Geschichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität 

Dr. Thomas P. Becker  (Leiter des Universitätsarchivs und des Universitätsmuseums)

Die Universität Bonn wurde am 18. Oktober 1818 von König Fried­rich Wilhelm III. von Preußen gegründet, der die Rheinlande seit 1815 regierte. Sie war die dritte preußische Neu­gründung einer Hochschule im Geiste Wilhelms von Hum­boldt, nach Berlin (1810, heute Humboldt-Universität) und Breslau (1811). Um seinen neuen Untertanen, die eine Wiedererrichtung der alten rheinischen Fürstentümer der preußischen Herrschaft vorgezogen hätten, Mut zu machen, hatte Friedrich Wilhelm III. gleich nach der Besitzergreifung des Rhein­landes noch von Wien aus am 5. April 1815 den Rheinländern den aus Landesväterlicher Fürsorge für ihr Bestes gefaßten Entschluß, in Unsern Rheinlanden eine Universität zu errichten mitgeteilt. Denn von den bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im Rhein­land existierenden drei Universitäten hatte keine die Zeit der Franzosenherrschaft überlebt.

Eine dieser drei Universitäten der alten Zeit hatte ihren Sitz in Bonn gehabt. Hier hatte der vorletzte regierende Kölner Kurfürst, der aufgeklärte Maximilian­ Fried­rich von Königsegg-Rothenfels im Jahre 1777 ein Institut gegründet, das als „Maxische Akademie“ bekannt wur­de. 1786 erlangte sie ein kaiserliches Patent und stieg zur Universität auf. Die erste rheinische Universität war 1388 in Köln gegründet worden. Als Gegengründung entstand Ende des 17. Jahrhunderts in Duisburg eine protestantische klevische Landesuniversität. Beide waren ihren jeweiligen konfessionellen Standpunkten verhaftet. Die Bonner Hochschule sollte dagegen im Gei­ste der Aufklärung frei von konfessionellen Begrenzungen sein. Dieser neuen rheinischen Universität war allerdings nur eine kurze Lebensdauer beschieden. Schon 1798, vier Jahre nach dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen, wurde die nur noch aus wenigen Studenten und Professoren bestehende Universität aufgehoben. Ihre ältere Schwester in Köln teilte dieses Schicksal. Erst nach dem Zusammenbruch des napoleonischen Reiches und seiner Satellitenstaaten wurde auch die Universität Duisburg 1818 aufgelöst, die ebenfalls nur noch ein Schattendasein geführt hatte.

Um den Standort der neuen preußischen Rheinuniversität entbrannte ein heftiger Streit. Schließ­lich hat nicht zuletzt die aufgeklärte Ausrichtung der früheren Bonner Universität für die Entscheidung der preußischen Regierung den Ausschlag gegeben, denn man wollte eine konfessionell paritätische Hochschule, an der von Anfang an gleich­berechtigt eine katholische und eine evan­gelische theologische Fakultät beheimatet sein sollten. Am 18. Oktober 1818 wurde diese neue Stätte der Wissenschaften durch die Unterschrift des Königs unter die Gründungsurkunde endlich Wirk­lichkeit. Um der neuen Universität Glanz zu verleihen, wurden berühmte Wissenschaftler nach Bonn berufen, darunter August Wilhelm von Schle­gel, Ernst Mo­ritz Arndt, Barthold Georg Niebuhr und Friedrich Argelander. Neben den beiden Theologischen erhielt sie eine Medizinische, eine Juristische und eine Philosophische Fakultät. 35 Ordinarien und acht außerordentliche Professuren waren vorgesehen. Theologen und Juristen wiesen je vier, die Mediziner sechs und die Philosophen siebzehn Professuren auf. 1827 wurden der Juristischen Fakultät zwei weitere Lehrstühle zugestanden, weil sie als Besonderheit katholisches Kirchenrecht und das vom Allgemeinen Preußischen Landrecht abweichende Rheinische Recht zu lehren hatte. Diese Struktur der Universität hat über ein Jahrhundert Bestand ge­habt. Das Gebäude des kurfürstli­chen Residenzschlosses und das nahegelegene Schloß Poppelsdorf wur­den der neuen Hochschule für ihre Unterbrin­gung zugewiesen. Im Lauf der Zeit siedelten sich die naturwissenschaftlichen und medizinischen Institute im Bereich von Poppelsdorf an, darunter 1864/­67 das damals in der Welt größte Chemi­sche Institut, in dem kein Geringerer wirkte als Au­gust Kekulé von Stradonitz, der Entdecker des Benzolringes. Die Kliniken entstanden im Laufe des 19. Jahrhunderts am damaligen Nordrand der Stadt.

