04. Januar 2011

Nano-Motoren aus dem Genlabor Nano-Motoren aus dem Genlabor

Bonner Biochemiker erhält Millionenförderung aus Brüssel

Professor Dr. Michael Famulok dreht am Rad – und zwar an einem ganz kleinen: Der Biochemiker der Universität Bonn möchte an winzige Reifen aus dem Erbmolekül DNA einen molekularen Antrieb schrauben und so eine Art Nano-Motor erschaffen. Das ist aber nur ein Ziel eines Projekts, für das das European Research Council (ERC) nun ein Advanced Investigator Grant bewilligt hat. Knapp 2,5 Millionen Euro fließen dafür in den kommenden fünf Jahren aus Brüssel an das LIMES Institut.

IMG_7752_a_LR.jpg
IMG_7752_a_LR.jpg - Der Bonner Biochemiker Professor Dr. Michael Famulok möchte aus DNA Motoren bauen. © Universität Bonn
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Aus Metall wird der geplante Nano-Motor nicht bestehen: Das Baumaterial von Professor Dr. Michael Famulok ist DNA - das Molekül, das fast allen Lebewesen als wichtiger Informationsspeicher dient. "Die Bausteine der DNA lassen sich wie Legosteine frei miteinander kombinieren", sagt er. "Außerdem ist das Molekül aufgrund seiner strickleiterähnlichen Struktur vergleichsweise stabil. Wir können mit DNA also relativ einfach komplizierte Gebilde bauen." Ein Beispiel dafür sind die so genannten Rotaxane, die Famulok kürzlich mit seinen Mitarbeitern am Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut konstruiert hat.

Rotaxane bestehen aus einer Achse und einem darüber gefädelten winzigen Ring. Stopper an den Enden der Achse verhindern, dass der Ring herunter fällt.  Rotaxane sind winzig - Tausende von ihnen auf einem Haufen würden gerade mal soviel Platz einnehmen wie der Punkt am Ende dieses Satzes. Famulok hat mit ihnen aber Großes vor: Sie sollen als Basis für einen Nanomotor dienen.

Was noch fehlt, ist der Antrieb. Doch dafür haben der Chemiker und sein Team eine pfiffige Idee. Sie basiert darauf, dass der aufgefädelte Ring (ebenso wie die Achse selbst) aus DNA besteht. Es gibt nun bestimmte Eiweißmoleküle, welche die Information im DNA-Faden abschreiben und so Kopien des Erbguts einer Zelle herstellen. Dazu hangeln sie sich am Faden entlang - ähnlich wie ein Zirkusakrobat, der von Strickleiter-Sprosse zu Strickleiter-Sprosse klettert. Famulok möchte diese Bewegung der DNA-Kopierer nutzen, um den Reifen des Rotaxans in eine Drehbewegung zu versetzen.

Durchbruch zu einem neuen Forschungsfeld

Das ist nur eine der Ideen, die Famulok in seinem Projektantrag für das European Research Council (ERC) skizziert hat. Ihnen allen ist gemeinsam, dass die Forscher damit wissenschaftliches Neuland beschreiten. "Es ist noch nicht klar, ob es klappt", gibt Famulok zu. "Auch wenn wir natürlich fest daran glauben. Wenn alles so funktioniert, wie wir es planen, wäre das der Durchbruch zu einem neuen Forschungsfeld."

Das Interesse an Nanomotoren ist immens: In nicht allzu ferner Zukunft könnten sie beispielsweise winzige „Fahrzeuge“ antreiben, die im Körper Medikamente an die passende Stelle bringen oder Ablagerungen entfernen. Möglicherweise lassen sich mit ihnen sogar hauchdünne Gewebe konstruieren, die etwa bei Menschen mit einer Muskelschwäche die nachlassende Muskelfunktion kompensieren.

Bonn ist unter den Top 5

Es gehört zur Strategie des ERC, vorzugsweise derartige "high risk, high gain"-Projekte zu fördern. Dabei fließt das Geld ausschließlich an Wissenschaftler, die sich bereits in der Vergangenheit durch Erfolge auf besonders innovativen Gebieten ausgezeichnet haben. Professor Famulok beispielsweise hat vor einigen Jahren bereits den Leibniz-Preis erhalten - die höchst dotierte Auszeichnung, die in Deutschland regelmäßig an Forscher vergeben wird. Auch der Bonner Ökonom Professor Dr. Armin Falk kann sowohl einen Leibniz-Preis als auch einen ERC-Grant für sich verbuchen.

Insgesamt zählt Bonn bei der Brüsseler Spitzenförderung zu den fünf erfolgreichsten Hochschulen in Deutschland. Das ist umso erfreulicher, wenn man die niedrige Bewilligungsquote bedenkt. So hatten sich in der vorangegangenen Förderperiode knapp 1.600 Wissenschaftler aus ganz Europa um einen Advanced Grant beworben. Deutschlandweit konnten sich lediglich 31 von ihnen über eine Zusage aus Brüssel freuen. Die aktuellen Zahlen stehen noch nicht fest.


Kontakt:
Prof. Michael Famulok
Life & Medical Sciences (LIMES)-Institut der Universität Bonn
Programmeinheit Chemische Biologie
Telefon: 0228/73-1787
E-Mail: m.famulok@uni-bonn.de
   
allgemeine Informationen zu den ERC-Grants:
Dr. Ulrike Pag
EU-Referentin im International Office, Universität Bonn
Telefon: 0228/73-3073
E-Mail: upag@uni-bonn.de

Wird geladen