstaunlicherweise verlangsamte sich die Bewegung aber auch in Bereichen des Zellkerns, die im Lichtmikroskop scheinbar „leer“ waren. „Für unsere Beobachtung scheinen also submikroskopische Strukturen verantwortlich zu sein.“
Die Studie entkräftet zudem die These, dass es im Zellkern spezielle Transporter gibt, die die Erbgut-Abschriften zu den Kernporen bringen. „Die Wanderung erfolgt durch Diffusion, also die Eigenbewegung der Boten-RNA“, betont Kubitscheck. „Das zeigen unsere Geschwindigkeits-Messungen.“ Vielleicht gibt es aber im Zellkern Strukturen, die der Boten-RNA den Weg weisen. Ob es solche Strukturen gebe oder nicht, sei von fundamentalem Interesse, schreiben die Autoren des „Faculty of 1000-Reports“. Der Ansatz von Kubitscheck und seinen Kollegen bringe die Analyse einen wichtigen Schritt voran. Eine Verbesserung der Methode lasse für die Zukunft noch weitere Einsichten erwarten.
Kontakt:
Prof. Dr. Ulrich Kubitscheck
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-2262
E-Mail: u.kubitscheck@uni-bonn.de