10. Januar 2019

Macht und Malerei Macht und Malerei

Dr. Hanna Christine Jacobs untersucht an der Universität Bonn Bilder von der Doppelkirche in Schwarzrheindorf

Welche Funktion haben die hochmittelalterlichen Wandmalereien in der Schwarzrheindorfer Doppelkirche? Wie wirkten sie als politisches Instrumentarium im Umfeld von König Konrad III.? Diesen Fragen geht Dr. Hanna Christine Jacobs in ihrer Forschung am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn nach. Die Wissenschaftlerin wird mit einem Stipendium der Gielen-Leyendecker-Stiftung gefördert. Deshalb kann sie zwei Jahre lang ohne Lehrverpflichtung ihr Forschungsvorhaben verfolgen.

Blick aus der Unterkirche
Blick aus der Unterkirche - durch die oktogonale „Himmelsöffnung“ auf den Weltenrichter in der Oberkirchenapsis. © Foto: Hanna Christine Jacobs
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Die Wandmalereien der Doppelkapelle von Schwarzrheindorf, einem Bonner Stadtteil, gehören nach der Einschätzung der Kunsthistorikerin zu den außergewöhnlichsten, umfangreichsten und – wie die jüngste Restaurierung zeigen konnte – auch zu den besterhaltenen Deckenmalereien im Europa des 12. Jahrhunderts. „Das Bildthema der Visionen des alttestamentlichen Propheten Ezechiel ist in der Ausführlichkeit beispiellos, mit der es in den Bilderzählungen Schwarzrheindorfs verhandelt wird“, sagt Dr. Jacobs. Der aktuelle Forschungsstand trage dieser bemerkenswerten Sonderstellung noch nicht genügend Rechnung.

Die Wissenschaftlerin widmet sich vor allem dem Zusammenspiel von Architektur und Bildprogramm: Wie wird durch die Form des Raumes die Wirkung der Wandmalereien betont? Welchen Effekt hat der architektonische Zuschnitt auf die Wahrnehmung der Bilder? „Die Malereien haben mehrere Bedeutungsebenen“, berichtet die Kunsthistorikern. Als Darstellungen im Sakralraum bilden sie den Rahmen der Liturgie und besitzen religiöse Funktionen der Vermittlung der Glaubensinhalte und der Vertiefung darin. Aber in ihrem politischen und sozialen Kontext sind sie auch ein Ausdruck bestimmter Ideen und Haltungen ihrer Zeit und insofern als historisches Dokument analysierbar.

Der Auftraggeber der Wandmalereien Arnold von Wied gehörte in der Mitte des zwölften Jahrhunderts zu den führenden Persönlichkeiten. Als Kanzler Konrads III. und späterer Kölner Erzbischof zählte er zum engsten Umkreis des Königs, den er von 1147 bis 1149 auf dem zweiten Kreuzzug begleitete. Jacobs: „Der König und mit ihm zahlreiche weitere Vertreter der politischen, geistlichen und intellektuellen Elite des Reiches waren bei der Weihe der Schwarzrheindorfer Kirche im Jahr 1151 anwesend.“

Zeit großer Umbrüche

Das zwölfte Jahrhundert sei eine sehr bewegte Zeit mit großen Umbrüchen gewesen, in der viele alte Gewissheiten verloren gingen. „Mein Projekt wird dazu beitragen, mehr über das Selbstverständnis eines Kölner Erzbischofs im Spannungsfeld zwischen König und Papst herauszufinden und über die Funktion der Bilder als politisches Instrumentarium im Umfeld der Macht“, sagt die Wissenschaftlerin.

Zuvor war Dr. Jacobs als Lehrkraft am kunsthistorischen Institut der Universität Köln beschäftigt, promoviert hatte sie an der Universität Bonn. „Es ist ein Geschenk, dass ich dank des Gielen-Leyendecker-Fellowships an meine Alma mater Bonn zurückgekehrt bin und mit meinem Ansatz zu einem Objekt hier in der Region arbeiten kann“, sagt die Wissenschaftlerin. Das Stipendium der Gielen-Leyendecker-Stiftung ermöglicht Dr. Jacobs nun in der kunsthistorischen Forschung das eigene Projekt: Sie erhält für zwei Jahre 85.000 Euro jährlich für ihre Stelle, Hilfskräfte sowie Sachmittel und Reisekosten.

Wissenschaft und Kind unter einem Hut

Durch die Geburt ihres Kinders hat sich der Projektstart um ein knappes Jahr verschoben. „Dadurch hatte ich schon ein wenig gedanklichen Vorlauf und konnte mich einarbeiten“, freut sich Jacobs. Ansonsten bekommt die Kunsthistorikerin von Ehemann und Großmüttern Unterstützung bei der Betreuung der kleinen Tochter. Wo die Reise nach den zwei Jahren Förderung hingeht, ist noch nicht klar. „Ich könnte mir aber vorstellen, die Untersuchung zu Schwarzrheindorf zum Grundstein für ein größeres Projekt zu machen, in dem ich die Wandmalereien mit anderen Objekten vielleicht sogar aus ganz anderen Zeitstufen in Verbindung bringe.“

Kontakt:

Dr. Hanna Christine Jacobs
Kunsthistorisches Institut
Universität Bonn
Tel. 0228/736837
E-Mail: hcjacobs@uni-bonn.de

Dr. Hanna Christine Jacobs
Dr. Hanna Christine Jacobs - vom Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn. © Foto: Privat
Blick aus dem Nordarm
Blick aus dem Nordarm - der Unterkirche nach Süden. © Foto: Hanna Christine Jacobs
Wird geladen