01. Oktober 2009

Recht im Globalisierungsprozess Recht im Globalisierungsprozess

Bundesregierung fördert neues geisteswissenschaftliches Forschungskolleg an der Universität Bonn

Die Universität Bonn richtet mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zum April 2010 ein neues geisteswissenschaftliche Forschungskolleg zum Thema „Recht als Kultur“ ein. Antragsteller ist der Bonner Soziologe Prof. Dr. jur. Werner Gephart. Ziel des Projekts ist es, die Rolle des Rechts im Globalisierungsprozess mit den Mitteln der Rechts- und der Kulturwissenschaften zu untersuchen.

Internationale Kollegs für geisteswissenschaftliche Forschung werden seit 2007 vom BMBF gefördert. Sie sollen fachlich deutliche Schwerpunkte in den Geisteswissenschaften setzen und damit nicht nur internationale Sichtbarkeit, sondern auch strukturelle Veränderungen in der Forschungslandschaft bewirken. Mit bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr für ein Kolleg haben herausragende Wissenschaftler die Möglichkeit, ihren selbstgewählten Forschungsfragen gemeinsam mit Fellows aus dem In- und Ausland nachzugehen.

Nähere Informationen gibt es im Internet unter: http://www.recht-als-kultur.de

Zu dem Vorhaben erklärt Professor Gephart:

Was können die Geisteswissenschaften zum Verständnis von Recht beitragen? Und was kann die Rechtswissenschaft sagen, um unsere Kultur zu erhellen?

 Unsere Welt ist rechtlich verfasst. Das Recht schlägt sich in Normen und Entscheidungen nieder, ist aber auch in Ritualen und Symbolen organisiert und mit der Gewalt der Rechtsdurchsetzung ausgestattet. Der Kulturwissenschaftler fragt danach, auf welchen Voraussetzungen diese vielfach unheimliche „Macht“ des Rechts beruht. Können sie das Rätsel der Geltung des Rechts lösen, warum nämlich dem Recht überhaupt Folge geleistet wird.

Und vor allem: welches Recht? Wir sehen, in modernen Gesellschaften, den Staat als Produzenten rechtlicher Ordnungen an. Aber wie steht es um die Geltungsansprüche religiöser Gemeinschaften? – Sie verweisen darauf, dass sie eigene Normvorstellungen haben, denen sie rechtliche Anerkennung verschaffen wollen. Dies ist im Globalisierungsprozess, in dem auch Rechtskulturen migrieren, in verschärfter Weise der Fall. Insofern ist dieses Kolleg auf eine zentrale Frage ausgerichtet:

Wie ist unter den Bedingungen von Globalisierung und der Wiederentdeckung der Religionen normative Verbindlichkeit herzustellen? Wie kann die Vielfalt normativer Modelle zu einer verträglichen multiplen Ordnung verknüpft werden? Diese Frage gilt für nationales Recht, aber auch in der europäischen oder globalen Dimension. Es kann nicht darum gehen, ein neues Einheitsreich des Normativen zu errichten, oder aber den partikularen Sonderreichen eine Geltungskraft zu verleihen, die zur Auflösung von Normativität selbst führen würde. Und wird „Kultur“ dabei zu einer neuen Art von Rechtsquelle?

Was aber „Kultur“ sei, ist selbst umstritten: ein Text, eine sinnstiftende Bestimmung, eine Handlungsform im Spannungsfeld von Vereinheitlichung und Vielfalt der Kulturen? Literatur, Film und Architektur erzählen über diese Verfassung des Rechts, deren Verneinung in den Regimen des Unrechts vor Augen führt, welche Kostbarkeit und welche Errungenschaft das Recht im Zivilisationsprozess darstellt.

Die Benennung des Kollegprogramms nach Käte Hamburger (1896- 1992) stellt eine Verpflichtung dar: Ihr war in den Zeiten des nationalsozialistischen Unrechtregimes das Glück des freien und unbeschwerten Forschens verwehrt. Die Briefe der großen Literaturwissenschaftlerin und Philosophin an Thomas Mann zeugen davon.

Das Kolleg „Recht als Kultur“ möchte also einen kreativen Raum dafür schaffen, mit hochkarätigen Wissenschaftlern aus aller Welt Grundlagenfragen des Rechts auch aus dem Blick der Kultur-, Geistes- und der Rechtswissenschaften zu thematisieren und auf die Fragen der Gegenwart anzuwenden.

Dieser Herausforderung stellt sich das Kolleg mit Blick auf „unsere“ eigene Gesellschaft, aber auch hinsichtlich außerokzidentaler Zivilisationen.

Kontakt:
Prof. Dr. jur. Werner Gephart
Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-8422
E-Mail:
w.gephart@uni-bonn.de
Internet:
www.recht-als-kultur.de

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