Entweder manische Episoden mit ganz viel Energie oder das komplette Gegenteil: Depressionen und Antriebslosigkeit – so können die Tage von Menschen mit bipolarer Störung aussehen. Weltweit sind schätzungsweise 40 bis 50 Millionen Menschen davon betroffen. Die Krankheit wird mit einer Reihe von negativen Folgen und Risiken in Verbindung gebracht, darunter auch ein erhöhtes Suizidrisiko. Die Gründe für eine bipolare Störung sind komplex und die Biologie, auf der sie gründet, ist bislang noch weitgehend unerforscht. Klar ist aber: Ein zentraler Risikofaktor für eine bipolare Störung liegt in einer genetischen Veranlagung. Für diese Veranlagung sind kleine Varianten in einer Vielzahl von Genen verantwortlich.
„Je mehr über die Biologie hinter der Erkrankung und über die Risikofaktoren bekannt ist, desto höher wird die Chance auf verbesserte Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten durch Präzisionsmedizin“, erklärt Prof. Dr. Andreas Forstner vom Institut für Humangenetik am UKB und geteilter Letztautor der Studie. Er ist Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life and Health“ der Universität Bonn und ist auch am Institut für Neurowissenschaften und Medizin (INM-1) des Forschungszentrums Jülich tätig.
In der Studie wurden die Gene von mehr als 2,9 Millionen Teilnehmenden, darunter auch über 150.000 Menschen mit einer bipolaren Störung, verglichen. Die Idee dahinter ist, dass viele Menschen mit einer bipolaren Störung die gleichen, für die Erkrankung mitverantwortlichen, genetischen Varianten haben.
Neue verantwortliche Gene entdeckt
Insgesamt wurden in der Studie 298 Regionen des Genoms identifiziert, in denen genetische Varianten das Risiko für eine bipolare Störung erhöhen – 267 davon wurden in der aktuellen Ausführung der GWAS neu entdeckt. Durch die Studie wurde auch eine neue Region identifiziert, die speziell in den Stichproben mit ostasiatischer Herkunft mit einem erhöhten Risiko für bipolare Störungen einhergeht. In den identifizierten Regionen stehen 36 konkrete Gene im Verdacht, für die bipolare Störung relevant zu sein. Die nächsten Schritte der Forschung könnten darin bestehen, diese Gene genauer zu untersuchen. Sie könnten auch zur Erforschung neuer Angriffspunkte für Medikamente gegen bipolare Störungen verwendet werden.
“Wir fanden in der Studie zudem genetische Unterschiede zwischen verschiedenen klinischen Ausprägungen der bipolaren Störung. Dies kann für die Forschung zu neuen Diagnose- und Behandlungsansätzen wichtig sein“, sagt Prof. Dr. Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik am UKB und Ko-Autor der Studie. Er ist Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Life and Health“ und dem Exzellenzcluster ImmunoSensation2 der Universität Bonn.
„Unsere Ergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass verschiedene Nervenzelltypen im Gehirn bei der bipolaren Störung eine Rolle spielen, und möglicherweise auch bestimmte Zellen außerhalb des Gehirns. Hier kann weitere Forschung ansetzen“, ergänzt Friederike David, Doktorandin der Universität Bonn am Institut für Humangenetik des UKB und geteilte Zweitautorin der Studie.