04. Februar 2025

Heiß oder kalt? Gemeinsam forschen in Klimakammern Heiß oder kalt? Gemeinsam forschen in Klimakammern

Exakte Bedingungen sorgen für kontrolliertes Pflanzenwachstum

Im neuen Klimakammer-Gewächshaus lassen sich Temperatur, Feuchtigkeit und Licht mit höchster Präzision einstellen. Die neue High-Tech-Einrichtung ermöglicht exakt kontrollierte Experimente mit Pflanzen. Kürzlich wurde die neue zentrale Einrichtung der Universität Bonn an der Nussallee 9 eingeweiht. Nun stehen auf 656 Quadratmetern Fläche zwölf Klimakammern und ein Gewächshaus zur Verfügung. Forschungsgruppen der Universität Bonn aus verschiedensten Fächern – und auch externe – können die Nutzung für Experimente beantragen. 

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Pflanzen werden maßgeblich durch die Temperatur beeinflusst. Aber auch Luftfeuchte, Luftzirkulation und Licht sind wichtig für das Wachstum. All das können die zwölf neuen Klimakammern sehr präzise regulieren, Wachstumsexperimente lassen sich damit sehr exakt kontrollieren. Darüber hinaus ermöglicht das daran angeschlossene Forschungsgewächshaus, die Pflanzen für die Versuche entsprechend vorzubereiten.

„Ein zentrales Ziel der Forschung in den neuen Klimakammern und im Gewächshaus ist es, die genetischen und physiologischen Prozesse zu verstehen, die wichtig für die Anpassung der Nutzpflanzen an veränderte Umweltbedingungen sind“, sagt Dr. Frank Hochholdinger, Professor für funktionelle Genomik der Nutzpflanzen am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES). Das Angebot an Klimakammern an der Universität Bonn war knapp und die vorhandenen veraltet. „Es zeigte sich, dass es ökonomisch sinnvoller ist, eine zentrale Einheit einzurichten“, berichtet Hochholdinger. Der Wissenschaftler erhielt im Zuge von Bleibeverhandlungen schließlich die Möglichkeit, im Jahr 2018 einen Großgeräteantrag zur Beschaffung von zwölf Klimakammern zu stellen.

In den Klimakammern lassen sich sogar Lichtspektrum und Lichtintensität regulieren. Links: Dr. Alina Klaus und rechts Rebecca Kaiser.
© Volker Lannert / Uni Bonn

Langer Atem

Bis zur Realisierung vergingen fast sechs Jahre. „Wir brauchten einen langen Atem, um alle Nutzungsinteressen unter einen Hut zu bekommen, und während der Corona-Pandemie das Vorhaben voranzutreiben“, sagt Dr. Birgit Hoegen, Referentin für Immobilien und Finanzen an der Landwirtschaftlichen Fakultät, die das Projekt koordinierte. „Da die Mittel begrenzt sind, kommen wir als Universität nur weiter, wenn wir fakultätsübergreifend denken und uns entsprechend organisieren.“ Die Koordinatorin motivierte, dass sich bei einem solchen Vorhaben viel voneinander lernen lässt und dies auch Spaß macht.

Die neue Klimakammer
© Volker Lannert / Uni Bonn

„Ziel ist, `klimafitte´ Pflanzensorten zu erzeugen“

Arbeitsgruppen wollen demnächst in der neuen zentralen Forschungseinrichtung der Universität Bonn Experimente an Mais, Gerste, Weizen, Reis, Zuckerrübe, Kartoffel und Tomate durchführen. „Ziel ist, durch diese Forschung dazu beizutragen, `klimafitte´ Pflanzensorten zu erzeugen, die etwa tolerant gegenüber Hitze und Trockenheit sind und so dem Klimawandel trotzen können“, sagt Hochholdinger. Neben der Landwirtschaftlichen Fakultät gibt es hierzu auch Projekte aus der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen.

Das neue Klimakammergewächshaus aus der Vogelperspektive. Es befindet sich an der Nussallee 9 in Bonn. Fotos: Volker Lannert/Uni Bonn
© Volker Lannert / Uni Bonn

International konkurrenzfähig

An der Universität Bonn sind verschiedene dieser zentralen Einrichtungen – „Core Facilities“ genannt – am "Bonn Technology Campus" gebündelt. Dazu gehören neben den neuen Klimakammern eine ganze Reihe von Einrichtungen wie zum Beispiel für Mikroskopie, Gene Editing, Next Generation Sequencing oder Proteomics. „Die Bündelung von Spitzentechnologie und Expertise ist nicht nur aus wirtschaftlicher, sondern auch aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll“, sagt Dr. Elmar Endl, Leiter der Koordinationsstelle Wissenschaftliche Infrastruktur. 

