16. September 2007

Tagung: Mit neuen Konzepten gegen die Armut Tagung: Mit neuen Konzepten gegen die Armut

Experten fordern unter anderem, Themen wie Geldanlage und Altersvorsorge vermehrt in der Schule zu behandeln

Der Sozialstaat entlässt seine Kinder in die Eigenverantwortung - leider jedoch, ohne sie gut genug darauf vorzubereiten. Das ist am 1. und 2. Oktober der Tenor einer Tagung an der Universität Bonn zum Thema "Armut und Armutsprävention in der Zivilgesellschaft." Im Zentrum der Veranstaltung im Universitäts-Hauptgebäude, Regina-Pacis-Weg 3, stehen neue Konzepte, mit denen sich Armutsrisiken begegnen lässt. Ausrichter ist die Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft, die auf der Tagung auch ein Memorandum verabschieden wird. Journalisten sind herzlich eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen.

Armut ist in Deutschland längst kein Randphänomen mehr: Die Zahl der überschuldeten Haushalte hat sich zwischen 1989 und 2002 von 1,2 Millionen auf 3,1 Millionen fast verdreifacht. Jeder Siebte muss von weniger als 60 Prozent des gesellschaftlichen Durchschnittseinkommens leben. "Der Staat hat sich aus vielen sozialen Bereichen mehr und mehr zurückgezogen", stellt der Bonner Ökonom Professor Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky fest. "Das schlimme daran: Er entlässt "seine Kinder" weitgehend unvorbereitet in die Eigenverantwortung."


Beispiel Rente: Wer heute nicht zusätzlich privat vorsorgt, muss eventuell im Alter seinen Lebensstandard deutlich herunterschrauben. Doch wie soll man sich ohne solide ökonomische Grundbildung im Dschungel von mehr oder weniger seriösen Angeboten zurecht finden? "Es ist erschreckend, wie viele Menschen nicht wissen, wie unser Rentensystem überhaupt organisiert ist", sagt Piorkowsky. Er fordert, Kinder schon in der Schule für die wirtschaftlichen Anforderungen ihres Alltags zu rüsten - weg von theoretischen Marktmodellen, hin zu mehr Praxis. In einer Zeit, in der unseriöse Kreditangebote per Postwurfsendung ins Haus flatterten, sei ökonomisches Grundwissen der beste Weg, Armutsrisiken zu verringern. "Bildungsarmut geht oft mit wirtschaftlicher Armut einher; das zeigen alle Analysen."


Auch die Schuldnerberatung könne sich stärker präventiv ausrichten, meint der Professor für Haushalts- und Konsumökonomik. Vorraussetzung sei allerdings eine bessere personelle Ausstattung. "Viele Kommunen haben ihre Mittel so sehr zusammen gestrichen, dass für ausreichende Beratungs- und Bildungsangebote die Kapazitäten fehlen." Tagungsthema ist auch die Weiterentwicklung der Armutsberichterstattung - ein Instrument, dass von Regierungen eher stiefmütterlich behandelt wird.


Die Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft hat ein Memorandum zur Armutsbekämpfung vorbereitet, das sie am Ende der Tagung offiziell verabschieden wird. Zentrale Thesen: Das Armutsrisiko sei in den letzten Jahren gestiegen, Bildung der wichtigste Schlüssel zu mehr Wohlstand - und: Armutsprävention sei ebenso ein Gebot der Vernunft wie der Moral.


Das komplette Tagungsprogramm gibt es im Internet unter http://www.dghev.de. Für Medienvertreter ist die Teilnahme kostenfrei.


Kontakt:

Professor Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky

Professur für Haushalts- und
Konsumökonomik an der Universität Bonn

Tel.: 0228/73-3124

E-Mail: piorkowsky@uni-bonn.de





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