25. Juni 2025

Seidenkokons, Nasenhöhlen und Spinnennetze: Die Zukunft der Filtertechnik Seidenkokons, Nasenhöhlen und Spinnennetze: Die Zukunft der Filtertechnik

Dr. Leandra Hamann vom BIOB erklärt im Kurzinterview, was wir von der Natur lernen können

Die Luft ist voll von verschiedensten Partikel, die meisten für uns harmlos, einige jedoch gesundheitsgefährdend. Um vor allem letztere aus der Luft zu filtern, sind innovative Filtersysteme gefragt. Mit dem Ziel, diese zu entwickeln, haben Dr. Leandra Hamann und Prof. Alexander Blanke vom Bonner Institut für Organismische Biologie der Universität Bonn in der Natur nach Vorbildern gesucht. Im Interview erklärt Leandra Hamann, welche Möglichkeiten und Herausforderungen sie dabei identifiziert haben.   

Ob Seidenkokon, Nasenhöhle oder Blüten
Ob Seidenkokon, Nasenhöhle oder Blüten - Dr. Leandra Hamann vom BIOB will die Natur als Vorbild für bessere Filtersysteme nutzen. © Jens Hamann
Alle Bilder in Originalgröße herunterladen Der Abdruck im Zusammenhang mit der Nachricht ist kostenlos, dabei ist der angegebene Bildautor zu nennen.
Bitte füllen Sie dieses Feld mit dem im Platzhalter angegebenen Beispielformat aus.
Die Telefonnummer wird gemäß der DSGVO verarbeitet.

Was sind die Herausforderungen bei bestehenden Filteranlagen? 

Das größte Problem bei bestehenden Filtern ist, dass sie schnell verstopfen. Zudem möchte man den Energieaufwand reduzieren, der benötigt wird, um den Filtrationsprozess zu erhalten. In der Natur gibt es die gleichen Herausforderungen, die von ganz unterschiedlichen Organismen gelöst werden müssen. Zum Beispiel, wenn wir in einer staubigen Umgebung sind und unsere Nase durch die vielen Partikel verstopft, dann gibt es eine Reaktion von Körper. Er transportiert mehr Schleim, um die Partikel abzutransportieren – und im schlimmsten Fall müssen wir uns die Nase putzen. Es gibt  noch viele andere Ideen in der Natur.

Welche biologischen Vorbilder eignen sich, um Filtersysteme zu verbessern?

Wir haben insgesamt sechs biologische Systeme gefunden, die Partikel aus der Luft trennen für Funktionen wie Schutz, Fortpflanzung und Nahrungsaufnahme. Dazu zählen Nasenhöhlen, Seidenkokons bei Insekten, Spinnennetze, Filter bei der Insektenatmung, Pflanzen mit Windbestäubung und Pflanzen, die Feinstaubpartikel ablagern. Ein sehr interessantes Beispiel sind Nasenhöhlen, die Partikel zum Schutz der Lunge herausfiltrieren. Doch dazu nutzt unsere Nase kein Sieb oder feines Netz, sondern eine Kombination aus Nasenhaaren, einer speziellen geometrischen Struktur und Schleim. Eine solche Struktur kenne ich bisher nicht aus technischen Filtern. Das biologische Vorbild Nase könnte also dazu genutzt werden, bestehende Filter zu verbessern oder ganz neue Filtersysteme zu entwickeln.

Was sind die Herausforderungen dabei?

Eine große Herausforderung im nächsten Schritt ist die Analyse der biologischen Vorbilder und anschließend der Transfer ins technische System. Jedes biologische Vorbild ist individuell und es sind unterschiedliche Methoden nötig, je nachdem, ob man nun eine Nase, ein Spinnennetz oder eine Blüte untersuchen möchte. Danach müssen wir die Eigenschaften identifizieren, die die spezielle Funktion erfüllen und diese in ersten Modellen nachbauen. Das kann etwas dauern, weil man viele Daten sammeln und man manchmal etwas tüfteln muss, bis man einen funktionierenden Prototypen hat – aber ich mag genau diese Herausforderung.

Woran wird an der Uni Bonn zu dem Thema geforscht?

Wir wollen weiter an Seidenkokons von Hornissenlarven forschen. Diese spinnen sich für die Entwicklung zum erwachsenen Insekt ein und sind so während dieser empfindlichen Phase geschützt. Die Seidenkokons scheinen sehr interessante Filtereigenschaften zu haben, aber das wurde bisher nur wenig erforscht. Genau das schauen wir uns an, um zu prüfen, ob man auf diesem biologischen Vorbilder neue Filter, zum Beispiel für Mund-und-Nasen-Schutz, entwickeln kann.

Dr. Leandra Hamann vom BIOB
Dr. Leandra Hamann vom BIOB © Jens Hamann

Hamann L, Foat T, Blanke A. 2025 The diversity of biological models for bioinspired aerosol filters. J. R. Soc. Interface 22: 20250221. https://doi.org/10.1098/rsif.2025.0221

Dr. Leandra Hamann
Abteilung II - Biodiversität der Tiere
Bonner Institut für organismische Biologie (BIOB)
Universität Bonn
E-Mail: lhamann@biob.uni-bonn.de

Wird geladen