25. April 2012

Mit genetischen Markern den Spezies auf der Spur Mit genetischen Markern den Spezies auf der Spur

Zoologen und Botaniker wollen mit „Barcodes“ sicher und schnell Tier- und Pflanzenarten bestimmen

An Supermarktkassen tippt heute kaum noch jemand die Preise aufwändig von Hand ein. Mit Scannern, die den Barcode einlesen, geht es viel schneller. Ein ähnliches Verfahren wollen nun Biologen nutzen, um heimische Tier- und Pflanzenarten effizienter zu bestimmen. German Barcode of Life (GBOL) heißt die Initiative, für die in Deutschland Wissenschaftler aus Zoologie und Botanik kooperieren. Botaniker der Universität Bonn haben die Federführung für die Pflanzenwelt. Die Gesamtkoordination des GBOL-Projektes liegt beim Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn.

Nutzen Erbgutsequenzen
Nutzen Erbgutsequenzen - für die Bestimmung von Pflanzenarten: Prof. Dr. Dietmar Quandt und Doktorandin Stefanie Winter. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn
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„In den Erbgutsequenzen (DNA) der Lebewesen haben wir Abschnitte als »DNA-Barcodes« identifiziert, die sich bei den verschiedenen Arten unterscheiden, innerhalb einer Art aber nahezu identisch sind“, sagt Prof. Dr. Dietmar Quandt vom Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen an der Universität Bonn. „Anhand dieser »Marker« können wir dann die Spezies zweifelsfrei und vergleichsweise schnell bestimmen.“ Das Ergebnis dieses Analyseverfahrens ähnelt dem Barcode im Supermarkt, nur ist dieser nicht schwarz/weiß sondern vierfarbig - wobei jede der Farben einem der vier Buchstaben des genetischen Codes entspricht.

Nicht äußere Merkmale, sondern das Erbgut zählt

Klassischerweise werden in der Biologie Tier- und Pflanzenarten anhand äußerer Merkmale bestimmt. „Gerade bei sehr ähnlicher Arten einer Gattung – wie etwa den Sauergräsern – kann eine zweifelsfreie Bestimmung sehr langwierig sein“, berichtet Prof. Quandt, Sprecher des botanischen Projekts innerhalb der GBOL-Initiative. „Außerdem ist man hier auf kompetente Experten angewiesen, die es national leider immer weniger gibt.“ Die vollautomatische Sequenzierung der Erbgutabschnitte führt dagegen viel schneller zur Identifikation der Pflanzenart. „Wir brauchen außerdem keine blühenden und vollständigen Pflanzen“, sagt Stefanie Winter, Doktorandin bei Prof. Quandt. „Uns reicht ein winziges Fragment etwa eines Blattes, um die Art anhand der genetischen Marker zu bestimmen.“

Mehr als 5.000 Pflanzenarten sollen erfasst werden

Im GBOL-Projekt wollen die Wissenschaftler nun erst einmal eine Bibliothek anlegen, um Vergleichsmaterial für die Zuordnung der Arten zu haben. In einer konzertierten Initiative mit den Naturhistorischen Museen, Naturschutzverbänden und ausgewiesenen Experten werden gezielt Pflanzenproben in ganz Deutschland inventarisiert. „Hierfür erweisen sich die naturhistorischen Sammlungen als wahre Schatzkammern von unschätzbaren Wert, da sie uns einen Teil der wertvollen Belege zur Verfügung stellen“, sagt Prof. Quandt. Die Herausforderung ist groß: In Deutschland gibt es etwa 4.000 Blütenpflanzen- sowie 1.300 Moos- und Farnarten.

Das Projekt soll die Umweltüberwachung verbessern

Die Erfassung der Flora mittels „DNA-Barcodes“ soll die Beobachtung von Umwelteinflüssen erleichtern: Wie reagieren die einzelnen Arten auf die Klimaerwärmung? Werden bestimmte Spezies von aus anderen Ländern eingewanderte Lebewesen verdrängt? Welche Arten sind vom Aussterben bedroht? „Das Umweltmonitoring wird angesichts der vielfältigen Bedrohungen für die Lebewelt immer wichtiger“, sagt Prof. Quandt. „Die DNA-Barcodes können solche Untersuchungen wesentlich vereinfachen und beschleunigen.“

Botanisches Projekt wird mit 850.000 Euro gefördert

Das Bundesforschungsministerium (BMBF) fördert die Erfassung der DNA-Barcodes der Pflanzen in Deutschland mit rund 850.000 Euro. Teil dieses botanischen Forschungsnetzwerks sind zudem der Botanischen Garten Berlin (BGBM, Freie Universität Berlin), das Institut für Evolution und Biodiversität (Universität Münster), das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart sowie das Albrecht-von-Haller-Institut für Pflanzenwissenschaften (Universität Göttingen). Die Gesamtkoordination des GBOL-Projektes liegt beim Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn.

Informationen zum GBOL-Projekt im Internet: http://www.bolgermany.de/

Kontakt:

Prof. Dr. Dietmar Quandt
Universität Bonn
Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen
Tel. 0228/733315
quandt@uni-bonn.de

Dr. Stephanie Pietsch
Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig
Museumsmeile Bonn
Adenauerallee 160
53113 Bonn
info@bol-germany.de

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