26. Januar 2021

Die Krux mit den Klimatrends Die Krux mit den Klimatrends

Die instrumentellen Klimaaufzeichnungen sind menschliches Kulturerbe, das Produkt der sorgfältigen Arbeit vieler Generationen von Menschen auf der ganzen Welt. Aber Veränderungen in der Art und Weise, wie die Temperatur gemessen wurde, und in der Umgebung der Wetterstationen können zu falschen Trends führen. Ein internationales Team, an dem die Universität Rovira i Virgili (Spanien), die Staatliche Meteorologische Agentur (Spanien) und die Universität Bonn (Deutschland) beteiligt waren, hat Methoden zur rechnerischen Eliminierung solcher Fehltrends getestet. Die Ergebnisse sind im renommierten „Journal of Climate“ der American Meteorological Society veröffentlicht.

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Dieses Bild zeigt - drei nebeneinander liegende Wetterschutzhäuschen in Murcia (Spanien). © Project SCREEN, Center for Climate Change, Universitat Rovira i Virgili, Spain
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Klimabeobachtungen reichen oft mehr als ein Jahrhundert zurück - in Zeiten, bevor wir Strom oder Autos hatten. Solch lange Zeitspannen machen es praktisch unmöglich, die Messbedingungen über die Jahre hinweg gleich zu halten. Das bekannteste Problem ist das Wachstum der Städte um die Wetterstationen herum. Städte neigen dazu, wärmer zu sein, zum Beispiel wegen der geringeren Verdunstung durch Pflanzen oder weil hohe Gebäude die Kühlung blockieren. 
 
Der häufigste Grund für Sprünge in den Beobachtungsdaten sind Versetzungen von Wetterstationen. Sei es durch Baumaßnahmen, die diese Standorte ungeeignet machen, oder durch organisatorische Veränderungen.  „Eine ganz typische organisatorische Veränderung ist, dass Wetterämter, die früher in Städten waren, an neu gebaute Flughäfen verlegt wurden“, sagt Dr. Victor Venema, Klimatologe der Universität Bonn, der an der Studie mitgearbeitet hat.  So stand die Wetterstation in Bonn früher auf einem Feld in Poppelsdorf, das inzwischen ein Stadtteil von Bonn ist. Nach mehreren Umzügen befindet sich die Station heute am Flughafen Köln-Bonn.
 
Entsprechende Computerprogramme zur automatischen Homogenisierung klimatischer Zeitreihen sind das Ergebnis mehrjähriger Entwicklungsarbeit. Sie arbeiten, indem sie nahegelegene Stationen miteinander vergleichen und nach Veränderungen suchen, die nur in einer dieser Stationen auftreten - im Gegensatz zu klimatischen Veränderungen, die alle Stationen beeinflussen.
 
Um diese Homogenisierungsmethoden zu überprüfen, erstellte das Forschungsteam Datensätze, die beobachtete Klimawerte einschließlich der etwa durch Verlagerungen von Messstationen verursachten Einflüsse genau nachahmen. Venema: „Auf diese Weise sind die störenden Änderungen bekannt und man kann untersuchen, wie gut sie durch die Homogenisierung entfernt werden.“ Im Vergleich zu früheren Studien zeigten die Testdatensätze viel größere Unterschiede, zum Beispiel in der Stationsdichte der Beobachtungsnetzwerke.
 
Der Testdatensatz war mit 1.900 Stationsnetzen so groß wie nie zuvor. Das ermöglichte den Wissenschaftlern, die Unterschiede zwischen den besten automatischen Homogenisierungsmethoden, die von Forschergruppen aus Europa und Amerika entwickelt wurden, genau zu bestimmen. Die internationale Autorengruppe fand heraus, dass es viel leichter ist, Fehler aus einzelne Stationszeitreihen zu entfernen als aus Zeitreihen von Gebietsmittelwerten, wie die Zeitreihe für Deutschland. 
 
Dabei schnitten die spanischen Homogenisierungsmethoden am besten ab. Die am Centre for Climate Change, Univ. Rovira i Virgili, Vila-seca, Spanien, von dem ungarischen Klimatologen Dr. Peter Domonkos entwickelte Methode erwies sich als die beste bei der Homogenisierung sowohl für die Zeitreihen einzelner Stationen (zum Beispiel Bonn) als auch für die Zeitreihe von etwa ganz Nordrhein-Westfalen. Die von Dr. José A. Guijarro entwickelte Methode der Staatlichen Meteorologischen Agentur (AEMET), Unit of Islas Baleares, Palma, Spanien, lag knapp dahinter.
 
Wenn es darum geht, systematische Trendfehler aus vielen Netzwerken zu entfernen, und vor allem aus Netzwerken, in denen über einen kurzen Zeitraum in vielen Stationen ähnliche ungewollte Änderungen auftreten (Übergänge), hat die Homogenisierungsmethode der amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Agency (NOAA) am besten abgeschnitten. Dies ist eine Methode, die für die Homogenisierung von Stationsdatensätzen auf globaler Ebene entwickelt wurde, wo diese Übergänge die Hauptschwierigkeit für zuverlässige globale Trends darstellen.
 
Prof. Dr. Manola Brunet, Direktor des Centre for Climate Change, Univ. Rovira i Virgili, Vila-seca, Spanien, und Visiting Fellow an der Climatic Research Unit, University of East Anglia, Norwich, UK, und Vizepräsident der World Meteorological Services Technical Commission, sagt: „Die Studie zeigt, wie wichtig dichte Stationsnetze sind, um Homogenisierungsmethoden leistungsfähig zu machen und damit genau beobachtete Trends zu berechnen. Leider müssen noch viele Klimadaten digitalisiert werden, um zu einer noch besseren Homogenisierung und Qualitätskontrolle beizutragen."
 
Die Forschung wurde vom spanischen Ministerium für Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.
 
Publikation: Domonkos, Peter, José A. Guijarro, Victor Venema, Manola Brunet und Javier Sigró, 2021: Effizienz der Zeitreihenhomogenisierung: Methodenvergleich mit 12 monatlichen Temperatur-Testdatensätzen. Online veröffentlicht, Journal of Climate, 13 Jan 2021. https://doi.org/10.1175/JCLI-D-20-0611.1
 
 
Kontakt:
 
Dr. Victor Venema
Meteorologisches Institut
Universität Bonn
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