Nur ein Jahr nach der feierlichen Gründung wurde der „Rhein-Universität“, wie sie nun genannt wurde, die königliche Gunst entzogen, als im Gefolge des Attentats, das der burschenschaftliche Student Sand auf den Schrift­steller Kotzebue verübt hatte, die sogenannten „Karlsbader Beschlüsse“ die „Demagogen­verfolgung" ins Leben riefen. An der Universität Bonn fiel ihr gerade der berühmteste der neuberufenen Gelehrten zum Opfer, der Nationaldichter Ernst Moritz Arndt. Er erhielt ein generelles Lehrverbot, kaum daß er mit seinen Vorlesungen angefangen hatte. Erst nach dem Tod Friedrich Wilhelms III. im Jahre 1840 wurde diese Maßnahme durch den neuen König wieder aufgehoben. Auch andere „Ehrenstrafen“, die der königliche Zorn über die kaum erwachte neue Alma mater verhängt hatten, wurden erst durch Friedrich Wilhelm IV. aufgehoben: So erhielt die namenlose Rhei­nische Universität endlich die so schmerz­lich vermißte Amtskette  für den Rektor mit dem Bild des Stifters, damit zugleich ein Siegel und endlich auch einen Namen: Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität.

Erst 1827 hat die neue Bonner Universität Statuten, d.h. eine eigene Verfassung, erhalten, die ganz im Sinne der Hochschulreform Wil­helms von Humboldt waren. Die Verbindung von Lehre und Forschung zusammen mit der Aufforderung zu einem Studium generale mit dem Schwer­punkt Philosophie waren fortan die Leitlinien für die akademische Selbstverwaltung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität. Die Staatsaufsicht am Ort wurde durch den dem Kultusminister unterstellten Kurator ausge­übt.

Die Demagogenverfolgung hat der neugegründeten Universität schwer geschadet. Etliche angesehene Wissenschaftler versagten sich dem Ruf nach Bonn, darunter die Brüder Grimm, der Philosoph Schelling, der Orientalist Klaproth oder der katholische Theologe Sailer. Andere, wie der engagierte Katholik Joseph Gör­res, wären gern gekommen, waren aber aus politischen Gründen dem Kultusministerium in Berlin suspekt. Gerade aus der Richtung der katholischen Theologen erwartete die junge Universität in den nächsten Jahrzehnten einiges an Auseinandersetzungen. Zunächst ging es um die heftig umkämpfte Lehre des Theologie-Professors Georg Hermes (1775-1831), die 1835/36 wegen ihrer Vernunftorientierung vom Heiligen Stuhl in Rom verurteilt wurde. Zur gleichen Zeit stritten sich Kirche und Staat im Rheinland um die Mischehenfrage, die 1837 zur Inhaftierung des Kölner Erzbischofs führte. In beide Auseinandersetzungen waren die katholischen Theologen der Bonner Universität verstrickt. Noch viel gravierender waren die Auswirkungen des I. Vatikanischen Konzils, denn mit nur einer Ausnahme lehnten die Ordinarien der Katholisch-Theologischen Fakultät das Unfehlbarkeitsdogma des Konzils ab. Die Universität Bonn wurde dadurch einer der wichtigsten Standorte der altkatholischen Kirche, die bis heute hier ein Seminar unterhält.

Trotz dieser Schwierigkeiten im Zusammenspiel von Universität und Staat begann die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu erblühen. Das zeigt sich am bemerkenswerten Wachstum, das im Jahre 1900 nicht weniger als 68 Ordinarien, 23 Extraordinarien, zwei ordentli­che Honorarprofessoren, 57 Privatdozenten und sechs Lektoren für den Lehrkörper der Hochschule aufweist. Unter den Studierenden nahm die Zahl derje­nigen zu, die nicht aus dem näheren Einzugsgebiet des Rheinlandes und Westfalens stamm­ten. Immer mehr wuchs Bonn in die Rolle der „Fürstenuniversität“ hinein, an der die Söhne der regierenden Häuser Deutsch­lands studierten, wie Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, der spätere Prinzgemahl der eng­lischen Königin Victoria, und vor allem die Söhne des Hauses Hohenzollern.

