31. März 2025

Her mit den Portr[AI]ts! Universität Bonn holt versäumte Bilder mit Künstlicher Intelligenz nach. Her mit den Portr[AI]ts!

Ausstellung KI-generierter Porträts Bonner Wissenschaftlerinnen im Universitätsmuseum bis zum 25. Mai 2025

Sie haben Großes geleistet - doch ihre Gesichter kennt man oft nicht: Die Ausstellung „Versäumte Bilder“ zeigt vergessene Wissenschaftlerinnen mit realitätsnahen Porträts, ohne dass sie jemals so fotografiert wurden. Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz hat die Fotografin Gesine Born diese Bilder erschaffen, um bedeutende Frauen und ihre Leistungen zu würdigen. Auf Initiative der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Bonn, Gabriele Alonso Rodriguez, werden zwölf Bilder im Bonner Universitätsmuseum noch bis 25. Mai 2025 gezeigt. 

Alle Bilder in Originalgröße herunterladen (c) Gesine Born
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Amalie Kretzer ist eine der zwölf Wissenschaftlerinnen, deren „Versäumtes Bild“ jetzt im Universitätsmuseum zu sehen sind. Sie war im Jahr 1909 die erste Doktorandin der Physik an der Universität Bonn. Als Frauen der Zugang zu höherer Bildung erschwert und ihre Eignung für ein naturwissenschaftliches Studium verneint wurde, nahm Amalie Kretzer diese Hürde und promovierte sich 1908 erfolgreich an der Universität Bonn. Weil aber trotz bester wissenschaftlicher Qualifikation die beruflichen Chancen für Naturwissenschaftlerinnen im Wissenschaftsbetrieb rar waren, arbeitete Amalie Kretzer als Lehrerin einer höheren Mädchenschule. Nach ihrer Hochzeit im Jahr 1917 wurde ihr auch das genommen: die sogenannte Zölibatsklausel erlaubte nicht, als verheiratete Lehrerin zu arbeiten. Erst drei Jahre später wurde diese Regelung abgeschafft.

Frauen wie Amalie Kretzer wurden ihr Leben lang nicht als Wissenschaftlerinnen gesehen und gewürdigt. So durften sie auch nicht unter eigenem Namen publizieren. Anlässe, sie als Wissenschaftlerin zu sehen und zu fotografieren, gab es nicht, oder sie wurden ignoriert. Nur wenige Bilder zeigen Wissenschaftlerinnen dieser Zeit als öffentlich relevante Persönlichkeiten, wie es für die öffentliche Kommunikation unter männlichen Wissenschaftlern üblich war.

Hartes Licht und starke Posen

Die Berliner Fotografin und Wissenschaftskommunikatorin Gesine Born holt diese Frauen in die erste Reihe: „Ich will sie gleichstellen und den Ahnengalerien der Männer hinzufügen. Dafür setze ich hartes Licht ein und bilde starke Posen ab, wie wir sie von Männern kennen, beispielsweise die verschränkten Arme“, erklärt Gesine Born. Sie nutzt Midjourney, eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Software-Plattform, die täuschend echte Bilder erschafft. Wo in seltenen Fällen doch noch Fotografien der Wissenschaftlerinnen existieren, werden sie der Künstlichen Intelligenz zur Verarbeitung eingespeist. Weitere, textbasierte Informationen über diese Frauen kommen hinzu, wenn möglich auch Orte und Zeitangaben, bis die KI schließlich das bisher versäumte Foto hervorbringt.

Hätte es nicht so sein können?

Manchmal geht Gesine Born mit ihren Portraits auch über die bekannten Tatsachen der Vergangenheit hinaus, zum Beispiel wenn einer in den 60-er Jahren des 20. Jahrhunderts bereits verstorbenen Wissenschaftlerin über das jetzt hergestellte Porträt ein Nobelpreis des Jahres 1968 „verliehen“ wird, was tatsächlich so nie stattgefunden hat. Hätte es nicht genau so sein können, wenn man(n) sich rechtzeitig ein Bild von der Wissenschaftlerin gemacht hätte? Die Ausstellung ist keine klassische Dokumentation und will das auch nicht sein, sondern sie zeigt KI-gestützte Kunst. Sie bedient sich eines realistisch anmutenden Bildes, um zu zeigen, was eine angemessene Würdigung gewesen wäre.

