29. Mai 2020

Trump und die WHO: Warum „Soft Power“ wichtig ist Trump und die WHO: Warum „Soft Power“ wichtig ist

Dr. Hendrik Ohnesorge von der Uni Bonn hat untersucht, wie Anziehungskräfte in der Diplomatie funktionieren

Akteure auf der internationalen Bühne versuchen, mit militärischer Gewalt oder Wirtschaftssanktionen – also mit „Hard Power“ – Interessen durchzusetzen und Konflikte zu lösen. Doch häufig bringt „Soft Power“ den Durchbruch: China wirbt mit seiner Panda-Diplomatie um Sympathien, die Fridays for Future-Bewegung hat ein großes Echo und in der Coronavirus-Pandemie ist gemeinsames Handeln gefragt. Der Politikwissenschaftler Dr. Hendrik W. Ohnesorge vom Center for Global Studies (CGS) der Universität Bonn hat in seiner Dissertation untersucht, wie Soft Power als strategisches Mittel zur Erreichung eigener Ziele im globalen Wettkampf um Macht und Einfluss eingesetzt wird.

Dr. Hendrik W. Ohnesorge
Dr. Hendrik W. Ohnesorge - vom Center for Global Studies (CGS) der Universität Bonn. © Foto: Barbara Frommann/Uni Bonn
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Unter Macht versteht man die Fähigkeit, seinen eigenen Willen gegenüber anderen durchzusetzen. Während „Hard Power“ auf das Militär oder wirtschaftliche Sanktionen oder Anreize setzt, basiert „Soft Power“ auf Anziehungs- und Überzeugungskraft. „Bei der Anwendung von Soft Power geht es also darum, durch Überzeugungsarbeit und eigene Attraktivität das Verhalten anderer Staaten so zu beeinflussen, dass die eigenen Ziele erreicht werden können“, sagt Dr. Hendrik Ohnesorge vom Center for Global Studies (CGS) der Universität Bonn, der zu diesem Thema eine Dissertation geschrieben hat.

So ist China für seine „Panda-Diplomatie“ bekannt. Strategisch besonders wichtige Partner bekommen von der Weltmacht einen dieser tapsigen schwarz-weißen Bären geschenkt. „Dies soll dazu beitragen, ein positives China-Bild in der Welt zu vermitteln“, sagt der Politikwissenschaftler. Deutschland praktiziert Soft Power mit seiner Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik etwa über die Alexander von Humboldt-Stiftung oder das Goethe-Institut. Ohnesorge: „Deutschland will so seine Attraktivität in Übersee steigern, etwa um Spitzenkräfte anzuziehen.“ Für die USA waren nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem Hollywood, McDonald’s oder Coca-Cola wichtige Träger von Soft Power, die bis heute Wirkung entfalten.

Weiterentwicklung und Schärfung des Konzepts

Der Wissenschaftler hat das Konzept von Soft Power, das federführend von Harvard-Professor Joseph S. Nye entwickelt wurde, in seiner Doktorschrift weiterentwickelt und geschärft. Ohnesorge hebt die Bedeutung des Faktors „Persönlichkeit“ hervor: „Meinen Beobachtungen zufolge sind es gerade politische Entscheidungsträger, aber auch Personen aus Gesellschaft, Medien und Sport, die das Image eines Landes entscheidend prägen.“

Dies funktioniert auch im Negativen: Durch den amtierenden Präsidenten haben die USA empfindliche Einbußen der Soft-Power zu verzeichnen, nennt Ohnesorge ein Beispiel. Kürzlich etwa drohte Donald Trump mitten in der Coronavirus-Pandemie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit einem endgültigen Zahlungsstopp – wegen „alarmierenden Mangels“ an Unabhängigkeit von China. „Die USA scheinen sich weiter zu isolieren“, sagt Ohnesorge. „Gefragt sind angesichts der komplexen globalen Probleme statt Drohungen aber Überzeugungsarbeit und Kooperation.“

Der Politikwissenschaftler ist sich sicher, dass die Bedeutung von Soft Power in den internationalen Beziehungen weiter zunimmt. „Der auf Hard Power basierende Ansatz des Zwangs oder der Anreize in Friss-oder-Stirb-Manier alleine reicht nicht aus“, sagt Ohnesorge. „Vielmehr müssen sich Entscheidungsträger in Politik und Diplomatie auch der Soft Power bedienen.“ Angesichts der fortschreitenden Globalisierung und gegenseitiger Abhängigkeiten von Staaten, stoße die Hard Power selbst der mächtigsten Staaten immer wieder an ihre Grenzen. „Die Lösung einiger der dringlichsten Probleme internationaler Politik, etwa Klimawandel, extremistischer Terrorismus oder weltweite Pandemien, entziehen sich den Instrumentarien von Hard Power.“

Soft-Power ist im 21. Jahrhundert auf dem Vormarsch

Eindrucksvoller Beleg seien die Erfahrungen der Vereinigten Staaten in der Terrorismusbekämpfung mit vorrangig militärischen Mitteln. Andererseits zeige das Beispiel Greta Thunbergs, dass Soft Power weitaus wirkmächtiger sein kann. „In der Welt des 21. Jahrhunderts bedarf es verstärkt der Soft Power, basierend auf den Überzeugungs- und Anziehungskräften der Nationalstaaten sowie anderer Akteure wie internationaler Organisationen, Nichtregierungsorganisationen oder Individuen“, zieht Ohnesorge ein Fazit. Ein Bekenntnis zum Multilateralismus sowie der Vorrang diplomatischer Instrumente vor Militärgewalt und Wirtschaftssanktionen könnten als Ausdruck von Soft Power gelten und dabei gleichzeitig die eigene Glaubwürdigkeit erhöhen.

Publikation: Hendrik W. Ohnesorge: Soft Power - The Forces of Attraction in International Relations, Springer International Publishing, 307 S., Hardcover: 90,94 Euro, eBook: 71,68 Euro

Kontakt:

Dr. Hendrik W. Ohnesorge
Center for Global Studies (CGS)
Universität Bonn
Tel. 0228/7360281
E-Mail: ohnesorge@uni-bonn.de

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