Ab 1896 waren durch einen Erlaß des Kultusministeriums in Preußen auch Frauen an den Universitäten zugelassen, allerdings nur als Gasthörerinnen, denn erst 1908 wurde ihnen die Immatrikulation als normale Studierende gestattet. Sechzehn junge Frauen, darunter eine Engländerin und eine Amerikanerin, mach­ten im WS 1896/97 von dieser neuen Regelung Gebrauch.

Ausdruck der gestiegenen Bedeutung der Bonner Universität ist auch die Namensliste der Träger des Ordens Pour le mérite, des­sen Ordenskapitel jedes Jahr in der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität stattfindet. Zahlreiche Bonner waren und sind seit über 150 Jahren unter den Ordensträgern: So etwa 1842 August Wilhelm von Schlegel (Literaturwissenschaftler und Indo­loge); 1857 Christian Lassen (Indologe); 1866 Friedrich Diez (Romanist); 1874 Friedrich Wil­helm Argelander (Astronom) und Heinrich von Sybel (Historiker); 1888 Rudolf Clausius (Phy­siker); 1893 Eduard Pflüger (Physiologe) und August Kekulé  von Stradonitz (Chemiker); 1897 Hermann Usener (Klassischer Philologe); 1902 Carl Justi (Kunsthistoriker); 1906 Franz Bücheler (Klassischer Philologe); 1952 Erich Kauf­mann (Staats- und Völkerrechtslehrer); Ernst Robert Cur­tius (Romanist); Theodor Litt (Philosoph); 1980 Wolf­gang Paul (Physiker). Letzterer war auch Träger des Nobelpreises für Physik, so wie schon vor ihm im Jahre 1905 Philipp Eduard Anton Lenard. Den Nobelpreis für Chemie erhielt 1910 der Bonner Chemiker Otto Wallach und den Nobelpreis für Wirt­schaftswissenschaften 1994 der Bonner Ökonom Reinhard Selten.

Auch unter den Studierenden sind berühmte Namen anzutreffen, wie etwa die Dichter Hoffmann von Fallersleben  (1798-1874), Emanuel Geibel (1815 - 1884)  und Heinrich Heine (1797 - 1856), der Komponist Max Bruch (1838-1920), die Philosophen Karl Marx (1813-1883) und Fried­rich Nietzsche (1844-1900) oder der demokratische Revolutionär und spätere amerikanische Innenminister Carl Schurz (1829-1906). Der italieni­sche Dichter Luigi Pirandello (1867-1936) stu­dierte mehrere Semester in Bonn und wurde hier als Schüler des Romanisten Wendelin Foerster (1844-1915) zum Dr. phil. promo­viert. Von Politikern, die ehemals Bonner Studenten und im Verlauf des 20. Jahrhunderts von großer öffentlicher Bedeutung waren, sind - neben dem nicht zu verschweigenden Joseph Goebbels (1897-1945) - vor allem Wilhelm Marx  (1863-1949), mehrfach Minister und Reichskanzler in der Zeit der Weimarer Republik, und der lang­jährige Oberbürgermeister von Köln, Konrad Adenauer (1876-1967), Bundeskanzler von 1949 bis 1963, zu nennen. Auch Norbert Blüm, Klaus Kinkel, Otto Graf Lambsdorf, Manfred Kanther, Oskar Lafontaine, Günter Verheugen oder Guido Westerwelle studierten in Bonn. Fernsehjournalisten wie Ulrich Wickert, Günther von Lojewski oder Ernst Dieter Lueg haben hier ihre Ausbildung erfahren, und auch der bekannte Kabarettist Konrad Bei-kircher. Bedeutende ausländische Staats­männer wie Robert Schumann oder Fran­cesco Cossiga haben während ihrer Studentenzeit einen Aufenthalt an der Universität Bonn benutzt, um sich mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut zu machen.

