17. Februar 2016

Bei Krebs körpereigenes Abwehrsystem aktivieren Bei Krebs körpereigenes Abwehrsystem aktivieren

Uni-Klinikum Bonn richtet neue immunonkologische Spezialsprechstunde ein

Anders als herkömmliche Therapien nutzt die Immunonkologie Möglichkeiten, den Tumor mit körpereigenen Kräften zu bekämpfen. Die neuerdings erreichten Behandlungserfolge unter anderem bei Haut- und Lungenkrebs zeigen das Potential der neuartigen Tumortherapien, die Krebsmedizin zu revolutionieren. Vor allem so genannte Checkpoint-Inhibitoren, die als Bremse wirkende Kontrollpunkte im Immunsystem wieder lösen, sind die neuen Hoffnungsträger. Die Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Bonn, die langjährige Erfahrung mit immunonkologischen Therapien hat, richtete jetzt dazu eine neue Spezialsprechstunde ein.

Immer wieder gelingt es Tumorzellen das Immunsystem auszutricksen. Sie machen sich unsichtbar oder sie senden Signale aus, die die Immunabwehr abschalten. Die Schalter sind dabei Immunkontrollpunkte, auch Checkpoint genannt, die eine übermäßige Aktivität angreifender Immunzellen verhindern. Hier setzen Checkpoint-Inhibitoren an und hemmen die irreführenden Signalwege der Tumorzellen. Sie lösen so die „Bremsen“ der Immunzellen, die dann das Tumorgewebe attackieren können.

Der erste Vertreter der neuen Immuntherapeutika ist Ipilimumab, das bei Patienten mit metastierten schwarzen Hautkrebs sehr erfolgreich eingesetzt wird. Der Antikörper blockiert in diesem Fall einen Checkpoint, der am Anfang der Immunzell-Aktivierung, also insbesondere in den Lymphknoten, eine Rolle spielt. Die Immunzellen bleiben aktiv. „Am Beispiel des Melanoms hat es sich gezeigt, dass das Prinzip der Checkpoint-Inhibitoren funktioniert“, sagt Prof. Dr. Peter Brossart, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Bonn. Antikörper wie Nivolumab und Pembrolizumab blockieren einen anderen Checkpoint und unterbinden so eine Wechselwirkung der Tumorzellen mit den Immunzellen. Sie werden derzeit stark erforscht, da sie eine Deaktivierung von Immunzellen verhindern, die bereits im Tumorgewebe sind.

Es gibt ein Langzeitüberleben unter der Therapie

Für den Experten Prof. Brossart, der langjährige Erfahrung in Erforschung und Anwendung immunologischer Tumortherapien hat, haben die neuartigen Wirkmechanismen durchaus das Potential die Krebsbehandlung zu revolutionieren. Spricht die Therapie an, kann bei einigen Patienten die Tumorerkrankung langanhaltend zurückgedrängt werden. Etwa jeder fünfte Patient mit schwarzem Hautkrebs war nach zehn Jahren noch am Leben, mit Lungenkrebs nach drei Jahren.

„Mit solchen Ergebnissen hat keiner gerechnet. Die zum Teil über Jahre andauernde und Krebsarten übergreifende Wirksamkeit ist die Besonderheit dieser Therapieform“, betont Prof. Brossart. Neben Haut- und Lungenkrebs kann die Checkpoint-Blockade unter anderem auch bei Blasen-, Nieren und Brustkrebs helfen.

Doch kann es bei Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren Nebenwirkungen wie Juckreiz, Durchfall, Entzündungen, Stoffwechselstörungen und Autoimmunerkrankungen geben. „Wenn Nebenwirkungen auftreten, können diese gravierend sein. Doch früh erkannt, kann ein erfahrener Arzt gut gegensteuern“, sagt Prof. Brossart, der daher zu einer Behandlung in einem spezialisierten Zentrum rät.

Eine neue wichtige Säule in der Krebstherapie

„Ein Allheilmittel ist es ganz sicher nicht, auch wenn die Therapieerfolge von Fall zu Fall sehr beeindrucken sind. Die Immunonkologie hat ein riesiges Entwicklungspotential und wird das Gesicht der Krebsbehandlung enorm verändern“, sagt Prof. Brossart. Es gibt auch noch viele Fragen zu klären. Beispielsweise warum nur ein Teil der Patienten auf die Therapie anspricht. Zudem werden viele andere Antikörper sowie Kombinationstherapien getestet. Ziel sei es, die Ergebnisse noch weiter zu verbessern.

Die Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Bonn hat langjährige Erfahrung mit Immuntherapie und bietet neben der Behandlung mit neuen Therapeutika auch die Möglichkeit einer Teilnahme an Studien an. Dazu hat die Klinik jetzt speziell eine immunonkologische Sprechstunde jeden Freitag von 8 bis 13 Uhr eingerichtet.

Unter folgenden Telefonnummern ist eine Terminvereinbarung möglich:
0228/287-17000 oder -17050


Kontakt für die Medien:

Prof. Dr. Peter Brossart
Direktor der Medizinische Klinik III
Innere Medizin - Onkologie, Hämatologie und Rheumatologie
Universitätsklinikum Bonn
Telefon: 0228/287-22234
E-Mail: peter.brossart@ukb.uni-bonn.de

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