27. April 2008

Rund 500.000 Mal klingelte das Notruf-Telefon Rund 500.000 Mal klingelte das Notruf-Telefon

40 Jahre Giftnotruf an der Universitäts-Kinderklinik

Seit 40 Jahren berät die Informationszentrale gegen Vergiftungen am Zentrum für Kinderheilkunde rund um die Uhr kostenlos bei akuten Vergiftungsfällen. Mehr als 26.000 Bürger und medizinisches Fachpersonal nutzen inzwischen im Jahr diesen Service des Universitätsklinikums Bonn, der einzige dieser Art in Nordrhein-Westfalen. "Neben Beratung und Information ist unsere Hauptaufgabe, die Gefahren für die Bevölkerung zu minimieren und Fehlbehandlungen, unnötige Krankenhausaufenthalte oder überflüssige Einsätze der Rettungsdienste zu vermeiden", sagt der Leiter der Giftnotrufzentrale Professor Dr. Michael Lentze.

Seit ihrem Bestehen stand die Bonner Giftnotrufzentrale bereits rund 500.000 Mal Ratsuchenden bei allen Fragen zu Vergiftungen bis hin zur Vergiftungsprophylaxe zur Seite. Mehr als jeder zweite Anruf betrifft Kinder. "Meistens können wir innerhalb von ein paar Minuten entscheiden, was zu tun ist", sagt Ärztin Dr. Carola Seidel, stellvertretende Leiterin der Giftnotrufzentrale. Bei einem akuten Vergiftungsfall rät sie den Eltern Ruhe und Nerven zu bewahren. Wichtig sei als Erstes eine Schadensbegrenzung. Also Mund ausspülen und Hände waschen, damit kein weiteres Gift in den Magen gelangt. Denn ob etwas giftig wirkt oder nur leichte Beschwerden verursacht, entscheidet meist die eingenommene Menge. Erst dann sollen die Eltern die Giftzentrale unter der Telefonnummer 0228/19240 anrufen.


Medikamente und Chemikalien beispielsweise in Hausputzmitteln stellen das höchste Risiko für Kinder dar. Aus Erfahrung weiß Seidel, dass Kinder auch gerne rote Beeren essen. Die Beeren des Aronstabs gehören hier zu den Gefährlichsten. Von roten Vogelbeeren bekommt das Kind dagegen höchstens Bauchweh und Durchfall. "Natürlich gehen wir immer zuerst vom schlimmsten Fall aus. Trotzdem erfragen wir im Telefongespräch, was eigentlich passiert ist. Denn manchmal übertreiben Eltern aus Sorge um ihr Kind", erklärt Seidel. Trinkt ein Kind wirklich ein ganzes Fläschchen Rasierwasser, obwohl es eklig schmeckt? Hat das Kind sich eventuell nur von oben bis unten mit den roten Beeren beschmiert und vielleicht keine einzige probiert? Diese Detektivarbeit erfordert von Expertin Seidel und ihren Kollegen viel Fingerspitzengefühl, denn die Eltern sind oft in Panik und sehr ungeduldig. "Aber es ist wichtig Stress, oder sogar einen unnötigen Krankenhausaufenthalt zu vermeiden", betont Seidel. M
eistens können die Eltern das Kind zu Hause behandeln und manchmal ist einfach gar nichts Schlimmes passiert.


Ein Anruf lohnt sich immer


Eine Jugendliche isst drei Päckchen Kreide pro Tag. "Das ist im Grunde nicht gefährlich. Doch wir fragten uns, warum tut sie das", erzählt Seidel. Die Giftnotrufzentrale gab dem behandelnden Arzt den Hinweis auf eine mögliche durch Eisenmangel ausgelöste Essstörung. Nach Eisenzugabe aß die Patientin keine Kreide mehr. Nicht der einzige Fall, bei dem die Giftnotrufzentrale Querdiagnosen im Auge haben muss. So hatte eine Patientin nach Versprühen eines Insektenschutzmittels Symptome, die nicht zur Toxizität des Mittels passten. Auf Rat der Giftnotrufzentrale wurde nach weiteren Ursachen gesucht und ein Schlaganfall diagnostiziert. Oder ein älterer Mann hatte ein akutes Leber- und Nierenversagen, da Blutgerinnsel die großen Bauchgefäße verschlossen und dadurch die Organe zu wenig durchblutet wurden. "Zwar hatte der Patient einige Tage vorher Pilze im Restaurant gegessen, doch Pilze sind nicht immer der Übeltäter", sagt Seidel.


Wertvolle Informationen finden Ratsuchende auf der Internetseite der Informationszentrale gegen Vergiftungen:
http://www.meb.uni-bonn.de/giftzentrale


Kontakt für die Medien:

Dr. Carola Seidel

Stellvertretende Leiterin der
Informationszentrale gegen Vergiftungen NRW

Zentrum für Kinderheilkunde des
Universitätsklinikums Bonn

Telefon: 0228/287-33219 oder
0228/287-33211

E-Mail: carola.seidel@ukb.uni-bonn.de





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