Auch Künstliche Intelligenz zieht ihr Wissen nur aus dem Internet. Dort ist die systematische Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen aber ebenso etabliert wie in anderen Medien aus der Zeit vor dem Internet. Deshalb neigt KI dazu, Vorurteile zu verstetigen. „Wenn sogar eine Künstliche Intelligenz meint, dass ein Wissenschaftler auf jeden Fall ein Mann sein müsse, macht das die systematische Benachteiligung der Frau in Wissenschaft und Gesellschaft sichtbar“, so Born. Dagegen steht jetzt die neue Ausstellung „Her mit den Portr[AI]ts!“.

Gabriele Alonso Rodriguez hatte die Idee zu dieser Ausstellung und hat sie ins Universitätsmuseum der Uni Bonn geholt. Sie ist die Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bonn und möchte „die außergewöhnlichen Leistungen von Wissenschaftlerinnen auch auf diese Weise verdeutlichen und der Öffentlichkeit zugänglich machen“, erklärt Alonso Rodriguez. Seit dem ersten Arbeitstreffen der Gleichstellungsbeauftragten mit der Fotografin vor einem Jahr unterstützt der Dezernent für Hochschulkommunikation der Universität das Projekt. Prof. Dr. Andreas Archut war beispielsweise an der Konzeption der Ausstellung im Universitätsmuseum beteiligt und sorgt dafür, dass sie jetzt bekannt wird. Alonso Rodriguez sagt: „Ich bin begeistert von der Technologie, die diese tollen Ergebnisse zutage fördert. Mein großer Dank gilt vor allem dem Team, also der Fotografin Gesine Born und unserem Kommunikationschef, Professor Archut. Mit den beiden war der lange Weg bis zur Eröffnung immer kurzweilig und inspirierend.“

"Diese Ausstellung verändert unsere Sicht auf die Welt."

Zu den ersten Besucherinnen der neuen Ausstellung zählten die Gleichstellungsbeauftragte der Evangelisch-Theologischen Fakultät, Lara Mührenberg, Mag. theol. B.A., und ihre Stellvertreterin, Aline Knapp, Mag, theol. Ihre Begeisterung haben die beiden dann in diese Worte gefasst:
"Die Ausstellung führt uns im wahrsten Sinne des Wortes vor Augen, dass Bilder eine immense Kraft besitzen. Sobald wir ein Bild einer unsichtbar gemachten Frau in der Wissenschaft gesehen haben, nehmen wir dieses Bild in unseren Köpfen mit und behalten es im Gedächtnis. Wenn wir das nächste Mal etwa über Wissenschaftler*innen im 19. Jh. nachdenken, hat unser Gehirn jetzt die Möglichkeiten, vor unserem geistigen Auge spontan eine weibliche Person aufzurufen. Das verändert unsere Sicht auf die Welt! Auch für die Gegenwart, in der wir immer noch um einen Frauenanteil von lediglich 30% unter den Professor*innen ringen, sind solche Bilder von enormer Bedeutung und bieten Repräsentation und Inspiration für den akademischen Nachwuchs. 
Zugleich zeigt uns die Ausstellung aber auch, wie sexistisch KI ist: Die KI generierten Bilder zeigen eine zumeist junge und normschöne Version der Wissenschaftlerinnen. Das verdeutlicht zum einen, wie tief die Idee, dass nur junge und normschöne Frauen wertvoll und zeigbar sind, gesellschaftlich verankert ist, denn mit solchen Bildern wird die KI gefüttert. Zum anderen ist es ein deutlicher Handlungsaufruf, die Entwicklung der KI nicht nur männlichen Personen zu überlassen, sondern Frauen in all ihren Lebensrealitäten einzubeziehen und Missstände deutlich zu benennen."


