21. Dezember 2021

Corona und Weihnachten: „Hier hilft nur Akzeptanz“ Corona und Weihnachten: „Hier hilft nur Akzeptanz“

Heiligabend und die Feiertage rücken näher. Gleichzeitig befinden wir uns mitten in einer neuen Corona-Welle. Wie lässt sich damit umgehen? Prof. Dr. Alexandra Philipsen, Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn, antwortet auf unsere Fragen. 

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Corona einfach ausblenden und trotzdem feiern – ist das ein guter Plan oder macht uns dann das schlechte Gewissen zu schaffen?
Corona ausblenden - ohne die Augen zu verschließen - kann wohl niemand. Den Fokus verschieben hingegen schon. Corona begleitet uns im Moment, hier hilft nur Akzeptanz im Sinne von etwas anzunehmen, ohne es gutheißen zu müssen. Das ebnet den Weg für Veränderung und in unserer Situation vielleicht für einen etwas leichteren Umgang.

Die Großeltern mit der ganzen Familie besuchen – das könnte mit Blick auf Infektionsrisiken heikel sein. Oder besser doch zuhause bleiben, dann sind die Senioren aber vielleicht einsam?
Einsamkeit ist inzwischen ein relevantes Thema in unserer Gesellschaft, welches sich durch Corona deutlich verstärkt hat. Wenn persönliche Kontakte zu viel Risiko beinhalten, dann sollten wir versuchen, andere Kommunikationswege zu suchen und zu nutzen. Auch ältere Menschen haben durch die Pandemie einen anderen Zugang zu den digitalen Medien gefunden. Aber natürlich ersetzt dies nicht die persönliche Umarmung. Ein Großfamilienbesuch bei den Großeltern ist natürlich kritisch, gerade auch, wenn nicht geimpfte jüngere Familienmitglieder dabei sein sollten. Individuelle Besuche mit auf allen Seiten 2G+, geboostert und AHA + L kann aber doch vielleicht möglich sein.

Was schenkt man in Corona-Zeiten – wenn nicht alles möglich ist, was man gerne wieder einmal erleben würde?
Wir haben in der Pandemiezeit eine Rückkehr ins Private erlebt. Familiäre Bindungen, Nachbarschaft und Freundschaften ganz in der Nähe wurden wieder wichtiger. Wir haben einen regelrechten Fahrradboom erlebt, weil die Menschen die nähere Umgebung auf 2-Rädern für sich (wieder) entdeckt haben. Ausrüstung für draußen oder Lesestoff, vielleicht mit Erinnerungen an und/oder Aussichten auf zukünftige Aktivitäten könnte etwas sein. Aber das ist natürlich immer individuell.

Wie findet man für sich heraus, was für einen ganz persönlich der Kern von Weihnachten ist: eine tolle Feier oder vielleicht doch eher eine Zeit der Einkehr?
Je größer der Erfahrungsschatz im Leben, desto mehr wissen wir, was uns „eigentlich“ gut tut, wir tun es - aus den unterschiedlichsten Gründen - nur oftmals trotzdem nicht.

Vielleicht haben wir die Chance, Weihnachten zu feiern, wie wir es noch nie erlebt haben, und damit den Beschränkungen etwas völlig Neues abzugewinnen?
Naja, das war im vergangenen Jahr bereits der Fall. Es ist wie es ist, auch diesjährig wird Weihnachten mit gewissen Beschränkungen einhergehen. Diese Beschränkung kann sehr kontemplativ sein, uns zu mehr Ruhe und Besinnung führen und bereichern. Gleichzeitig sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass diese Möglichkeit zur Kontemplation auch sehr von unseren - mitunter privilegierten - Lebensumständen abhängt. 

Prof. Dr. Alexandra Philipsen,
Prof. Dr. Alexandra Philipsen, - Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Bonn. © Foto: UKB
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