28. Mai 2014

Rasante Eisberge in der Antarktis Rasante Eisberge in der Antarktis

Neue Erkenntnisse zur Dynamik von Eisschilden

Ein internationales Team unter Leitung des Kölner Geologen Michael Weber hat in einer gemeinsamen Daten- und Modellstudie herausgefunden, dass die antarktischen Eismassen schon früh am Rückgang der letzten Eiszeit beteiligt waren. Dabei haben sie eine bisher nicht bekannte, erhebliche Dynamik entwickelt, wie aus Tiefseeablagerungen des Scotiameeres, dem Haupttransportweg für antarktische Eisberge, rekonstruiert werden konnte.

Eisberg im Scotiameer,
Eisberg im Scotiameer, - der sich im Zerfall befindet. © Foto: Dr. Michael Weber/Uni Köln
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.

Im Übergang zur jetzigen Warmzeit gab es acht Phasen massiv erhöhten Eisbergtransports im Zeitraum 19.000 bis 9.000 Jahre vor heute. „Der Anstieg der erhöhten Eisbergaktivität trat dabei abrupt auf, häufig innerhalb eines Jahrzehnts, was auf einen zumindest teilweisen Kollaps des antarktischen Eispanzers hindeutet“, erläutert Michael Weber. Bisherige Rekonstruktionen gingen von einem späteren und allmählichen antarktischen Eisrückzug aus.

„Damit können wir zum ersten Mal belegen, dass die Antarktis einen deutlichen Beitrag zum größten Meeresspiegelanstieg vor ca. 14.600 Jahren geleistet hat“, verdeutlicht Peter Clark von der Oregon State University. In einem Zeitraum von 350 Jahren stieg der Meeresspiegel damals um etwa 16 Meter an. Begleitende Klimamodellierungen haben erstmals einen Mechanismus ausgearbeitet, der für einen beschleunigten Abbau des Antarktischen Eises verantwortlich ist. „Wir gehen davon aus, dass die Ozeanzirkulation wärmeres Wasser an die Eisschilde herangeführt und dadurch zur Destabilisierung beigetragen hat“, erklärt Axel Timmermann von der Universität von Hawaii.

Die neu entdeckte Dynamik legt auch den Schluss nahe, dass die heute durch die vom Menschen verursachte Erwärmung zu einer Wiederholung der Ereignisse führen könnte. „Es gilt nun, unsere Modelle und Daten mit den heute wirksamen Mechanismen zu vergleichen, um eine bessere Prognose für die Zukunft zu liefern“, ergänzt Gerrit Lohmann vom Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung.

Christian Ohlwein vom Hans-Ertel-Zentrum für Wetterforschung am Meteorologischen Institut der Universität Bonn entwickelte ein statistisches Verfahren zur Datierung der Tiefseeablagerungen und damit zur zeitlichen Eingrenzung der acht Phasen erhöhten Eisbergtransports. „Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf Algorithmen zur objektiven Abschätzung der Unsicherheiten in der Datierung“, sagt Ohlwein. Vergleichbare Methoden finden in der allgemeinen Wetter- und Klimaforschung Anwendung.

Publikation: Weber, M. E., Clark, P. U., Kuhn, G., Timmermann, A., Sprenk, D., Gladstone, R., Zhang, X., Lohmann, G., Menviel, L., Chikamoto, M., Friedrich, T., Ohlwein, C.: Millennial-scale variability in Antarctic ice-sheet discharge during the last deglaciation, Fachjournal “Nature”, DOI: 10.1038/nature13397

Kontakt für die Medien:

Dr. Michael Weber
Institut für Geologie und Mineralogie
Tel.: 0221 470 7316
E-Mail: michael.weber@uni-koeln.de
Internet: http://www.geologie.uni-koeln.de/weber.html

Dr. Christian Ohlwein
Meteorologisches Institut der Universität Bonn
Hans-Ertel-Zentrum für Wetterforschung
Tel. 0228 73 5195 oder 73 5190
E-Mail: ohlwein@uni-bonn.de
Internet: http://www2.meteo.uni-bonn.de/mitarbeiter/CSchoelzel/

Die Mannschaft
Die Mannschaft - bei der Bohrkerngewinnung im Scotiameer. © Foto: Dr. Michael Weber/Uni Köln
Das französische Forschungsschiff
Das französische Forschungsschiff - Marion Dufresne II bei starkem Seegang im Scotiameer. © Foto: Dr. Michael Weber/Uni Köln
Wird geladen