29. November 2023

Die Abwechslung macht’s Die Abwechslung macht’s

Studie der Uni Bonn zeigt, wo abwechslungsreiche Anbaupraktiken auch wirtschaftlich Sinn machen

Wo und wie können abwechslungsreiche, landwirtschaftliche Anbaupraktiken profitabel eingesetzt werden, um die Produktion und gleichzeitig die Biodiversität zu steigern? Das haben Forschende der Universität Bonn in einer Studie untersucht, die nun in „Communications Earth & Environment“ erschienen ist.

Landwirtschaftliche Anbaupraktiken
Landwirtschaftliche Anbaupraktiken © Volker Lannert/Universität Bonn
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Die Landwirtschaft wird, wie andere Wirtschaftszweige auch, vom Profit getrieben. Einfache Anbausysteme wie Monokulturen haben sich daher durchgesetzt, weil sie größere Gewinne versprechen. Dabei sind sie anfälliger für Krankheiten und Parasiten, die unter anderem einen Totalausfall der Ernte verursachen können. Abwechslungsreiche Anbaupraktiken wie Mischkulturen oder Fruchtfolgen bieten eine nachhaltige Alternative. Es ist bereits wissenschaftlich belegt, dass sie auch rentabel sein können, wenn nicht sogar rentabler als Monokulturen. Aber in welchem Umfeld sind diese diversifizierten Anbaupraktiken profitabel? Und wie können sie dazu beitragen, die landwirtschaftlichen Systeme nachhaltig zu intensivieren?

Um Vorhersagen darüber treffen zu können, welche Regionen für profitable und abwechslungsreiche Anbaupraktiken geeignet sind, übertrug ein Forschungsteam des Zentrums für Entwicklungsforschung der Universität Bonn eine Methode aus der Ökologie zur Modellierung der Artenverteilung auf ihre Studie. Doktorandin und Hauptautorin Hannah Kamau, Mitglied der Arbeitsgruppe von Jun-Prof. Dr. Lisa Biber-Freudenberger und im Transdisziplinären Forschungsbereich Sustainable Futures der Universität Bonn, nutzte dafür rund 2000 Standorte mit erfolgreichem diversifizierten Anbau weltweit sowie sozio-ökonomischen Faktoren, von denen die Profitabilität abhängt: Bevölkerungsdichte, Zugang zu lokalen Märkten, Elektrizitätsversorgung, Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, und Regierungsführung.

Anschließend hat Kamau global ermittelt, welche Gebiete eben diese Faktoren aufweisen, um vorherzusagen, welche Regionen erfolgversprechend sind. Laut ihren Vorhersagen sind der globale Norden sowie Gebiete im globalen Süden, die in der Nähe von urbanen Zentren liegen, besonders geeignet für abwechslungsreiche Anbaupraktiken. „Eine entwickelte Infrastruktur spielte eine Schlüsselrolle bei der Vorhersage geeigneter Gebiete“, erklärt Hannah Kamau.

Neben der Vorhersage geeigneter Regionen ermittelte Kamau auch, wie die Produktion pro Gebiet nachhaltig gesteigert werden kann. „Es gibt zwei Ansätze zur Steigerung der Produktion: Zum einen durch Extensivierung, sprich einer geringeren Anbaudichte, aber einer Ausweitung von landwirtschaftlichen Flächen. Zum anderen durch Intensivierung, also einer höheren Anbaudichte. Je nach Region können abwechslungsreichere Anbaupraktiken zu höherer Nachhaltigkeit sowohl von Extensivierung als auch Intensivierung beitragen“, führt Kamau aus. „Jeder Ansatz birgt dabei seine Risiken.“

Welcher Ansatz der erfolgversprechendere ist, hängt dabei von der jeweiligen Fläche ab. Bereits intensiv genutzte landwirtschaftliche Flächen in Westeuropa, China, Teilen Indiens und Brasiliens sowie in Osteuropa könnten von einer Extensivierung wie der Einbeziehung von Mischpflanzungen und einer geringeren Anbaudichte profitieren. In Gebieten der Subsahara, in Teilen Brasiliens, Indiens und Tadschikistans sowie in Kanada und Australien hingegen gäbe es noch Potenzial für eine nachhaltige Intensivierung. Andere Gebiete wiederum könnten für beides geeignet sein, wie die meisten Teile Westafrikas.

Die Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Projekts „At the Science Policy Interface: LANd Use SYNergies and CONflicts within the framework of the 2030 Agenda“ LANUSYNCON [01UU2002] gefördert.

Hannah Kamau, Shahrear Roman, Lisa Biber-Freudenberger: Nearly half of the world is suitable for diversified farming for sustainable intensification. Communications Earth & Environment. DOI: https://doi.org/10.1038/s43247-023-01062-3 

Hannah Kamau
Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF)
Universität Bonn
E-Mail: hkamau@uni-bonn.de

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