09. März 2008

Hörstörungen verzögern sprachliche Entwicklung Hörstörungen verzögern sprachliche Entwicklung

Bonner Ärzte fordern Hörtest bei Sprachtest DELFIN 4

Seit mehreren Monaten müssen sich alle Vierjährigen in NRW dem Sprachstandsfeststellungsverfahren DELFIN 4 unterziehen. Ziel ist es, alle sprachauffälligen Kinder bereits zwei Jahre vor der anstehenden Einschulung aufzuspüren, um diese dann entsprechend zu fördern. "Trotz dieser sicherlich im Sinne der betroffenen Kinder zu begrüßenden Initiative der Landesregierung macht ein Sprachstandtest ohne Hörtest wenig Sinn", konstatiert Professor Dr. Götz Schade, Phoniater und Pädaudiologe am Universitätsklinikum Bonn. Denn Hörstörungen als Ursache für eine sprachliche Entwicklungsverzögerung sind wesentlich häufiger als Laien vermuten. Seiner Kritik schließen sich auch andere Bonner Ärzte an und diskutieren am Mittwoch, 12. März, im Rahmen der Fortbildungsveranstaltung "Hör- und Sprachdiagnostik im Vorschulalter II" auf dem Venusberg.

Bei bis zu einem von 500 Kindern ist mit einer angeborenen mindestens mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit zu rechnen. "Daher müssen zusätzlich zu den Sprachuntersuchungen auch Hörtests erfolgen. Testauffällige Kinder könnten dann vom behandelnden HNO-Arzt oder Pädaudiologen weiter nachuntersucht werden", sagt Professor Schade. Erste Ergebnisse eines Pilotprojekts, das er mit Bonner Kollegen und der Stadt Bonn vor vier Monaten initiierte, geben ihm Recht: Fast jedes Fünfte der an vier Bonner Kindergärten von Logopäden und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes untersuchten Kinder leidet unter einer Hörstörung - meist durch Flüssigkeitsansammlungen im Ohr, so genannte Paukenergüsse, verursacht.


Ohnehin fände der Test ein Jahr zu spät statt. "Je früher bei einem betroffenen Kind mit einer gezielten Therapie begonnen werden kann desto besser. Das erhöht die Chance, dass es seine Defizite bis zur Einschulung ausgeglichen hat", sagt Professor Schade. Zudem sollte die Therapie der betroffenen Kinder aus Sicht der Bonner Experten nicht durch im Schnellverfahren geschulte Erzieher, sondern durch dafür speziell ausgebildete Logopäden erfolgen - wie auch der Sprachtest selbst. Derzeit führen nur kurz angelernte Lehrer die Teste durch, die sonst in dieser Zeit unter anderem Förderunterricht für leistungsschwächere Kinder geben. Ferner halten die Bonner Experten das Material der DELFIN 4-Teste für ungeeignet.


Förderungsbedürftige Kinder fallen durch das Raster


In Bonn gab es eine durchschnittliche Durchfallquote von etwa 50 Prozent in der DELFIN 4-Testphase 1. "Da drängt sich die Frage auf, ob man bei dieser hohen Zahl überhaupt noch von einem Screeningverfahren sprechen kann", sagt Professor Schade. Denn diese Kinder müssen noch einzeln zeitaufwendig in einer zweiten Testphase nachuntersucht werden. Laut deren Ergebnis bedarf nur noch jedes zehnte Kind in Bonn einer Förderung. Doch bislang bestand bei etwa jedem fünften Bonner Kind Förderungsbedarf, wie die schulärztliche Untersuchung ergab. "Kann die Stufe 2 des DELFIN 4-Tests wirklich verlässlich alle förderungswürdigen Kinder ermitteln? So haben sich bei uns beispielsweise mehrfach extrem sprachauffällige Kinder vorgestellt, die den DELFIN 4-Test bestanden haben", konstatiert Professor Schade.


Hinweis für die Medien:


Vertreter der Medien sind herzlich zu der Fortbildungsveranstaltung "Hör- und Sprachdiagnostik im Vorschulalter II" am Mittwoch, 12 März, eingeladen. Die Veranstaltung findet von 17 bis 21 Uhr im Hörsaal für Innere Medizin, Sigmund-Freud-Straße 25, statt. Professor Schade beantwortet zwischen 16.30 und 17 Uhr gerne Ihre Fragen. Um Anmeldung wird gebeten unter

Telefon: 0228/ 73-4727, Fax: 0228/ 73-7451
oder E-Mail: inka.vaeth@uni-bonn.de.


Kontakt für die Medien:

Professor Dr. Götz Schade

Leiter der Abteilung für Phoniatrie und
Pädaudologie

Hals-Nasen-Ohren-Klinik des
Universitätsklinikums Bonn

Telelefon: 0228/287-11280

E-Mail: goetz.schade@ukb.uni-bonn.de
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