03. März 2015

Gefäßstütze löst sich nach erfülltem Zweck auf Gefäßstütze löst sich nach erfülltem Zweck auf

Uni-Klinikum bietet Herzpatienten eine neuartige Alternative zum üblichen Stent aus Metall

Bei verengten Herzkranzgefäßen wird Betroffenen oft ein Stent aus Metall eingesetzt, der das restliche Leben im Körper verbleibt. Doch es gibt jetzt solche Gefäßstützen auch aus einem Material, das sich in einem Zeitraum von sechs bis 24 Monaten biologisch vollständig abbaut. Gerade junge Herzpatienten profitieren von diesen neuen bioresorbierbaren Stents, die derzeit größere Herzzentren wie die Kardiologie am Universitätsklinikum Bonn anbieten.

Stent ohne Spuren:
Stent ohne Spuren: - Prof. Georg Nickenig (re.) erklärt seinem Patienten den Eingriff; © Rolf Müller / UK Bonn
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Plötzlich hatte Robert H.* (* Name geändert) nachts ein Druckgefühl in der Brust. Da er sich Sorgen machte, ging der 47-Jährige zu seinem Hausarzt. Obwohl der Mediziner seine Herztöne nicht bedrohlich fand, wandte sich Robert H. aufgrund zunehmender Schmerzen nach vierzehn Tagen auf Eigeninitiative an einen Kardiologen: „20 Minuten später saß ich in einem Rettungswagen.“ Denn er hatte einen Herzinfarkt. Aufgrund der verstopften Seitenwand-Arterie drohten Herzmuskelzellen abzusterben.

In dieser akuten lebensbedrohlichen Situation fand Robert H. schnelle Hilfe am Herzzentrum des Universitätsklinikums Bonn. Dort dehnten Kardiologen sofort seine verstopfte Arterie mit einem Ballonkatheter auf und implantierten bei dem 47-Jährigen eine Gefäßstütze. Dabei fiel ihre Wahl auf einen bioresorbierbaren Stent. „Wir verwenden diese neuartigen Stents dann gerne, wenn der Herzpatient relativ jung ist. Denn er hat noch eine lange Phase seiner Krankheit vor sich“, sagt Prof. Dr. Georg Nickenig, Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Bonn.

Keine Spuren im Körper

Das bioresorbierbare Stent ist aus Polylactid, einer polymeren Michsäureverbindung, die sich über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren im Blutgefäß langsam abbaut. Denn bei Kontakt mit Wasser zerfällt das Biopolymer Stück für Stück in seine Einzelbausteine „Milchsäure“, die vom Körper ausgeschieden werden. „Das ist das Attraktive: Der Stent hinterlässt keine Spuren“, sagt Prof. Nickenig.

Neben dieser Besonderheit erfüllt die neuartige Gefäßstütze alle Funktionen eines herkömmlichen mit Medikament beschichteten Metallstents. Zunächst öffnet das Implantat die verengte Arterie und stellt so den ungehinderten Blutfluss zum Herzen wieder her. Dann setzt es einen Wirkstoff frei, der einen Heilungsprozess in Gang setzt und so einer Wiederverengung des Gefäßes vorbeugen soll. Anschließend stützt der Stent solange wie nötig die Arterie, bis er langsam beginnt sich aufzulösen.

Vielversprechende Alternative steht noch am Anfang

Seit etwa einem Jahr implantiert das Team um Prof. Nickenig die sich auflösenden Stents, bisher insgesamt 200, erfolgreich. Gerade junge Herzpatienten, zu denen durchaus die 50- bis 60-Jährigen zählen, können davon profitieren. Denn bei einem gegebenenfalls notwendigen erneuten Eingriff am Herzen, ist dann kein störendes Metall vorhanden. Auch ist die neuartige Gefäßstütze sinnvoll, wenn lange Strecken im Gefäß zu eng sind. Zudem erhoffen sich die Experten, dass sich die Arterie auf lange Sicht so besser erholen kann und seine gesunde Funktion wiedererlangt. „Ob die bioresorbierbare Alternative langfristig als neuer Goldstandard die Stents aus Metall ablösen wird, ist unklar. Dafür gibt es noch zu viele offene Fragen“, sagt Prof. Nickenig. Derzeit seien die neuen Gefäßstützen sogar schwerer zu implantieren, da sie noch viel dicker sind als die herkömmlichen Stents

Robert H. hat jetzt eine Chance von über 90 Prozent, dass seine Seitenwand-Arterie in Ordnung bleibt. Auch dankt er für die professionelle und fürsorgliche Erstversorgung am Universitätsklinikum Bonn: „Nach dem Eingriff war ich sofort beschwerdefrei. Die Schmerzen waren weg.“ Doch nach der für ihn traumatischen Akutsituation weiß der 47-jährige Vater von drei Kindern im Alter von drei, sieben und 16 auch, dass er als Hochrisikopatient einiges ändern muss. So war die anschließende Reha für ihn eine Weichenstellung. Dort hat er unter anderem begonnen, Sport zu treiben. Jetzt macht er regelmäßig Kraft- und Ausdauertraining. Besonders genießt er es, an der Sieg zu laufen: „Es ist richtig schön da.“

Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. Georg Nickenig
Direktor der Medizinischen Klinik II
Universitätsklinikums Bonn
Telefon: 0228/287-15217
E-Mail: georg.nickenig@ukb.uni-bonn.de

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