13. März 2021

Wenn sich Speicher-Qubits und Photonen verschränken Wenn sich Speicher-Qubits und Photonen verschränken

Physiker der Universität Bonn erstellen Quantennetzwerk mit Licht-Materie-Schnittstelle

Daten so zu verschlüsseln, dass sie eine sichere Kommunikation gewährleisten, ist eine immer größer werdende Herausforderung, denn entscheidende Komponenten heutiger Verschlüsselungssysteme können zukünftigen Quantencomputern nicht standhalten. Forschende auf der ganzen Welt tüfteln daher an Technologien für neuartige Verschlüsselungsverfahren, die ebenfalls auf Quanteneffekten beruhen. Dabei spielt das Phänomen der sogenannten Quantenverschränkung eine besonders große Rolle. Bedeutet: In einem Quantennetzwerk werden die stationären Qubits des Netzwerks mit dem Kommunikationskanal verschränkt, der üblicherweise aus Photonen (Lichtteilchen) besteht. Zum ersten Mal konnten jetzt Physiker der Universität Bonn die Quantenverschränkung zwischen einem stationären Qubit, also einem Zweizustands-Quantensystem, und einem Photon mit direkter Kopplung an eine Glasfaser zeigen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „npj Quantum Information“ erschienen.

Links: Skizze des Versuchsaufbaus.
Links: Skizze des Versuchsaufbaus. - Rechts: Absolute Werte der Dichtematrix ? des Zwei-Teilchen-Zustands, erhalten aus einer umfassenden Quantenzustands-Tomographie. © CC BY 4.0 / Kobel et al./ https://www.nature.com/articles/s41534-020-00338-2
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Quantensysteme entspringen der Welt der Teilchen und kleinsten Strukturen und können für zukünftige Technologien relevant sein. Werden verschiedene Quanteninformationsträger (Quantenknoten) durch Quantenkanäle miteinander verbunden, sprechen Forschende von Quantennetzwerken. Seit 2009 arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bonn an der Realisierung eines Quantennetzwerk-Knotens, in dem ein einzelnes Ion als Speicher-Qubit an einen optischen Resonator als Licht-Materie-Schnittstelle gekoppelt ist.

Für die Verteilung von Quanteninformation in einem Netzwerk müssen jedoch die stationären Qubits des Netzwerkes mit dem Kommunikationskanal verschränkt werden. Hintergrund: Ein Quantenzustand kann nicht kopiert und auf klassische Weise übertragen werden. Als Kommunikationskanal werden in der Regel Photonen eingesetzt, die schwer gespeichert werden können, aber eine schnelle Informationsübertragung ermöglichen. „Die Implementierung von effizienten Schnittstellen zwischen Photonen und stationären Qubits ist daher entscheidend für die Rate der Informationsübertragung und die Skalierbarkeit eines Quantennetzwerks“, erklärt Erstautor Pascal Kobel, Doktorand in der Forschergruppe Experimentelle Quantenphysik der Universität Bonn.

Einbau einer Licht-Materie-Schnittstelle

In ihrem Versuchsaufbau implementierten die Wissenschaftler eine besondere Schnittstelle zwischen Licht und Materie. Dazu verwendeten sie einen optischen Resonator aus zwei gegenüberstehenden Spiegeln, die sich jeweils auf dem Ende einer optischen Glasfaser befinden. Für die Hohlspiegel trugen sie einen Teil der Glasfaser mit einem Laserpuls ab und ließen die Glasfaser-Enden dann mit einer Reflexionsbeschichtung versehen. Der Faserdurchmesser von 150 Mikrometern lag dabei ungefähr in der Größenordnung eines Haares (rund 60 Mikrometer).

„Die Konstruktion und Kombination eines solchen Resonators mit einem einzelnen Ion ist experimentell herausfordernd. Fasern und Ion müssen mit einer relativen Genauigkeit von rund einem Mikrometer zueinander platziert werden“, sagt Mitautor Moritz Breyer, ebenfalls Physiker in der Forschergruppe um Prof. Dr. Michael Köhl an der Universität Bonn. Durch das kleine Resonatorvolumen wird jedoch die Licht-Materie-Wechselwirkung erhöht, was hohe Bandbreiten für die Verteilung von Quanteninformation in einem Netzwerk ermöglicht. Ein weiterer Vorteil: Der Faser-Resonator führt zu einer sogenannten intrinsischen Kopplung von Photonen an optische Glasfasern. Das vereinfacht deren Verteilung in einem Netzwerk stark.

Mit ihrem Versuchsaufbau schafften es die Wissenschaftler zum ersten Mal, eine Quantenverschränkung zwischen einem stationären Qubit und einem Photon aus einem Glasfaserresonator heraus zu zeigen. Die Beobachtung: Auch auf eine Distanz von eineinhalb Metern teilten das einzelne Ion und das Photon einen gemeinsamen verschränkten Quantenzustand. „Unser vorgestelltes System eignet sich gut als Knoten in Quantennetzwerken“, betont Studienleiter Prof. Dr. Michael Köhl, Mitglied im Exzellenzcluster Matter and Light for Quantum Computing (ML4Q) der Universitäten Bonn, Köln und Aachen sowie des Forschungszentrums Jülich, und im Transdisziplinären Forschungsbereich „Bausteine der Materie und grundlegende Wechselwirkungen“. In dem Verbund kommen Forschende aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen, um gemeinsam an zukunftsrelevanten Fragestellungen der Exzellenzuniversität Bonn zu arbeiten.

Die Ergebnisse der Studie können für das sogenannte verteilte Quantencomputing oder eine nachweisbar sichere Kommunikation relevant sein. In zukünftigen Studien wollen die Forscher ihr System weiterentwickeln, indem sie zum Beispiel die Stabilität der Licht-Materie Schnittstelle verbessern und den Aufbau für die Verteilung von Quantenschlüsseln nutzen.

Förderung:

Die Studie erhielt finanzielle Unterstützung durch die Alexander-von-Humboldt Stiftung, den durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich TRR 185 der Universitäten Kaiserslautern und Bonn, den Exzellenzcluster ML4Q der Universitäten Bonn, Köln und Aachen sowie des Forschungszentrums Jülich und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Publikation: Pascal Kobel, Moritz Breyer & Michael Köhl: Deterministic spin-photon entanglement from a trapped ion in a fiber Fabry–Perot cavity. npj Quantum Information; DOI: 10.1038/s41534-020-00338-2

Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41534-020-00338-2

Kontakt:

Pascal Kobel

Forschergruppe Experimental Quantum Physics

Universität Bonn

Tel.: +49-228-73 6475

p.kobel@uni-bonn.de

In ihrem Versuchsaufbau
In ihrem Versuchsaufbau - implementierten die Wissenschaftler eine besondere Schnittstelle zwischen Licht und Materie. Dazu verwendeten sie einen optischen Resonator aus zwei gegenüberstehenden Spiegeln, die sich jeweils auf dem Ende einer optischen Glasfaser befinden. Für die Hohlspiegel trugen sie einen Teil der Glasfaser mit einem Laserpuls ab und ließen die Glasfaser-Enden dann mit einer Reflexionsbeschichtung versehen. © CC BY 4.0 / Pascal Kobel
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