17. Dezember 2012

Knockout mit „Gen-Scheren“ Knockout mit „Gen-Scheren“

Wissenschaftler der Universität Bonn entwickeln ein automatisiertes Verfahren für die Genomforschung

Wer wissen will, welche Funktion ein Gen hat, muss es ausschalten. Dann lässt sich anhand der Ausfälle beobachten, für was der Erbfaktor verantwortlich ist. Mit „TALENs“ (Transcription activator-like effector nucleases) hat sich seit kurzem eine neue Technologie für den Gen-Knockout etabliert. Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun eine neue Methode entwickelt, mit der sich „TALENs“ einfach, schnell und automatisiert herstellen lassen. Die Forscher stellen ihr Verfahren jetzt im renommierten Journal „Nature Biotechnology“ vor.

Haben ein neues Verfahren zur Patentierung eingereicht:
Haben ein neues Verfahren zur Patentierung eingereicht: - Prof. Dr. Veit Hornung, Tobias Schmidt und Jonathan Schmid-Burgk (von links). © Foto: Rolf Müller/UKB
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Rund drei Milliarden Zeichen codieren das Erbgut des Menschen. Doch wo verbergen sich in dieser gigantischen Sequenz wichtige Gene - und welche Funktion haben sie? Diese Nadel im Heuhaufen finden Wissenschaftler, indem sie bestimmte Gene abschalten und dann beobachten, welche Folgen dies hat. „Mit diesen Gen-Knockouts kann man Rückschlüsse auf die Funktion und Arbeitsweise des jeweiligen Gens ziehen“, erläutert Professor Dr. Veit Hornung vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie des Universitätsklinikums Bonn. Das gezielte Ausschalten von Genen war bisher jedoch aufwendig und funktionierte meist nur in Mäusen. „Die Ergebnisse aus den Tiermodellen sind zudem nicht immer einfach eins zu eins von Mäusen auf den Menschen übertragbar“, berichtet Prof. Hornung.

„TALENs“ werden absehbar die Genforschung revolutionieren

Seit kurzem gibt es jedoch ein neues Verfahren, das sich auch auf Zellkulturen des Menschen anwenden lässt und das absehbar die ganze Genforschung revolutionieren wird: „TALEN“ (Transcription activator-like effector nucleases). „Es handelt sich dabei um synthetisch hergestellte Scheren, die in den Zellkern eingeschleust an bestimmte Stellen der Erbsubstanz binden und dort Löcher hineinschneiden“, berichten die Erstautoren der Studie Jonathan Schmid-Burgk und Tobias Schmidt aus dem Team von Prof. Hornung. Die Zelle repariert daraufhin den Erbgutstrang an dieser Stelle oft fehlerhaft, das Gen wird dadurch funktionslos. Um dies bewerkstelligen zu können, brauchen die Forscher jedoch für jeden Erbgutabschnitt eine eigene Schere. Die TALEN-Technologie ermöglicht dies durch einen ganzen Baukasten verschiedener Einheiten, die auf das jeweilige Gen maßgeschneidert zusammengebaut werden können.

Automatische Herstellung von maßgeschneiderten Gen-Scheren

„Dies war bisher jedoch sehr aufwendig und erforderte sehr viele Schritte, die sich kaum automatisieren ließen“, erklären Jonathan Schmid-Burgk und Tobias Schmidt. Die Wissenschaftler der Bonner Universität haben nun ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, die maßgeschneiderten Gen-Scheren für die Knockouts sehr schnell, mit hoher Genauigkeit und in großen Mengen herzustellen. Dies funktioniert ähnlich wie eine Schreibmaschine, die aus den einzelnen Buchstaben ganze Texte zusammenfügt. Ausgehend von der Zeichenabfolge des Gens, das ausgeschaltet werden soll, baut ein Roboter aus verschiedenen Bausteinen die gewünschte Schere zusammen. „Die Enden der einzelnen Bausteine kleben dabei automatisch aneinander“, berichtet Prof. Hornung. „Man muss sie nicht mehr wie bei anderen Verfahren mit Enzymen verbinden.“

Ein Patentantrag ist bereits eingereicht

Die auf diese Weise produzierte Gen-Schere wird dann in den Kern einer lebenden Zelle eingeführt und schaltet dort den gewünschten Erbfaktor ab. Die Idee für das TALEN-Verfahren stammt aus der Natur. So wurde die grundlegende Struktur der TALE-Proteine von bestimmten Bakterien abgeleitet, die Fäulniserkrankungen an Pflanzen auslösen. Die Mikroben schleusen TALE-Proteine in die Pflanzenzellen ein, um dort spezifische Erbgutabschnitte zu ihrem Vorteil zu regulieren. Die darauf basierende  TALEN-Technologie wird durch die Entwicklung der Wissenschaftler der Bonner Universität nun wesentlich einfacher. Das neue Verfahren der Forscher ist bereits zur Patentierung eingereicht. „Endlich liegt damit eine sehr einfache Möglichkeit vor, in Zellkulturen des Menschen bestimmte Gene auszuschalten“, sagt Prof. Hornung. „Damit wird die Genomforschung in den nächsten Jahren einen großen Schub erfahren.“

Publikation: A ligation-independent cloning technique for high-throughput assembly of transcription activator-like effector genes, Journal „Nature Biotechnology“, DOI: 10.1038/nbt.2460

Kontakt:

Prof. Dr. Veit Hornung
Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie
Universitätsklinikum Bonn
Tel. 0228/28751200
veit.hornung@uni-bonn.de

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