Die Blütezeit der Universität Bonn in der wilhelminischen Ära wurde durch den Ersten Weltkrieg und den Zusammenbruch des Kaiserreiches beendet. In der Weimarer Zeit vermochte der preußische Staat nur unter Mühen, die steigenden Kosten für die sich schnell entwickelnden experimentellen Fächer zu bewältigen. Die durch Zusammenwirken des Juri­sten Prof. Ernst Zitelmann (1852-1923) und des Industriellen Carl Duisberg (1861 - 1935) 1917 im Hinblick auf die bevorstehende Hundert­jahrfeier der Universität gegründete ,,Gesell­schaft der Freun­de und Förderer der Universi­tät Bonn" (Geffrub) antwortete auf diese Notlage und bemühte sich, private Hilfsquellen zur Förderung der Wissen­schaft und ihrer Institutionen zu erschließen. Weit schwerer wog aber die materielle Situation vieler Studierender, die oft nicht wuß­ten, woher sie das Geld für Wohnung und Ernährung nehmen sollten. Der Roman „Barbaren“ des Schriftstellers Günter  Weisenborn, der selbst in den 20er Jahren Bonner Student war, gibt hiervon ein bewegendes Zeugnis. Eine Selbsthilfeorganisation der aus dem Krieg heimgekehrten Studenten wurde 1920 Grundlage für den Verein „Studen­tenwohl“, aus dem das heutige Studentenwerk Bonn hervorgegangen ist

Die Universität mußte sich nach 1918 insgesamt den neuen Gegebenheiten anpassen. Als der frühere Bonner Professor Carl Heinrich Becker preußischer Kultusminister wurde, ging die Universität Bonn daran, sich eine neue verfassungsmäßige Grundlage zu schaffen. 1930 wurde diese zwei­te Satzung der Universität erlassen und feierlich verkündet. Eine der Neuerungen war die Berücksichtigung der Studierenden als „Studenten­schaft", d.h. als verfassungsmä­ßiges Glied der Uni­versität mit dem Recht der Selbst­verwaltung und der Teilnahme an den sie betreffenden Angelegenheiten der Hochschul­verwaltung. 1930 wurde in Bonn eine ,,Allgemeine Studenti­sche Arbeitsgemeinschaft" (Astag) eingerich­tet, deren Mitglieder von den Studierenden in geheimer Wahl bestimmt wurden. Sie erhielt zwar im Februar 1932 rund ein Drit­tel na­tionalsozialistischer Stimmen, doch gewannen diese im Unterschied zu vielen deutschen Universitäten niemals die Mehrheit. Trotz­dem kam es auch in Bonn zur ,,Gleich­schaltung" der Universität durch die Einführung des ,,Führerprinzips". Der Rektor wurde vom Minister, die Dekane durch den Rektor eingesetzt. Ihre Entscheidungen waren weder an Beratung noch Abstimmung in den bisher dafür zuständigen Gremien gebunden. Etliche wissenschaftlich hochangesehene Angehörige des Lehrkörpers wurden aus dem Dienst ent­lassen, weil sie entweder Juden oder den neuen Machthabern poli­tisch mißliebig waren. Viele der Verfolgten emigrier­ten, andere, wie die Philosophen Paul Ludwig Landsberg (1901-1944) und Johannes Maria Verweyen (1883-1945), starben in Gefängnissen oder Konzentrationslagern. Im Falle des Orientalisten Paul Kahle traf der Vertreibungswahn der Nationalsozialisten die ganze Familie: Sein Sohn Wilhelm und seine Frau hatten von der Bonner Rheinbrücke aus fassungslos am 10. November 1938 die brennende Synagoge gesehen. Auf ihrem Weg nach Hause halfen sie spontan einer jüdischen Geschäftsfrau beim Einräumen der von SA-Männern herausgerissenen Ware in die Regale, als ein Polizist vorbeikam. Die Folge war für den jungen Studenten Wilhelm Kahle die Verweisung von der Universität wegen „mangelnder akademischer Würde“ sowie eine monatelange Zeit der öffentlichen Anprangerung und Schikane gegen den Professor und seine Angehörigen, der sie endlich im Früh­jahr 1939 durch die Emigration nach England zu entfliehen suchten.

Aufse­hen erregte 1935 die Entlassung des berühmten  evangelischen Theologen Karl Barth (1886-1968), der den Eid auf den Führer in der vorgeschriebenen Form verweigerte, und die Aberkennung der Tho­mas Mann 1919 verliehenen philosophi­schen Ehrendoktorwürde im Jahr 1936. Der der SS angehörende Dekan Obenauer hatte den Entzug ausgesprochen, ohne vorher oder nach­her die Mitglieder der Fakultät zu unterrichten.