„Den etablierten Forschungsgruppen ermöglicht ein breites Spektrum an gemeinsam genutzten Forschungsinfrastrukturen, auf internationalem Niveau konkurrenzfähig zu bleiben. Und aufstrebende Forschende erhalten Zugang zu Technologien, die sie sich ansonsten nicht leisten könnten.“

Formell sind die Klimakammern Teil der Forschungsinfrastruktur der Landwirtschaftlichen Fakultät. Verwaltung und Betreuung der Anlage werden durch die Dienstleistungsplattform Pflanzenversuche (DLP) sichergestellt. Durch die Einbindung in den Bonn Technology Campus als 'Core' wird ein fakultätsübergreifender Zugriff ermöglicht. Die Klimakammern stehen Angehörigen aller Fakultäten der Universität zur Verfügung. Externe können etwa im Rahmen bestehender Kooperationsverträge die Anlage nutzen. „Darüber hinaus haben auch Firmen die Möglichkeit, die Core Facility zu buchen“, sagt Dr. Alina Klaus von der DLP-Geschäftsstelle. „Bei Kapazitätsengpässen haben allerdings interne Nutzungen stets Vorrang.“

Beratungsgespräche für Interessierte

Wenn Forschende bereits eine genaue Vorstellung haben, was für die Durchführung ihrer Versuche benötigt wird, können sie eine Klimakammer über die Seite des Bonn Technology Campus buchen. Die Anfrage wird dann an Alina Klaus zur Überprüfung und Freigabe weitergeleitet. „Generell führen wir mit allen Versuchsansteller*innen vor Beginn der Experimente ein verbindliches Beratungsgespräch“, berichtet Alina Klaus. „Natürlich kann man uns auch vorher in der Planungsphase der Versuche kontaktieren, um mögliche Optionen zu besprechen.“

Für die Nutzung von Core Facilities fallen Gebühren an. „Für eine bessere Planung haben wir Pauschalen berechnet, die bei der Einwerbung von Drittmitteln geltend gemacht werden können.“ Auch Studierende können die Klimakammern etwa für Abschlussarbeiten nutzen.

Üppiges Wachstum: Im Forschungsgewächshaus lassen sich die Pflanzen vorziehen, die für die benachbarten Klimakammern gebraucht werden. Damit bleiben die Wege kurz. Rechts Dr. Alina Klaus von der Dienstleistungsplattform Pflanzenversuche und links der Technische Assistent Jörg Nettekoven.
© Volker Lannert / Uni Bonn

„Pflanzenforschung auf höchstem Niveau“

Einen typischen Alltag gibt es bei der Dienstleistungsplattform Pflanzenversuche kaum. „Da wir viele Forschende bei sehr unterschiedlichen Experimenten unterstützen, stellen wir uns täglich neu auf das ein, was an Ansprüchen und Wünschen auf uns zukommt“, sagt Alina Klaus. Sie ist direkte Ansprechpartnerin für alle wissenschaftlichen und organisatorischen Fragen. Zusammen mit dem technischen Leiter Josef Bauer koordiniert sie den täglichen Betrieb, plant die Belegung der Räumlichkeiten und stellt sicher, dass alles reibungslos funktioniert.

Forschung über Grenzen hinweg ist an der Universität Bonn kein Novum. „Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren eng mit anderen Fakultäten zusammen“, sagt Prof. Dr. Heiko Schoof, Dekan der Landwirtschaftlichen Fakultät. „So versuchen wir gemeinsam, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu nutzen und Synergien zu schaffen.“ Mit dem Klimakammergewächshaus sei eine hervorragende Infrastruktur entstanden, die fakultäts- und fächerübergreifende „Pflanzenforschung auf höchstem Niveau“ ermöglicht. „Diesem Beispiel sollen weitere folgen.“

Das Klimakammer-Gewächshaus wird als neue zentrale Einrichtung gemeinsam von der Landwirtschaftlichen sowie der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät betrieben. Der Komplex wurde mit insgesamt rund sieben Millionen Euro gemeinsam von der Universität Bonn, dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW sowie im Rahmen eines Großgeräteantrags von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert. Auf dem Gelände des neuen 656 Quadratmeter großen Klimakammer-Gewächshaus-Komplexes standen drei alte Gewächshäuser, die für das neue Projekt abgerissen wurden. In den zwölf Pflanzenwachstums-Klimakammern lassen sich Temperatur, Luftfeuchte, Luftzirkulation, Lichtintensität und Lichtspektrum exakt regeln. Damit erhalten die Pflanzen konstante Wachstumsbedingungen für unterschiedliche Versuche – etwa Experimente zum UV-Stress oder zum Klimawandel. Angebaut ist ein Glas-Gewächshaus mit fünf Kabinen. Eine weitere Besonderheit ist das nachhaltige Energiekonzept bestehend aus Energieschirm und Wärmerückgewinnung. So wird die Abwärme der Klimakammern zur Heizung der Gewächshäuser verwendet.

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