26. August 2007

Rätselhafte Anziehung im Innersten der Materie Rätselhafte Anziehung im Innersten der Materie

Bei einer internationalen Tagung an der Uni Bonn dreht sich alles um die Kraft, die unsere Welt zusammenhält

Die Physik der Elementarteilchen beginnt mit einer Lüge: Atome sind keinesfalls die Grundbausteine, aus denen sich die Welt zusammen setzt - anders als der altgriechische Begriff "átomos" = unteilbar nahe legt. Stattdessen bestehen sie ihrerseits aus Elektronen, Protonen und Neutronen, die wiederum aus so genannten Quarks zusammengesetzt sind. Um ebendiese Quarks und die Kräfte, die sie zusammenhalten, geht vom 5. bis 8. September es auf einer Tagung an der Universität Bonn: Mehr als 100 Physiker aus den USA, Russland, China und Europa diskutieren über die Regeln, denen diese nach heutigen Vorstellungen tatsächlich unteilbaren Teilchen unterliegen.

Dass Atome aus einem Kern bestehen, um den sich gewissermaßen die Elektronen bewegen wie Planeten um die Sonne, weiß man seit knapp 100 Jahren. Durch Energieeinstrahlung kann man die Elektronen auf eine höhere "Umlaufbahn" katapultieren - Physiker sprechen von atomarer Anregung. Damit es diese Bahn erreicht, reicht nicht ein beliebiger Schubser. Stattdessen ist die Anregungsenergie genau festgelegt - Physiker nennen das "quantisiert". Unter dieser Schwelle tut sich gar nichts. "Das ist, als würden Sie versuchen, eine Treppe zu erklimmen", erklärt der Hauptorganisator der Tagung Professor Dr. Friedrich Klein. "Nur wenn Sie Ihr Bein hoch genug heben, erreichen Sie die nächste Stufe. Die Höhe der Stufen ist aber nicht gleich: Um ein Elektron auf die übernächste Umlaufbahn zu befördern, benötigt man nicht etwa die doppelte Energie. Aus der Höhenverteilung kann man auf die Natur der Kräfte schließen, die die Elektronen auf ihre Bahn zwingen."



Auch die Bestandteile des Kerns - die Protonen und Neutronen - kann man anregen. Ihre Bausteine - die Quarks - sind aber durch starke Kräfte miteinander "verklebt", hunderttausendfach stärker als die, die das Elektron auf seiner Bahn halten. Entsprechend viel Energie benötigt man, um Protonen und Neutronen in einen angeregten Zustand zu versetzen - ähnlich wie man eine gigantische Stahlfeder auch nicht einfach mit dem Finger niederdrücken kann. "Um den Aufbau der Kernbestandteile besser zu verstehen, sind wir daher auf große Beschleuniger angewiesen", erklärt Klein. "Darin jagen wir Teilchen mit extrem hohen Geschwindigkeiten auf Protonen und Neutronen und verändern so den Bewegungszustand der Quarks in ihnen."



Auch die Anregungsenergie der Kernbestandteile ist quantisiert. Im Unterschied zu den Verhältnissen im Atom ist erst in Ansätzen verstanden, welchem Schema diese Quantisierung folgt. "Wenn die Kernbestandteile ihre Anregungsenergie wieder abgeben, emittieren sie Strahlung, die wir analysieren können", erklärt Klein. "Daraus können wir schließen, welche Kräfte zwischen den Quarks wirken und welchen Regeln diese Kräfte gehorchen."



Über ebendiese Kunst tauschen sich vom 5. bis zum 8. September an der Bonner Uni mehr als 100 Physiker aus aller Welt aus. Der Titel der Tagung - NSTAR - ist übrigens Programm: Der Buchstabe "N" steht für "Nukleon", also die Bauteile des Atomkerns. Das "STAR" bezeichnet dagegen das Sternsymbol ("*"), mit dem die Physiker Anregungszustände kennzeichnen. Es ist das sechste Mal, dass Teilchenphysiker aus aller Welt zu diesem Meeting zusammenkommen. Dass Bonn als Austragungsort gewählt wurde, hat einen guten Grund: Die Alma mater am Rhein verfügt als eine von wenigen Universitäten weltweit über einen eigenen Beschleuniger, mit dem sich "Crash-Experimente" zur Untersuchung der Kernbestandteile durchführen lassen.



Weitere Informationen zur Tagung gibt es unter http://nstar2007.uni-bonn.de



Kontakt:

Professor Dr. Friedrich Klein

Physikalisches Institut der Universität Bonn

Telefon: 0228/73-2341

E-Mail: klein@physik.uni-bonn.de






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