18. Juni 2017

Physiker entwickeln hochpräzise Uhr Physiker entwickeln hochpräzise Uhr

Quantentechnologie macht’s möglich: Eine Uhr, die in 100 Millionen Jahren nur etwa eine Sekunde „falsch“ geht. Ein Forscherteam aus Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen unter Beteiligung der Universität Bonn entwickelt nun einen solch präzisen Chronometer. Für dieses Projekt stehen in den nächsten Jahren insgesamt sechs Millionen Euro zur Verfügung.

Das Team (von links):
Das Team (von links): - Dr. Andrea Alberti, Carsten Robens, Prof. Dr. Dieter Meschede, Dr. Wolfgang Alt und Stefan Brakhane vom Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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Im Bereich der Quantentechnologien hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) einen Strategieprozess der Fach-Community initiiert, der die Bedeutung des Themenfelds für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland betont hat. Um erste Ergebnisse dieser Prozesse umzusetzen, hat das BMBF Pilotprojekte ausgewählt, die wichtige Entwicklungen zu den Quantentechnologien anstoßen. Kürzlich startete das erste Vorhaben „Optische Einzelionenuhr für Anwender (optIclock)“. Die Arbeitsgruppe Quantentechnologie von Prof. Dr. Dieter Meschede vom Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn ist beteiligt.

Ziel des unter Führung der TOPTICA Photonics AG und der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) Braunschweig durchgeführten Verbundprojektes ist es, innerhalb von drei Jahren einen Demonstrator für eine optische Einzelionenuhr unter dem Namen „optIclock“ (optical Ion clock) zu realisieren. Hierfür stehen dem Forschungsverbund – bestehend aus Ferdinand Braun Institut Berlin, High Finesse GmbH, Menlo Systems GmbH, PTB Braunschweig, QUARTIQ GmbH, Qubig GmbH, TOPTICA Photonics AG, Universität Bonn, Universität Siegen und Vacom GmbH – insgesamt rund sechs Millionen Euro zur Verfügung, wovon rund 1,5 Millionen von den beteiligten Unternehmen selbst bereitgestellt werden.

Gemäß der Devise „Raus aus dem Labor – rein in die Anwendung“ wird die optIclock das bislang in Forschungsreinrichtungen untersuchte herausragende Potential der Quantentechnologien nutzbar machen. In Labors erreichen die besten experimentellen Uhren, die unter ständigem Eingriff durch wissenschaftliches Personal nur für begrenzte Zeit zu betreiben sind, Genauigkeiten von 17 bis 18 Stellen nach dem Komma. Hochgerechnet auf das gesamte Alter des Universums von rund 14 Milliarden Jahren gingen solche Uhren nur um etwa 1 Sekunde „falsch“. Die optIclock soll unter geringen Abstrichen von etwa 10 bis 100 in der Genauigkeit besser als jeder kommerzielle Frequenzstandard sein und im Gegensatz zu den Laborlösungen transportabel, einfach bedienbar und damit für Anwender einsetzbar sein. 

Einzelnes geladenes Atom in der elektrischen Falle

In der optIclock wird ein einzelnes geladenes Atom in einer elektrischen Falle im Ultrahochvakuum gefangen, mit Lasern auf wenige Tausendstel Grad über dem absoluten Temperatur-Nullpunkt abgekühlt und ein weiterer Laser, der sogenannte Uhrenlaser, auf einen optischen Übergang in diesem Atom geregelt. Die Anwendertauglichkeit als besonderer Gegenstand dieses Pilotprojektes wird durch Miniaturisierung, Automation und Integration der einzelnen Komponenten sowie durch eine umfassende Gesamtsystemarchitektur möglich. Die hierfür notwendige Entwicklung an Schlüsseltechnologien und Konzepten wird auch anderen Anwendungen der Quantentechnologie zugutekommen, wie z.B. Quantencomputer, Quantensimulatoren oder Quantensensoren.

Die Anwendungen umfassen die direkte Zeitmessung durch die Realisierung eines hochgenauen Frequenznormals, die präzise Synchronisation großer Netzwerke oder mehrerer Radioteleskope, die Navigation allgemein, sowie die Verbesserung globaler Satelliten-Navigationssystemen. Insbesondere der Einsatz als spezialisierter Quantensensor, der Höhenunterschiede über große Distanzen durch Frequenzvergleiche messen kann, verspricht eine Vielzahl an Anwendungen in der Geodäsie, um z.B. Meeresspiegeländerungen oder Landanhebungen und -absenkungen zu vermessen.

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