Der Aufbau der Universität änderte sich in diesen Jahren vor allem durch die Vermehrung der Fakultäten. Schon 1928 hatte sich eine erste Änderung ergeben, als die Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften aus der Philosophischen in die Juristische Fakultät überführt wurden und mit ihr zusammen eine Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät bildeten. 1936 wurden auch die naturwissenschaftlichen Fächer aus der Philosophischen ausgegliedert und bilden seitdem die Mathematisch- Naturwissenschaftliche Fakultät. Als siebte Fakultät kam schon 1934 die Landwirt­schaftliche hinzu, die aus der bis dahin unabhängigen Landwirtschaftlichen Hochschule gebildet wurde. Kurz vor dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und des von ihr entfachten Krieges legte der schwe­re Bombenangriff vom 18. Okto­ber 1944 das Hauptgebäude der Universi­tät völlig in Trümmer. Auch das im 19. Jahr­hundert errichtete Klinikviertel wurde zer­stört. Die Universitätsbibliothek und zahlrei­che Institute erlitten damals und bei weiteren Angriffen das gleiche Schick­sal.

Als im März 1945 amerikanische und bald darauf englische Trup­pen Bonn besetzten, zögerten einige der in der Stadt verbliebenen Professoren nicht, die Universität so schnell wie möglich wiederzueröffnen. Der aus je einem Vertreter der alten Fakultäten gebildete „Verwaltungsrat“, der sich bald darauf zum Senat erklärte, gab der Verfassung der neuen Universität, die sich aus den Trüm­mern des „Tausendjährigen Reiches“ erheben sollte, ihre Struk­tur und ihre Richtung. Die wichtigste Änderung war die Stär­kung der akademischen Selbst­verwaltung durch Wegfall des Kurators. Auch die studen­tische Selbstverwaltung wurde sofort nach dem Krieg wiederhergestellt.

Die teils durch den Krieg verursachte, teils nach seinem Ende durch die Zunahme der Stu­dierenden und die Entwicklung der Wissen­schaften erforderlich gewordene Bautätigkeit der Universität hat das Stadtbild von Bonn wesentlich verändert. Für die Universitätsbi­bliothek entstand ein Neubau an der Adenauerallee; ihm beinahe gegenüberliegend wurde für die bis dahin im Universitätsgebäude unterge­brachte Rechts- und Staats­wissenschaftliche Fakultät unter der Bezeichnung „Juridi­cum“ ein moderner Neu­bau errichtet. Die Medizinischen Kliniken wurden sogar ­völlig aus der Innenstadt in ein neues Kli­nikviertel auf dem Venusberg ausgelagert.

Heute wird die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität als Gruppenuniversität von einem Rektorat geleitet, dem außer dem Rektor der Kanzler und drei Prorektoren angehören. Mit  etwa 38.000 Studierenden gehört die Universität Bonn zu den großen Universitäten Deutschlands. Rund 3.600 ausländische Studierende aus über 130 Ländern der Erde und eine große Zahl ausländischer Gastdozenten, darunter jährlich über 100 Hum­boldt‑Stipendiaten, geben dem Lehr‑ und For­schungsbetrieb ein internationales Gepräge. Das wissenschaftliche Ansehen der Bonner Universität wird be­stimmt von den Leistungen ihrer rund 550 Professoren, 2.500 wissen­schaftlichen und 4.700 nicht­wissenschaftlichen Mitarbeiter. Die Institute, Seminare und Kliniken der Rheinischen Fried­rich‑Wilhelms‑Uni-versität sind nicht in einem Campus konzentriert, sondern befinden sich in ver­schiedenen Teilen der Stadt. Während das Hauptgebäude, in dem die beiden Theo­logischen und die Philosophische Fakultät sowie die Verwaltung untergebracht sind, sich ebenso wie das Juridicum und die Universitätsbibliothek im Zentrum der Stadt befindet, liegen die meisten Institute der Naturwissenschaftlichen und der Landwirtschaftlichen Fakultät in den Stadtteilen Endenich und Poppelsdorf und die Kliniken der Medizinischen Fakultät auf dem Venusberg. Die Universität Bonn kooperiert international mit verschiedenen Hochschulen, darunter Florenz, Jerusalem, Kyoto, New South Wales, New York, Tou­louse, Waseda, Warschau und Prag. Innerhalb der Stadt Bonn unterhält die Universität die Zentren für Europäische Integrationsfor­schung (ZEI) und für Entwicklungsforschung (ZEF). Mit dem Forschungszentrum CAESAR (Cen­tre for Advanced Studies and Re­search) bestehen enge Verbindungen.

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