Hurra, Frau Doktor.
Hurra, Frau Doktor. - Von wegen: Dieses Bild ist kein reales Bild. So hätte es aber sein können. Es entstand durch Midjourney: Diese auf Künstlicher Intelligenz basierende Software-Plattform erschafft täuschend echte Bilder. © Gesine Born / Bilderinstitut
Amalie Kretzer
Amalie Kretzer - Die Naturwissenschaftlerin hätte eine formidable Professorin sein sollen - aber sie durfte nicht. So hat sie nie stolz vor dem Hauptgebäude gestanden. © Gesine Born / Bilderinstitut
Und es geht doch voran....
Und es geht doch voran.... - Role Model: Die Gleichstellungsbeauftragte der Ev-Theologischen Fakultät, Lara Mührenberg, mit ihrer Stellvertreterin Aline Knapp vor dem Portrait der ehemaligen Dekanin dieser Fakultät, Professorin Dr. Cornelia Richter. Dieses Bild weist in die Zukunft, denn es ist anders als alle anderen Bilder der Ausstellung kein "versäumtes", sondern wurde tatsächlich so fotografiert: diese Wissenschaftlerin war tatsächlich bereits Dekanin der Fakultät. © Barbara Fromann / Uni Bonn
Gesine Born
Gesine Born - Gesine Born fordert mit ihrem Bilderinstitut die Betrachtenden heraus, die Geschichte der Frauen in der Wissenschaft aus einer neuen Perspektive zu sehen und als Pionierinnen der Forschung zu würdigen. © Barbara Fromann / Uni Bonn 2025
Gabriele Alonso Rodriguez, Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bonn
Gabriele Alonso Rodriguez, Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bonn - Alonso Rodriguez: "Diese Ausstellung erinnert daran, wie viele Frauen in der Wissenschaft über Jahre hinweg nahezu unsichtbar blieben und bis heute noch bleiben, trotz ihrer herausragenden Beiträge für die Forschung. Das wollen wir nun ändern.“ © Barbara Fromann / Uni Bonn
Die Prorektorin für Chancengerechtigkeit und Diversität, Prof. Dr. Irmgard Förster
Die Prorektorin für Chancengerechtigkeit und Diversität, Prof. Dr. Irmgard Förster © Barbara Fromann / Uni Bonn
Die Leiterin des Universitätsmuseums, Alma Hannnig M. A.
Die Leiterin des Universitätsmuseums, Alma Hannnig M. A. © Barbara Fromann / Uni Bonn
Der  Rektor der Uni Bonn, Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch
Der Rektor der Uni Bonn, Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch © Barbara Fromann / Uni Bonn
Förderung durch die Universitätsstiftung
Förderung durch die Universitätsstiftung - Die Ausstellung "Her mit den Portr[AI]ts" wird gefördert durch die Bonner Universitätsstiftung. Hier in der Mitte die Gleichstellungsbeauftragte, der Rektor und links der Vorsitzende der Bonner Universitätsstiftung, Prof. Dr. Rainer Hüttemann © Barbara Fromann / Uni Bonn

Das Universitätsmuseum der Universität Bonn, Regina-Pacis-Weg 1, 53113 Bonn, ist mittwochs bis sonntags von 12:00 bis 17:00 geöffnet. An gesetzlichen Feiertagen bleibt das Museum geschlossen.
Unter uni-bonn.de/portraits bleiben die Porträts der versäumten Wissenschaftlerinnen über die Ausstellung hinaus abrufbar und sichtbar.
30 Minuten-Führungen durch die Ausstellung werden an drei Terminen jeweils um 14.00 Uhr angeboten: 
am 12.04.25, am 03.05.25 und am 17.05.25.
Einen "Historischen Überblick" zu den "versäumten" Wissenschaftlerinnen an der Universität Bonn gibt Prof. Dr. Christine Krüger am 16.04.25 um 18.00 in Hörsaal XIV. 
Ein Workshop zu „AI: Gender & Diversity Biases and Potential” findet am 30.04.25 (per Zoom) statt mit Maia George. 
Isabel Busch erinnert am 07.05.25 um 18.00 in Hörsaal VII mit einem Vortrag an die erste niedergelassene Frauenärztin in Deutschland, Hermine Heusler-Edenhuizen (1872-1955).

Das Netzwerk "Feminist AI" lädt am 21.05.25 zur Spotlight Diskussion „Invisible Women - Gender Bias and the Future of Feminist AI“ ein. Eine Führung durch die Ausstellung „Her mit den Portr[AI]ts!“ startet um 18.00, bevor um 18.30 die Spotlight Diskussion in Hörsaal XIV beginnt. Sie beleuchtet, wie KI Gender Bias verstärkt und feministische Ansätze dem entgegenwirken können. „Feminist AI" setzt sich für eine kritische Auseinandersetzung mit KI und die Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen an der Universität Bonn ein. Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt.

Das Projekt „Her mit den Portr[AI]ts!“ wird gefördert von der IVG-Stiftung und der Bonner Universitätsstiftung.

Bilderinstitut. Visualisierung für Wissenschaftsprojekte: 
Gesine Born
Niederbarminstraße 10, 10247 Berlin
bilderinstitut@gesine-born.de

Ansprechpartnerin für die Medien
Gabriele Alonso Rodriguez
Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Universität Bonn 
Tel. +49 228 73-7490
Sekretariat: +49 228 73-6574
gleichstellungsbeauftragte@zgb.uni-bonn.de

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